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„Bitte keine Werbung“: Ein Beispiel, wie Nachhaltigkeit zum Standard werden könnte

Keine Werbung, Fair Fashion und Ökostrom sollten Standard sein.
Foto: CCO Public Domain / Pixabay - elsklucker

Kostenlose Werbezettel nerven und stopfen unsere Briefkästen und Papierkörbe voll. Daher die Idee von Sebastian Sielmann: Werbung nicht einschmeißen zur Normalität werden lassen. Utopia.de hat noch ein paar Alltagsabläufe gesammelt, von denen wir denken, das wir sie umdrehen sollten.

Die kostenlose Werbung, die einem oft ungefragt in den Briefkasten gesteckt wird, macht eine ganze Menge unseres Papiermülls aus – rund 14 Prozent. Wer keine Werbung will, muss das explizit auf dem Briefkasten vermerken. Das sollten wir ändern, findet Sebastian Sielmann: Er hat den Verein „Letzte Werbung“ gegründet.

Ziel des Vereins ist es, das System umzudrehen und ein „Opt-in-Verfahren“ einzuführen: Es wird nur noch Werbung eingeworfen, wenn dies explizit auf dem Briefkasten gewünscht ist. Der Verein orientiert sich an Amsterdam und anderen Städten in den Niederlanden, wo dies bereits der Fall ist.

76 Prozent der Deutschen wollen keine Werbung per Post

Viele Menschen in Deutschland haben bereits an ihren Briefkästen einen Aufkleber mit der Bitte, keine Werbung einzuschmeißen. Laut Sielmann sind es 76 Prozent der Deutschen, die keine Werbung erhalten möchten. Bei diesen Zahlen wäre es doch nur logisch das System umzudrehen.

Am Freitag veröffentlichte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in einer Pressemitteilung neue Zahlen, die zeigen, wie umweltschädlich Werbeprospekte sind. Pro Jahr landen mehr als 28 Milliarden gedruckte Werbeprospekte in deutschen Briefkästen. Für die Herstellung braucht es im Jahr 42 Milliarden Liter Wasser, 4,3 Milliarden Kilowattstunden Energie und 1,6 Millionen Tonnen Holz. Berechnungen des Umwelt- und Verbraucherschutzverbandes zufolge ließen sich durch ein „Opt-in-Verfahren“ bis zu 535.000 Tonnen CO2 einsparen.

Auch DUH fordert Änderungen bei der Deutschen Post

Die DUH zeigte sich in der Pressemitteilung enttäuscht von der Deutschen Post, die nach eigenen Aussagen in wenigen Jahren klimaneutral sein möchte. „Ohne entscheidende Änderungen bei der Verteilung unadressierter Werbepost wird dies allerdings nicht zu machen sein“, so die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.

Laut DUH hatte die Deutsche Post angekündigt, zukünftig auf die Plastikhülle für die Werbebroschüren verzichten zu wollen. Das „kommt viel zu spät und ändert nichts an der klimaschädlichen Herstellung und Verteilung mehrerer hundert Millionen ungelesener Werbepapiere“, so Metz.

Es gibt natürlich auch Menschen, die sich beim Einkaufen an Prospekten orientieren, also die Werbeprospekte wirklich nutzen. Doch auch diese lesen nicht alle Papier-Prospekte, die sie erhalten – das ergab eine Studie der IFH Köln und MEDIA Central. Von 2.000 befragten Prospektleser:innen lesen nur 75 Prozent die Prospekte wöchentlich, bereits 68 Prozent lesen die Prospekte gelegentlich digital.

Weitere Vorschläge der Utopia-Redaktion

Wir in der Utopia-Redaktion haben weitergedacht und bemerkt, dass es bei noch viel mehr Entscheidungen im Alltag vielleicht besser wäre, wenn ihre beiden Seiten umgedreht wären – sodass die Wahl der nachhaltigeren, umweltfreundlicheren oder gesünderen Variante leichter fällt.

Klar, manches davon ist etwas weit gedacht, aber wir heißen ja Utopia…

  1. Mehrwegbecher: Wenn es wirklich schnell gehen muss und wir den Kaffee mitnehmen möchten, sollte der Mehrwegbecher der Standard sein und Einwegbecher wirklich nur die absolute „Notlösung“, die Cafés für Ausnahmen bereithalten.
  2. Recyclingpapier: Klopapier, Blöcke, Zeitungen oder Glückwunschkarten gibt es bereits aus recyceltem Papier, aber der Großteil ist aus Frischfasern – aber der sollte eigentlich die geringere und dafür teurere Ausnahme sein.
  3. Öko-Reinigungsmittel: Viele konventionelle Putzmittel belasten das Abwasser und unsere Gesundheit. Wir würden also uns und der Umwelt einen Gefallen tun, wenn wir (fast) ausschließlich ökologische Putzmittel verwenden würden.
  4. Unverpacktes Bio-Gemüse: Im Supermarkt sehen wir oft Plastikverpackungen bei Obst und Gemüse, gerade das in Bio-Qualität. Wir finden, das unverpackte Bio-Gemüse sollte alltäglich sein und konventionelles Gemüse dann abgepackt und teuer sein.
  5. Vegan: Wir sind für viel mehr vegane Patties, veganen Käse, vegane Wurst und vegane Milchalternativen. Für sehr viele Menschen steht schließlich der Geschmack im Weg, wenn es darum geht, auf vegane Alternativen umzusteigen. Aber Geschmack ist Gewöhnungssache und wenn wir es anders nicht kennen würden, würden wir uns vielleicht alle viel mehr vegan ernähren.
  6. Fair Fashion: Stell dir vor, es wäre Standard, dass die Arbeiter:innen in der Modeindustrie fair bezahlt werden. Und du beim Kauf deiner Kleidung nie ein schlechtes Gewissen haben müsstest, weil du wüsstest, dass nur ganz wenige Kleidungshersteller unter unfairen Bedingungen produzieren.
  7. Ökostrom: Zugegeben, das ist nicht ganz so einfach umzusetzen. Aber es wäre für die Umwelt und, daraus resultierend auch für uns, besser, wenn so bald wie möglich erneuerbare Energien „Normalität“ wären – und Strom aus nicht erneuerbaren Energien die Ausnahme.
  8. Ökobanken: Banken, die in nachhaltige Projekte investieren und Menschen, die ihr Geld auf diesen Banken anlegen, sollten in der Mehrzahl sein. Wenn das so wäre, dann hätten die Banken, die in Atomkraft, Kohle oder Waffen investieren, das Geld dazu gar nicht.
  9. Organspendeausweis: Viele Menschen glauben, es sollte Standard sein, dass Menschen ihre Organe nach ihrem Tod spenden – und wer das nicht möchte, sollte dies in einem Nicht-Organspendeausweis festhalten müssen.
  10. CO2-Kompensation: Einige Fluggesellschaften bieten eine CO2-Kompensation gleich bei der Buchung an. Diese kann jede:r Reisende allerdings freiwillig abschließen. Wir finden, der CO2-Ausgleich sollte bei jeder Buchung Pflicht sein.

Es gibt mit Sicherheit noch viel mehr Praktiken, Kennzeichnungen und Begebenheiten, die wir uns umgedreht wünschen. Es ist daher schön, dass Sebastian Sielmann mit dem Verein „Letze Werbung“ einen Anfang macht – er regt dazu an, darüber nachzudenken, was für uns „normal“ ist. Wir wünschen uns in der gesamten Gesellschaft ein Umdenken, sodass bald Maßnahmen für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimaschutz der neue Standard sind.

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