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Affenpocken breiten sich aus: Was sie von Coronaviren unterscheidet

Dieses Bild aus dem Jahr 1997 entstand während einer Untersuchung eines Affenpockenausbruchs in der Demokratischen Republik Kongo (DRC), dem früheren Zaire, und zeigt die Handflächen eines Affenpockenpatienten aus Lodja, einer Stadt im Katako- Kombe Health Zone, der Demokratischen Republik Kongo.
Foto: -/CDC/Brian W.J. Mahy/dpa

Mehr als 130 Fälle der Affenpocken wurden bislang offiziell bestätigt. Tendenz steigend. Auch das Gesundheitsministerium rechnet mit mehr Fällen. Doch was unterscheidet die Affenpocken von Coronaviren und wie groß ist das Ansteckungsrisiko?

Das Bundesgesundheitsministerium erwartet noch zunehmende Affenpocken-Fälle. „Aufgrund der vielfältigen Kontakte der derzeit Infizierten ist in Europa und auch in Deutschland mit weiteren Erkrankungen zu rechnen“, heißt es in einem Bericht für den Gesundheitsausschuss des Bundestages. Mit Stand von Sonntagnachmittag gebe es inzwischen vier bestätigte Infektions- und Erkrankungsfälle in Deutschland – einen in München und drei in Berlin. Proben weiterer Personen seien in Abklärung. Kontaktpersonen würden ermittelt.

Forscher:innen weltweit versuchen derzeit, die Infektionswege nachzuvollziehen. Wichtig dabei: Die Affenpocken unterscheiden sich grundlegend von den Coronaviren. Expert:innen schätzen die Lage weiterhin verhältnismäßig entspannt ein, es drohe keine Pandemie.  

Eigenschaft der Viren entscheidend

Das hat mit der Eigenschaft der Viren zu tun. Im Gegensatz zu Sars-CoV-2 handelt es sich bei den Pockenviren nicht um RNA-Viren, sondern DNA-Viren. Das macht sie deutlich stabiler als das Coronavirus. Die Folge: Stetige Mutationen sind unwahrscheinlicher – und die Chance besser, bereits vorhandenes Wissen anzuwenden, um möglicherweise einen Impfstoff zu entwickeln. Die Genomsequenzierung eines gerade in Belgien erfassten Affenpocken-Falls soll eine vollständige Übereinstimmung mit dem Genom einer früheren Infektion aus dem Jahr 2018 zeigen, berichtet das ZDF.

„Derzeit wird von der WHO untersucht, ob das Virus seine Eigenschaften verändert hat oder ob es eine Erklärung gibt, wie das Virus fast gleichzeitig in die verschiedenen Länder in Europa und den USA kommen konnte“, erklärt die Virologin Sandra Ciesek auf Twitter.

Während das Coronavirus sich in Teilen asymptomatisch und über Aerosole – also in der Luft – verbreitet, übertragen sich die Affenpocken in der Regel erst bei physisch direktem Kontakt mit dem Sekret aus den Pusteln der Pocken. Oder bei direktem Schleimhautkontakt mit den Infizierten, wie Virologe Gerd Sutter gegenüber Zeit Online erklärt. Er geht von einer „punktuellen“ Verbreitung der Affenpocken aus.

„Eine neue Pandemie haben wir nicht zu befürchten“

„Eine neue Pandemie haben wir nicht zu befürchten. Affenpockenviren sind seit Jahrzehnten bekannt, in Zentral- und Westafrika heimisch, dort werden regelmäßig Ausbrüche in Menschen beobachtet, aber die sind relativ klein“, wird Sutter zitiert. Eine Ansteckung mit Affenpocken zu vermeiden, sei deshalb einfacher.

Bisher ist bei den in Europa festgestellten Infektionen die westafrikanische Affenpocken-Variante nachgewiesen worden, weitere Genomanalysen liefen dem Bericht für den Gesundheitsausschuss des Bundestages jedoch noch. „Es handelt sich inzwischen um ein Geschehen mit internationaler Verbreitung“, heißt es in dem Ministeriumsbericht weiter, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In zahlreichen Ländern seien mehr als 130 bestätigte Fälle und Verdachtsfälle nachgewiesen, „Tendenz täglich steigend“.

Um mögliche Erkrankungen zu registrieren und die Weiterverbreitung zu verhindern, sollten diagnostizierte Infektionsfälle systematisch erfasst und isoliert werden. Diese sollten von Ärzt:innen und Laboren gemäß dem Infektionsschutzgesetz gemeldet werden. Wie die „The Brussle Times“ meldet, müssen sich in Belgien Erkrankte künftig 21 Tage lang selbst Isolieren. Das habe das belgische Gesundheitsministerium beschlossen, um eine Ausbreitung zu verhindern.

Bisherige Pockenimpfung als Schutz ausreichend?

In Deutschland hebt der Bericht für den Gesundheitsausschuss bisherige Vorsorgemaßnahmen hervor. „Eine Pockenimpfung schützt vermutlich auch vor Affenpocken“, erläutert das Ministerium. In der Bundesrepublik sei sie bis 1975 für Einjährige Pflicht gewesen, in der DDR sei eine Impfpflicht 1982 aufgehoben worden. Die Bundesregierung hat laut dem Bericht etwa 100 Millionen Dosen Pockenimpfstoff eingelagert. Davon seien zwei Millionen Dosen an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gespendet und für sie eingelagert worden. Inwieweit eine Pockenimpfung für Kontaktpersonen und Risikogruppen empfohlen werde, sei noch Gegenstand der fachlichen Abklärung.

Das von der UK Health Security Agency (UKHSA) zur Verfügung gestellte Bild zeigt Hautläsionen bei Patienten, bei denen Affenpocken nachgewiesen wurden.
Das von der UK Health Security Agency (UKHSA) zur Verfügung gestellte Bild zeigt Hautläsionen bei Patienten, bei denen Affenpocken nachgewiesen wurden. (Foto: UKHSA/dpa)

Außerdem verweist das Ministerium auf die bereits veröffentlichte Risikoeinschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI), wonach eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland nach derzeitigen Erkenntnissen als gering eingeschätzt wird.

Das Virus verursacht nach Angaben von Gesundheitsbehörden meist nur milde Symptome wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und Hautausschlag. Affenpocken können aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen, in Einzelfällen sind tödliche Erkrankungen möglich.

Mit Material der dpa

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