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Altpapier: Warum es Bäume rettet, wenn du deinen Müll richtig entsorgst

Altpapier
Foto: © Unsplash, CC0

Du musst dich nicht an einen Baum ketten, um Wälder zu schützen: Bäume rettet bereits, wer sein Altpapier richtig entsorgt und Produkte aus recyceltem Papier kauft. Wir zeigen, worauf du dabei unbedingt achten solltest.

Wenig gilt als so deutsch wie Mülltrennung und Recycling. Was fest in unserer DNA verankert scheint, funktioniert in der Realität jedoch an vielen Stellen leider (noch) nicht optimal. Viele halten Recycling gar für Augenwischerei, Pseudo-Umweltaktivismus. Dabei ist es kein Thema, das wir wegschmunzeln sollten: Natürliche Ressourcen werden knapp, Müllberge wachsen und werden zu einer Bedrohung für unseren Planeten.

Für eilige Leser: 

Altpapier: die Antwort auf schwindende Rohstoffe und wachsende Müllberge?

Keine Frage, beim Recycling einiger Rohstoffe ist an vielen Stellen noch sehr viel Luft nach oben. Es gibt aber auch Rohstoffe, deren Recycling beinahe Vorbildfunktion hat – wie etwa das von Altpapier: Rund 75 Prozent wird recycelt und findet wie neu seinen Weg zurück in unseren Alltag – in Form von Schulheften, Toilettenpapier oder Kartons.

Kaum eine Nation sammelt fleißiger Altpapier als Deutschland – und kaum eine verbraucht mehr: Jeder Deutsche hat im Schnitt einen jährlich Papierverbrauch von etwa 250 Kilogramm. Damit verbrauchen wir insgesamt mehr Papier als Südamerika und Afrika zusammen. Und wäre das nicht Problem genug, kommt hinzu, dass wir zwar fleißig sammeln, aber beim Kauf immer weniger zu Recyclingprodukten greifen. Gerade bei Hygienepapieren geht der Anteil an Recycling-Papier, nach Angaben der NGO Robin Wood, drastisch zurück: Betrug er im Jahr 2000 noch 74 Prozent, liegt er inzwische bei etwa 48 Prozent.

Warum ist es so wichtig, Papierprodukte aus Altpapier zu kaufen?

Deutschland ist Europas größter Papier-Produzent. Das für die Papier-Produktion verwendete Holz stammt jedoch selten aus heimischen Wäldern – sondern meist aus Skandinavien, Indonesien und Brasilien. Für (Frischfaser-)Papier werden weltweit Bäume gefällt. Illegalen Holzeinschlag und Raubbau können wir beim Kauf nie sicher ausschließen.

Altpapier
Für reines Recyclingpapier muss kein Baum gefällt werden. (Foto: CC0/Unsplash)

Für Papier, das zu 100 Prozent aus Altpapier gewonnen wird, muss hingegen kein Baum gefällt werden. Es profitieren Tier- und Pflanzenarten sowie unser Klima. Nicht nur weil Bäume als Kohlenstoffspeicher und Sauerstoffproduzenten direkten Einfluss darauf haben, sondern auch weil sie weite Strecken zurücklegen, bevor aus ihnen Papier wird. Aus Altpapier entstandenes Recyclingpapier hat keine langen Transportwege – es kommt in der Regel aus Deutschland.

Überhaupt kann sich die Umweltbilanz von Recyclingpapier sehen lassen: 60 Prozent weniger Energie und bis zu 70 Prozent weniger Wasser im Vergleich zu Frischfaser (mit dem Nachhaltigkeitsrechner der Initiative Pro Recyclingpapier lassen sich die Einsparungen sehr anschaulich nachrechnen).

Aus Altpapier gewonnenes Recyclingpapier steht Frischfaserpapier qualitativ in nichts nach, auch wenn es für viele noch ein grau-verstaubtes Image hat. Papierfasern sind offenbar härter im Nehmen als angenommen: Bislang ging man von maximal sieben Altpapier-Recycling-Zyklen aus. Inzwischen deutet eine Untersuchung der TU Darmstadt sogar darauf hin, dass Papierfasern fast unbegrenzt wiederverwertbar sind – ohne Qualität einzubüßen. Wo wir wieder beim Thema Müll wären: der fällt durch diesen relativ perfekten Recyclingkreislauf nämlich deutlich weniger an.

Wie Altpapier zu Recyclingpapier wird

Während anderswo ganze Wälder gerodet werden, um Papier zu produzieren, perfektionieren hiesige Papierfabriken also das Prinzip “aus alt mach neu”. Aber was genau passiert denn nun mit unserem Papier, nachdem wir es in der blauen Tonne oder im Container entsorgt haben?

Zunächst einmal landet das Altpapier in einer Papierfabrik. Dort wird es maschinell sortiert, da beispielsweise aus den Fasern dunkler Altpapiersorten (Verpackungen, Karton) kein weißes Papier hergestellt werden kann. In einem “Pulper” (einem großen Gefäß) wird es unter der Zugabe von Wasser aufgelöst und zerfastert. Siebe fischen Plastikteile, Büroklammern und sonstige papierfremde Stoffe heraus. Der Altpapier-Faserbrei wird abgezogen und in weiteren Schritten sortiert, gereinigt und eingedickt.

Zur Herstellung von grafischem Papier, also Papier, das später zum Bedrucken, Beschreiben und Kopieren verwendet wird, müssen die Altpapierfasern entfärbt werden. “Deinking” (“Druckfarbenentfernung”) nennt man diesen Prozess. Viele Papierfabriken setzen das Deinking-Verfahren “Flotation” ein: Der graue Altpapierbrei wird durch die Zugabe von Natronlauge oder Tensiden sowie Wasser gereinigt. Durch Luftdüsen entsteht ein Schaum, mit dessen Hilfe die gelösten Farbpartikel abgetragen werden.

Altpapier
Zur Herstellung von grafischem Papier müssen die Altpapierfasern entfärbt werden. (Foto: CC0/Unsplash)

Ausgewiesenes Umweltpapier wird nicht mit Chemikalien behandelt. Andere Recyclingpapiere hingegen werden oft mit Wasserstoffperoxidin gebleicht. (Darum ist es wichtig, zu Umweltpapier zu greifen..) Im letzten Schritt wird der gereinigte Faserbrei auf Bahnen geglättet, getrocknet und zu neuem Papier ausgerollt.

Moderne Papierfabriken bereiten das zur Reinigung verwendete Wasser wieder auf. So entsteht ein eigener kleiner Wasserkreislauf im großen Recyclingkreislauf.

Altpapiersorten, die nicht deinkt werden können, werden zur Herstellung von Karton oder Wellpappe genutzt. Wo wir bei einer der größten Herausforderungen unserer Papierindustrie wären: denn ausgerechnet diese Sorten nehmen in unserem Altpapier zu, während der Anteil von “normalem” Altpapier abnimmt.

Ein großes Problem: Online-Shopping

Die Digitalisierung verändert die Welt des Altpapiers, jedoch anders als erwartet. Anstatt dass das papierlose Büro zum Standard wird, wird fröhlich weitergedruckt. Andererseits lesen wir mehr online und konsumieren weniger Zeitungen und Zeitschriften, die schnell wieder als hochwertiges Altpapier in den Recyclingkreislauf einfließen.

Den stärksten Einfluss auf das Altpapier-Recycling haben jedoch unsere veränderten Shopping-Gewohnheiten: Wir kaufen online. Der Anteil an Kartonagen und Verpackungen (Altpapier, aus dem kein grafisches Papier hergestellt werden kann) steigt. Aktuell liegt er etwa bei 40 Prozent. Im Recyclingprozess werden diese Verpackungen herausgefiltert, anschließend in anderen Fabriken weiterverarbeitet. Das Geschäft mit dem Recyclingpapier lohnt sich immer weniger. Einige Papierfabriken haben sich bereits dem Wandel geschlagen gegeben und sind auf die Kartonproduktion umgestiegen.

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Online-Shopping ist ein Problem für unser Altpapier. (Foto: CC0/Unsplash)

Dabei muss Kartonverpackung selbst im Online-Handel nicht sein. Das zeigt zum Beispiel der Online-Händler memo, der seinen Kunden eine wiederverwendbare Box anbietet. Hier findest du weitere Alternativen zu Pappkartons. Da solche Systeme noch die Ausnahme sind, sollten wir es den Papierfabriken nicht unnötig schwer machen: Etwa in dem wir Kartons nicht zerreißen, bevor wir sie ins Altpapier stecken, sondern falten. Kartonschnipsel lassen sich relativ schwer herausfiltern und “verunreinigen” so das restliche Altpapier, welches dann nur noch als Kartonage dienen kann. Überhaupt gibt es bei der Trennung von Papier einige Unklarheiten zu beseitigen.

Papier richtig entsorgen: Was gehört ins Altpapier?

Für einen gut funktionierenden Recycling-Kreislauf spielt der Begriff “sortenrein” eine entscheidende Rolle. Dann nämlich, wenn es um die richtige Entsorgung geht. Papier, Pappen und Kartonagen gehören ins Altpapier – sonst nichts! Dieses wird in der blauen Tonne (Papiertonne) oder einem entsprechenden Wertstoffcontainer entsorgt. Eigentlich einfach. Manchmal ist es jedoch gar nicht so eindeutig, was ins Altpapier darf und was nicht.

Gehören Kassenzettel ins Altpapier?

Nein! Kassenzettel gehören nicht ins Altpapier, sondern in den Restmüll. Der Grund: Sie bestehen aus Thermopapier, welches meist giftiges Bisphenol-A enthält. Gelangt BPA mit dem Altpapier in den Recyclingkreislauf wird es zum Umweltproblem, wenn es z.B. durch Recycling-Toilettenpapier ins Grundwasser gelangt. Das Gleiche gilt für Parkscheine, Fahrkarten oder Konzertkarten.

Kassenzettel gehören nicht ins Altpapier. (© M. Schuppich - Fotolia.com)

Darf Geschenkpapier ins Altpapier?

Wenn es einfach bedruckt ist, bestenfalls selbst aus Recycling-Material besteht, darf Geschenkpapier bedenkenlos ins Altpapier. Sobald es sich aber nicht mehr nach Papier anfühlt, aus Hochglanzmaterialien besteht oder stark beschichtet ist, gehört es in den Restmüll.

Wie Geschenkpapier sollten alle stark beschichteten Papiere, wie Backpapier, Fotopapier oder Wachspapier, nicht im Altpapier entsorgt werden.

Wie sieht es mit Papierservietten und Taschentüchern aus?

Auch wenn sie selbst aus recyceltem Altpapier hergestellt werden: Taschentücher, Servietten sowie sonstige Haushaltspapiere gehören nicht ins Altpapier, sondern in den Restmüll. Das liegt in erster Linie an der Verwendung: Benutzte Taschentücher oder Servietten mit Essensresten sind wenig hygienisch. Das gleiche gilt für verschmutzte Pizzakartons und benutzte Pappteller.

Dürfen Briefumschläge mit Fenster ins Altpapier?

Ja! Briefumschläge mit Fenster dürfen ins Altpapier. Während das Papier im Recyclingprozess im Pulper aufweicht, lösen sich leichtere Bestandteile und werden herausgefiltert. Etiketten aus Plastik, die Rechnung oder Lieferschein enthalten und fest am Karton kleben, sollten jedoch entfernt werden.

Die Verbraucherzentrale hat eine Übersicht erstellt, die Altpapier-Zweifel beseitigt.

Das Beispiel “Altpapier” führt uns nicht nur vor Augen, wie Recycling funktionieren kann, sondern auch, dass wir alle mit minimalem Aufwand und Achtsamkeit unseren Teil dazu beitragen können. Um das System am Leben zu erhalten, müssen wir das auch in Zukunft – und zwar dringend. Deswegen haben wir euch anbei noch einige Tipps zusammengestellt, die zeigen, wie ihr in eurem Alltag einfach Papier einspart und worauf ihr beim Kauf von Papierprodukten achten solltet.

Wie können wir Papier sparen?

Das beste Altpapier ist das, das wir gar nicht erst produzieren.

  • “Keine Werbung bitte”! Vor unerwünschten Werbeflyern, Prospekten und Zeitungen und damit unnötigem Papiermüll schützt du dich mit einem einfachen Aufkleber auf dem Briefkasten.
Unnötiger Müll: Werbung im Briefkasten
Besser: „Keine Werbung“-Aufkleber. (Foto: © Colourbox.de)
  • Keine adressierte Werbung bitte! Die Robinsonliste ist ein Projekt vom Interessenverband Deutsches Internet e.V. und schützt dich vor adressierter Werbung.
  • Versuchs mal digital. Brauchen wir für jedes To Do ein Post-It, jede Einkaufsliste einen Zettel, wenn wir sowieso immer unser Smartphone in der Hand habe? Auch Tages- und Wochenzeitungen sowie Bücher gibt’s in digitaler Form.
  • Ein Blatt das hat zwei Seiten! Achte darauf, beidseitig zu drucken.
  • Bitte per Mail! Was nicht unbedingt per Post versendet werden muss, lässt sich genauso gut via E-Mail verschicken. Kontoauszüge beispielsweise kannst du ideal in digitaler Form speichern.
  • Coffee-No-Go! Der Klassiker: To Go ist Müll. Deswegen packe für den Fall der Fälle deinen To-Go-Becher ein oder recuppe. Ähnliches gilt für Lieferessen. Dieses am besten die Ausnahme bleiben lassen.
To-go-Becher werden für den Müll produziert. (Kaffeebecher von 02ide unter CC-BY-SA )
  • Kein Einweg! Statt Pappteller und -becher für die nächste Gartenpartys wiederverwertbares Geschirr (gibt’s auch aus nachhaltigen Materialien) verwenden.
  • Digital stöbern, analog kaufen! So viele digitale Lanzen wir auch gebrochen haben, beim Shoppen ist offline die bessere Wahl. Lässt es sich nicht vermeiden, prüfe ob die Ware in einem gebrauchten Karton geliefert werden kann, gebe Sammelbestellungen auf und bestelle wirklich nur, was du auch behältst.
  • Doppelt verpackt, ist doppelter Müll! Egal ob Zahnpasta, Müsli oder Bio-Tofu. Es gibt Hersteller, denen gelingt es, ihre Produkte nicht doppelt zu verpacken. Diese solltest du den Doppelverpackern vorziehen.
  • Selbst recyceln! Gerade Papiertüten, Geschenkpapier oder Kartons kannst du gut wiederverwenden.
  • Kassenzettel brauche ich nicht! Ja, Kassenzettel sind kein Altpapier – trotzdem: Wenn er nicht automatisch ausgedruckt wird, auf den Beleg verzichten.
  • Old School statt Convenience! Küchenrolle, Papierservietten und Papiertaschentücher gab’s tatsächlich nicht schon immer. Also weg damit und zurück zu Lappen, Stoffservietten und -taschentüchern.
  • Auf Klopapier verzichten! Wohl nur etwas für hartgesottene Papiersparer, aber wir wollen dir die Alternative Dusch-WC oder Bidet an dieser Stelle nicht vorenthalten. Einen Erfahrungsbericht für ein Leben ohne Toilettenpapier, liest du hier.

Lies auch: 20 Dinge, die viel zu schnell im Müll landen – und gute Alternativen

Woran erkenne ich gutes Recyclingpapier?

Komplett auf Papierprodukte zu verzichten ist nahezu unmöglich. Aus diesem Grund: Unsere Tipps, worauf du beim Kauf von Papiererzeugnissen achten solltest.

  • Am besten verlässt du dich auf das Zeichen “Blauer Engel”. Dieses wird vom Umweltbundesamt vergeben und kennzeichnet Produkte, die zu 100 Prozent aus Altpapier hergestellt wurden.
  • Hinterfrage “Umwelt”-Zeichen, die du nicht kennst. Viele Kennzeichen (gerade auf Schreibwaren) muten ökologisch an, sind aber wenig nachhaltig.
  • Der Begriff “Holzfrei” bedeutet nicht, dass für die Herstellung keine Frischfasern verwendet wurden, sondern, dass keine holzhaltigen Bestandteile im Papier sind. Diese Produkte sind meist nicht aus Altpapier.
  • Sind auf dem Papiererzeugnis keine Angaben zu Rohstoff und Bleichmittel, lieber nicht kaufen. Noch immer werden Wälder illegal gerodet, nicht zu wissen, woher ein Papier kommt, ist eher ein schlechtes Zeichen.

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