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Himmelspforten-Fake: „Der Beweis, dass Instagram-Influencer alles ruinieren“

Himmelspforte Tempel Bali Influencer
Foto: Screenshots Instagram / naomi_steiner, pompglobal

Der Pura-Lempuyang-Luhur-Tempel auf Bali dient unzähligen Instagrammern und Reisebloggern als atemberaubende Foto-Kulisse. Die Journalistin Polina Marinova war schwer enttäuscht, als sie entdeckte, dass hinter der Attraktion ein Fake steckt – und ein noch größeres Problem.

Es ist ein fast irreal schöner Anblick: Die steinernen Mauern eines Tempels erheben sich gen Himmel, dahinter ein Bergpanorama, und die Szenerie spiegelt sich im kristallklaren Wasser eines Sees. An diesen „Gates of Heaven“ posieren Pärchen, Influencer tanzen, springen in die Luft und biegen sich in Yoga-Verrenkungen – für einen einzigen magischen Schnappschuss.

Hier kannst du Foto-Beispiele auf Instagram sehen:

Kein Wunder, dass auch die Journalistin Polina Marinova den Pura-Lempuyang-Luhur-Tempel in Indonesien besuchen wollte und hohe Erwartungen hatte: Unter dem Hashtag #gatesofheaven erscheinen mehr als 15.000 bildgewaltige Beiträge. Doch der Instagram-Hotspot entpuppte sich als enttäuschender Fake.

„Meine Hoffnungen und Träume waren zerstört“

„Der Beweis, dass Instagram-Influencer alles ruinieren“, twitterte Marinova nach ihrer Besichtigung. „Meine Hoffnungen und Träume waren zerstört, als ich herausfand, dass das ‚Wasser‘ vor der Himmelspforte eigentlich ein Stück Glas unter einem iPhone ist.“ Dazu postete sie ein Foto, auf dem zu sehen ist, wie ein Mann einen Spiegel unter die Kamera seines Smartphones legt, um die optische Illusion zu erzeugen. Eigentlich befindet sich dort nämlich ein Steinboden.

Hier kannst du den Beitrag bei Twitter sehen:  

Marinovas Tweet ging viral, wurde fast 10.000 Mal geteilt und bekam fast 15.000 Likes (Stand: 11. Juli) – einige User reagierten darauf, indem sie ihre eigenen enttäuschenden Erfahrungen mit dem Tempel schilderten.

Ein Fake ist, der ein bis zwei Dollar kostet – und für den Hunderte von Touristen Schlange stehen

Dem Magazin „Insider“ sagte Marinova, sie habe zuvor nach Bildern von Sehenswürdigkeiten und Tempeln auf Bali gesucht und sei immer wieder auf das Himmelspforten-Motiv gestoßen: „Es sah absolut atemberaubend aus. Aber natürlich ist es Instagram, und da hat niemand den Hinweis hinzufügt, dass es nicht echt ist; also habe ich einfach angenommen, dass dort Wasser ist.“

Offenbar sind die Touristen sogar bereit, Einheimische dafür zu bezahlen, dass sie das Traum-(Fake-)Foto von ihnen schießen. Es habe Marinova das Herz gebrochen, als sie begriff, dass das Ganze nur ein Trick ist, der ein bis zwei Dollar kostet – und für den Hunderte von Touristen Schlange stehen und währenddessen zur Vorbereitung ihre Posen üben, weil jeder nur fünf Versuche für sein perfektes Foto bekommt.

„Sagt viel über unsere Werte im Jahr 2019 aus“

Zumindest bei Marinova, die eigentlich mit demselben Ziel angereist war, fand durch die Erfahrung ein Umdenken statt. Denn als sie ihren Reiseführer nach der Geschichte des Tempels fragte, antwortete er, dass sich fast niemand für Pura Lempuyang Luhur interessiere. Die meisten wollten bloß ein Foto davor machen.

„Das ist wirklich enttäuschend, weil der Lempuyang-Tempel einer der ältesten und ehrwürdigsten auf Bali ist“, sagte die Journalistin dem „Insider“. „So viele Menschen zu sehen, die lieber stundenlang darauf warten, ihr Foto zu schießen, als die Tempelanlage zu besichtigen, sagt viel über unsere Werte im Jahr 2019 aus.“

Eine traurige Entwicklung zu immer mehr Oberflächlichkeit

Das Phänomen zeigt einmal mehr, wie Instagram-Tourismus interessante Reiseziele verändert. In vielen Fällen bringt die Internet-Popularität durch die fotografierenden Massen gravierende Umweltbelastungen mit sich.

Was den „Himmelspforten“-Tempel betrifft, so spiegelt das große Geschäft mit den Fototouristen und Influencern vor allem eine traurige Entwicklung zu immer mehr Oberflächlichkeit wider: Der Schein ist schöner als der reale Ort; Reisende empfinden ihn bei ihrem Besuch als entzaubert und banal – obwohl es eigentlich so viel Spannendes zu entdecken gäbe.

So sieht der Tempel ohne falschen Spiegeleffekt aus:

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