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dm verkauft seit neuestem Armbänder gegen K.O.-Tropfen – der große Erfolg ist ein schlechtes Zeichen

Armband gegen K.O.-Tropfen
Foto: © dm/xantus

Seit Anfang April bei gibt es bei dm Armbänder zu kaufen, die im Schnelltest K.O.-Tropfen in Getränken nachweisen. Im Moment sind die beliebten Tests ausverkauft – weil sie so gefragt sind, nimmt dm die Armbänder bald fest ins Sortiment mit auf.

Die Droge Gamma-Hydroxy-Butyrat (GHB) ist die gängigste Form von K.O.-Tropfen. Das Mittel, das man in der Partyszene auch als Liquid Ecstasy kennt, hat in der Vergangenheit vor allem als „Vergewaltigungsdroge“ für Schlagzeilen gesorgt: In den letzten Jahren wurden immer wieder Fälle bekannt, in denen Frauen im Club unbemerkt K.O.-Tropfen ins Getränk gemischt wurden, um sie zu betäuben und gefügig zu machen und anschließend sexuell zu missbrauchen.

GHB kann zu Bewusstlosigkeit führen

Aber nicht nur Frauen, auch Männer sind betroffen. GHB wirkt – je nach Menge – entspannend, euphorisierend und sexuell anregend, führt aber auch zu Schläfrigkeit, Verwirrtheit und Gedächtnisstörungen. In höheren Dosen wirkt es einschläfernd und kann sogar bewusstlos machen. Wer GHB zu sich nimmt, wird zu einem leichten Opfer.

Zu einem solchen Opfer wurde auch eine Bekannte der 25-jährigen Kim Eisenmann. Es war der Anlass, gemeinsam mit ihrem Freund die Schnelltests für GHB zu entwickeln, die es seit kurzem im Onlineshop von dm zu kaufen gibt. Sie sollen vor der gefährlichen Droge schützen.

Armband gegen K.O.-Tropfen
Kim Eisenmann hat ein Armband entwickelt, das K.O.-Tropfen in Getränken nachweisen kann. (Foto: © xantus)

„In was für einer Welt leben wir eigentlich?“

Eisenmanns Bekannte sei nach einem Stadtfest nachts im Park gefunden worden – schwer verletzt und ohne Kleider. Sie habe sich an nichts erinnern können. Später seien die K.O.-Tropfen nachgewiesen worden. „Das war für mich ein totaler Schock“, erklärt die 25-Jährige, „und eine bittere Erkenntnis, weil ich mir dachte ‚in was für einer Welt leben wir eigentlich, in der man nichts gegen sowas Schreckliches tun kann?'“

Bei ihrer Internetrecherche nach einem Schutz wurden Eisenmann und Sven Häuser, ihr Freund und Mitgründer des Start-ups, nicht wirklich fündig. Deshalb haben die beiden den Entschluss gefasst, etwas Eigenes zu entwickeln: Den Xantus-Drinkcheck. Ein Armband, das GHB in Getränken nachweisen kann – und so sowohl Frauen als auch Männer vor sexuellen Übergriffen, Raub und Gewalt schützen kann.

Xantus: So funktioniert das Armband

Das Armband ist weiß und besteht aus Papier – der Nachhaltigkeit wegen habe man auf Plastik verzichtet. Schon allein dadurch, dass man es am Handgelenk trägt, soll das Armband der Abschreckung dienen und „Täter im Vorfeld warnen“, erklärt Eisenmann. „Die sehen dann, das Mädel kann das Getränk testen und vielleicht doch noch ermitteln, wer der Übeltäter war.“

Außerdem erinnere es die Trägerin oder den Träger daran, vorsichtig zu sein. „Die Warnungen der Eltern vergisst man schnell mal. Trägt man das Armband am Handgelenk, wird man den ganzen Abend daran erinnert, vorsichtig zu sein.“

Kommt dann doch der Verdacht auf, dass etwas mit dem eigenen Getränk nicht stimmt, kann man es mit dem Armband überprüfen. Dazu gibt man einfach einen Tropfen der Flüssigkeit auf eines der zwei Testfelder auf dem Papierstreifen. Enthält es K.O.-Tropfen, färbt sich das Testfeld blau.

Armband gegen K.O.-Tropfen
Befindet sich GHB im Getränk, verfärbt sich das Testfeld blau. (Foto: © xantus)

Pro Armband gibt es zwei Testfelder. Ein Papierstreifen kann also bis zu zweimal benutzt werden. Kommt beim Händewaschen oder bei Regen versehentlich reines Wasser auf eines der Testfelder, färbt es sich ebenfalls blau – so weiß die Nutzerin, dass das Testfeld nicht mehr funktioniert und erhält kein verfälschtes Ergebnis.

Wie sicher ist das Armband?

Die Technologie sei von wissenschaftlicher Seite überprüft worden, versichert Eisenmann. Eine Studie habe die Zuverlässigkeit bestätigt.

Die Armbänder können allerdings nur die gängigste Form von K.O.-Tropfen erkennen: GHB. Es habe sich angeboten, gerade dieses Mittel ins Visier zu nehmen, da es, so Eisenmann, „einfach und billig zu beschaffen ist.“ Sie und ihr Freund wollen ihr Produkt zwar noch weiterentwickeln, können aber erst einmal keinen Vollschutz gegen sämtliche Drogen gewährleisten, die eine ähnliche Wirkung haben.

Eisenmann betont deshalb: „Das Armband ist kein hundertprozentiger Schutz. Es kann nicht gegen alle Drogen schützen – aber es kann schon einiges verhindern.“

Armband gegen K.O.-Tropfen bei dm: innerhalb weniger Stunden ausverkauft

Bei dm gibts das Armband bis jetzt nur im Online-Shop. Vier Bänder kosten 9,95 Euro. Im Moment ist es aber leider nicht verfügbar: Die Armbänder waren innerhalb von 72 Stunden ausverkauft, die Nachlieferung nach weiteren 42 Stunden, teilt uns Eisemann mit.

Die Nachfrage ist extrem groß. „Die Leute teilen und kommentieren das Produkt wie wild in den sozialen Medien, das freut uns total.“ Das führe aber auch dazu, dass viel mehr nachgefragt werde als erwartet. Weil die Armbänder so beliebt sind, sollen sie in drei Monaten auch in den dm-Märkten zu kaufen sein.

Armband gegen K.O.-Tropfen
Einfach ein Tropfen des Getränks aufs Armband. (Foto: © xantus)

K.O.-Tropfen sind in Deutschland legal erhältlich

Das Erschreckende: In Deutschland können Täter K.O.-Tropfen etwa in Form von GBL (Gamma-Butyrolacton) völlig legal im Internet kaufen. GBL ist eine Vorläufersubstanz von GHB und fällt im Gegensatz zu GHB nicht unter das Betäubungsmittelschutzgesetz. Die Substanz wandelt sich im Körper zu GHB um und hat in etwa die gleiche Wirkung.

Die Droge macht ihr Opfer wehrlos, führt zu Blackouts und Bewusstlosigkeit und bringt es im schlimmsten Fall in Lebensgefahr. Im Zusammenhang mit Alkohol oder bei Überdosierung verstärkt sich die Wirkung sogar.

Die Tropfen sind farb- und geruchlos, schmecken salzig bis seifig, sind jedoch in Mixgetränken kaum wahrnehmbar. Bekommt das Opfer heimlich K.O.-Tropfen ins Glas, bemerkt es diese nicht. Das macht die Droge besonders tückisch. Die Wirkung setzt nach nur zehn bis 30 Minuten ein und wird ähnlich wie ein Alkoholrausch wahrgenommen.

Eine verlässliche Statistik zu den Opfern gibt es nicht. Oft werden Vorfälle gar nicht bemerkt, viele Opfer gehen nicht zur Polizei, weil sie nicht einordnen können, was geschehen ist. Hinzu kommt, dass die Droge nur wenige Stunden im Körper nachweisbar ist.

Warum wir (leider) Armbänder gegen K.O.-Tropfen brauchen

Wer schon einmal K.O.-Tropfen im Glas hatte, weiß, wie hilflos man der Wirkung ausgesetzt ist. Dass so etwas überhaupt geschieht, macht fassungslos. Und dass die Armbänder von Xantus nun so erfolgreich verkauft werden, ist eigentlich ein schlechtes Zeichen. Es zeigt, wie verbreitet K.O.-Tropfen bei uns sind – und wie häufig Frauen aber auch Männer zu Opfern werden.

Offenbar führt kein Weg an einem solchen Produkt vorbei, und so traurig es ist: Die Armbänder von Xantus sind eine gute Erfindung. Bleibt zu hoffen, dass dadurch auch mehr Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt wird – und so mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden kann.

Schutz vor K.O.-Tropfen: Das kannst du tun

Absolut sicher ist man aber selbst mit diesem Armband nicht – auch, weil es nicht alle Substanzen nachweisen kann, sondern nur GHB (GBL etwa kann das Armband nicht nachweisen!). Das Bundeskriminalamt rät insbesondere Mädchen und Frauen (aber natürlich auch Jungen und Männern), ein paar Dinge zu beachten:

  • Lass dein Getränk nie unbeaufsichtigt stehen.
  • Vereinbare mit Freundinnen und Freunden, gegenseitig auf die Getränke aufzupassen.
  • Nimm keine offenen Getränke von fremden Personen an.
  • Vereinbare Verabredungen mit Fremden, vor allem mit Bekanntschaften aus dem Internet und Blind-Dates, immer an öffentlichen Orten, die dir bekannt sind, und informiere Vertrauenspersonen, also Freunde oder Verwandte.
  • Falls du plötzlich Schwindel, Übelkeit oder Enthemmung verspürst, wende dich an eine Vertrauensperson.
  • Rufe im Zweifelsfall die Rettung (112) oder die Polizei (110).

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