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Horror-Tierversuchslabor bei Hamburg: Jetzt äußert sich sogar Primatenforscherin Jane Goodall

Jane Goodall Interview
Foto: © Utopia / Vipasana Roy

Tierschützer haben vergangene Woche schreckliche Aufnahmen aus einem Tierversuchs-Labor bei Hamburg veröffentlicht. Nun hat die bekannte Forscherin Jane Goodall das Verhalten der misshandelten Tiere analysiert – und ein Ende von Tierversuchen gefordert.

Das Hamburger Forschungslabor der Pharmakologie und Toxikologie (LPT) bezeichnet sich selbst als “exzellenter und erfahrener Partner im Bereich Auftragsforschung“. Außerdem wirbt es damit, „in Übereinstimmung mit nationalen und internationalen Bestimmungen“ zu forschen. Wie grausam es in dem Labor wirklich zugeht, hat ein Video der Tierrechtsorganisation Soko Tierschutz letzte Woche gezeigt.

Nun hat sogar die britische Tierschützerin und Verhaltensforscherin Jane Goodall die Aufnahmen kommentiert. Es seien „einige der schlimmsten Misshandlungen, die ich je in Verbindung mit Tierversuchen gesehen habe“, erklärt die 85-Jährige in einer Stellungnahme auf ihrer Website.

Jane Goodall: Affen, Hunde und Katzen werden systematisch misshandelt

Goodall ist eine berühmte Verhaltensforscherin, die seit 1960 unter anderem Schimpansen studiert hat. In ihrem Statement analysiert sie das Verhalten der gefilmten Tiere: „Einige der Affen liegen zusammengekrümmt auf den Gitterrosten ihrer winzigen Gefängnisse, andere zeigen stereotype Verhaltensweisen wie endlose Saltosprünge oder schnelles gleichförmiges Hin- und Herlaufen.“ Dies spreche dafür, dass die Tiere unter sehr viel Stress leiden. Dass einige Affen sich beim Anblick von Menschen zusammenkauern, zeige, wie viel Angst die Tiere haben.

Goodall ist schockiert darüber, wie unmenschlich die Menschen in dem Video mit den Affen umgehen: Einige werden ein einem Metallhalsband aus dem Käfig gezogen und in eine aufrechte Position gezwungen – also „mit zusammengebundenen Beinen und ausgestreckten Armen buchstäblich gekreuzigt“. Einem Affen wird in dieser Position eine Sonde in den Magen geschoben. Ein anderer wehrt sich. Zur Strafe schlägt der Laborassistent dessen Kopf an die Käfigstangen.

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Ein Affe im Tierversuchslabor LPT in Hamburg. (Foto: Youtube Soko Tierschutz)

Auch Hunde und Katzen werden in dem Video misshandelt. Einige liegen blutend in ihren Käfigen oder auf dem Boden. „Der Eindruck, den diese Aufnahmen hinterlassen, ist, dass ihre Behandlung nichts weniger als systematische Misshandlung für die Tiere bedeutet“, so die Forscherin. Sie zählt die Aufnahmen zu dem herzlosesten, inhumansten und brutalsten Verhalten von Menschen gegenüber Primaten, Hunden und Katzen. „Es ist nichts anderes als die Hölle auf Erden.“

„Ein solches Szenario gehört nicht in das 21. Jahrhundert und muss gestoppt werden“

Wie Goodall zurecht anmerkt ist das Video nicht „in einer verdeckt operierenden Einrichtung in einer fernen Ecke der Welt ohne gesetzliche Bestimmungen“ entstanden – sondern in Deutschland, „einem der führenden und reichsten Länder der EU.“ Das zeigt: Tiere werden auch bei uns zu Forschungszwecken missbraucht. Und das nicht selten:

Das LPT ist nur eines von vielen deutschen Tierversuchslaboren, die in den vergangenen Monaten wegen Missbrauch angeklagt wurden. Im März erhielt beispielsweise die Uni Ulm den Negativpreis „Herz aus Stein“, weil sie Labormäuse mit Zigarettenrauch quälte.

„Ein solches Szenario gehört nicht in das 21. Jahrhundert und muss gestoppt werden.“, appelliert Goodall. „Keine invasiven biomedizinischen Tests dürfen mehr an fühlenden und komplexen Tieren wie Primaten, Hunden und Katzen ausgeführt werden.“ Auch Versuche an Ratten verurteilt sie.

Dabei sei es egal, ob die Versuche gesetzlichen Vorgaben entsprechen, denn „sie widersprechen sehr klar fundamentalen ethischen Standards über den Umgang mit Tieren. Vereinigungen wie ‚Ärzte gegen Tierversuche‘ hätten belegt, dass es nur sehr wenige wissenschaftliche Zeugnisse existieren, die die Verwendung von Tieren in der Forschung zum Nutzen der Menschheit rechtfertigen. „Aber sogar wenn dies der Fall wäre, gäbe es absolut keine Rechtfertigung dafür, wie hier in diesem Labor mit Tieren umgegangen wird,“ argumentiert Goodall.

Jane Goodall, Schimpansen
Jane Goodall engagiert sich seit Jahrzehnten für Tierschutz. (Foto: Jane Goodall Institut)

Hamburg: 7000 Menschen protestieren gegen das „Horror-Labor“

Das Video wurde von einem Tierschützer gefilmt, den Soko Tierschutz in das LPT eingeschleust hatte. Mit den Aufnahmen hat die Organisation eine große Protestbewegung ausgelöst: In Hamburg haben am vergangenen Wochenende über 7000 Menschen gegen das „Horror-Labor“ protestiert. Sie forderten auch, das LPT-Labor zu schließen. Das ist bisher noch nicht geschehen.

Dem zuständigen Landkreis zufolge wird die Aufsicht über das LPT verschärft. Außerdem habe die Staatsanwaltschaft Stade dem Stern zufolge vergangenen Freitag polizeiliche Ermittlungen aufgenommen.

Wir haben Jane Goodall im Juni getroffen und mit ihr über Verantwortung und Umweltschutz gesprochen. Zum Interview: Jane Goodall: Die Menschheit hat vier grundlegende Probleme

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