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Bis zu 40 Grad in Spanien: Jetzt drohen Tourist:innen zum Problem zu werden

Spanien
Foto: Emilio Morenatti/AP/dpa; CC0 Public Domain / Pixabay - geralt

Wassermangel macht kurz vor Start der Sommersaison Südeuropa zu schaffen. Besonders dramatisch ist die Lage in Katalonien mit der Metropole Barcelona und weiteren beliebten Strandorten.

Wer dieser Tage in Barcelona bei Temperaturen von bereits deutlich über 20 Grad an den Strand geht, muss sich aufs Schlangestehen gefasst machen. Die Hauptstadt Kataloniens hält nämlich pro Strand nur eine einzige Dusche in Betrieb. Der Grund: Eine extreme, seit vielen Monaten anhaltende Dürre, die inzwischen sogar zu Einschränkungen des Wasserverbrauchs in über 200 Gemeinden der Region im Nordosten Spaniens geführt hat. Ähnliche, wenn auch weniger gravierende Probleme hat man in Andalusien sowie in anderen europäischen Urlaubsparadiesen. Kurz vor Beginn der Sommersaison macht sich daher nicht nur die Tourismusbranche Sorgen. Die Trockenheit könnte dort – aber auch in Frankreich und Italien – zu Einschränkungen führen, jedoch drohen auch Tourist:innen selbst Teil des Problems zu werden.

Wärmer als im Durchschnitt

Im Laufe dieser Woche sollen die Temperaturen in Spanien auf bis zu 35 Grad steigen – etwa in Andalusien im Süden und in den Regionen um Valencia und Murica im Südosten des Landes. Zum Ende der Woche können die Temperaturen im Herzen Andalusiens, im Guadalquivir-Tal, sogar auf bis zu 40 Grad steigen. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, liegen die erwarteten Temperaturen laut dem spanischen Wetterdienst „sechs bis zehn Grad Celsius“ höher als in einem durchschnittlichen April. In einigen Regionen sind demnach die Werte „15 bis 20 Grad“ höher als für den Monat typisch.

Wasserpegel sinken trotz Maßnahmen rapide

Die Sorgen sind nicht unberechtigt: In Katalonien sind die Stauseen im Schnitt nur noch zu 26 Prozent gefüllt. Vor einem Jahr waren es noch 58 Prozent. Schon seit Herbst 2021 regnet es in der Region extrem wenig. Expert:innen sprechen von der schlimmsten Dürre in Katalonien seit Beginn der Erfassungen im Jahr 1914. Die Malaise wird von Forscher:innen zum größten Teil auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückgeführt.

„Wegen des Klimawandels müssen wir damit rechnen, dass die Dürren in den nächsten Jahrzehnten noch häufiger, intensiver und länger anhaltend sein werden“, warnt Javier Martín Vide, Professor für Physische Geographie an der Universität Barcelona. Auch kurzfristig sei die Lage nicht rosig. „Ein Ende dieser Dürre ist nicht in Sicht.“

Trotz der Ende Februar beschlossenen Wassersparmaßnahmen sinken die Pegel weiterhin rapide. Landwirt:innen müssen 40 Prozent weniger Wasser konsumieren, die Industrie 15. Untersagt sind unter anderem die Bewässerung öffentlicher und privater Grünflächen sowie die Straßenreinigung mit Trinkwasser. Pläne, das Auffüllen von Hotel-Pools und Schwimmbädern zu verbieten, wurden jüngst ad acta gelegt. Aber die Privathaushalte in den betroffenen Gebieten mit insgesamt sechs Millionen Einwohner:innen werden ihre Pools unter anderem wegen eines Konsumlimits von 230 Liter pro Kopf und Tag kaum genießen können.

Wasserverbrauch: Werden Tourist:innen zum Problem?

Wenn es jetzt schon so schlimm ist, wie wird es dann im Sommer sein, wenn es ohnehin weniger regnet, die Tourist:innen in Scharen einreisen und der Wasserkonsum noch einmal drastisch in die Höhe schnellt? Zumal Spanien 2023 einen Besucherrekord erwartet. In dem auch bei Deutschen beliebten Lloret de Mar kommen zu den 40.000 Einwohner:innen im Sommer 100.000 Tourist:innen hinzu. An der gesamten Costa Brava wächst im August die „Bevölkerungszahl“ von 265.000 auf circa 1,2 Millionen.

Das katalanische Wasseramt ACA gibt Entwarnung – vorerst zumindest: Bei den Einschränkungsmaßnahmen seien die Sommer-Touristenströme berücksichtigt worden, so dass das Wasser ausreichen müsste, sagte ACA-Chef Samuel Reyes. Aber spüren dürften die Besucher:innen das Problem auf jeden Fall – etwa in Hotels, die schon jetzt mit Sparduschköpfen den Wasserdruck verringern.

Tourismusbrache in Italien sorgt sich um Imageschaden

Wie sieht es in anderen beliebten Ferienzielen aus? In Italien macht man sich vor allem im Norden Sorgen. Insbesondere der bei Tourist:innen beliebte Gardasee sowie der Po, Italiens größter Fluss, leiden unter extrem niedrigen Wasserständen. Doch die Tourismusbranche denkt auch ans Geschäft und beklagt eine „Dürre-Kampagne“, die zu einem massiven Imageschaden und einem Rückgang der Besucherzahlen in der Region führen könne. Es gebe „alarmistische Berichte“, heißt es.

„Niemand verschweigt, dass es sich hier um eine außergewöhnliche Situation handelt, aber der derzeitige Wasserstand des Gardasees gefährdet keine der wichtigsten touristischen oder sportlichen Aktivitäten, die hier stattfinden“, zitierte die Zeitung „L’Adige“ eine Vertreterin des Tourismusverbandes der Gardasee-Region. Besucher:innen und Mitarbeiter:innen seien jedoch zum Wassersparen angehalten.

Die Dürre schafft derweil sogar neue Attraktionen, die Tourist:innen locken. Die Behörden Kataloniens mussten im vorigen Sommer den Zugang zum Sau-Stausee nördlich von Barcelona beschränken, weil der Andrang der Menschen, die die sonst unter Wasser stehende Kirche Sant Romá aus dem 11. Jahrhundert sehen wollten, zu groß geworden war. Im Gardasee war die Insel San Biagio Anfang des Jahres zur Begeisterung vieler wegen des Wassermangels plötzlich zu Fuß erreichbar.

Einschränkungen bei Attraktionen in Frankreich

Dass Tourismus aber den Druck auf Biodiversität und Wasservorräte erhöht, ist unbestritten. Auch in Frankreich kommen die meisten Urlauber:innen genau dann, wenn das Wasser im Sommer am knappsten ist. In einem Teil des Nationalparks Calanques bei Marseille hat das Gedränge von Besucher:innen zu starker Erosion geführt. Mittlerweile kann die Sugiton-Bucht nur noch mit Reservierung besucht werden.

Die Branche zeigt sich aber zuversichtlich. „Bereits im vergangenen Jahr war die Trockenheit besorgniserregend und dennoch wussten sich vor allem die Fachkräfte der Wasseraktivitäten anzupassen. Die Saison war sehr gut“, sagte François de Canson, Vorsitzender des französischen Tourismus-Verbands ADN Tourisme, über den Südwesten Frankreichs. Auch dieses Jahr würden die Fachkräfte sich anpassen.

Ohnehin bemüht sich Frankreich, wo einzelne Gegenden stark vom Geschäft mit Urlauber:innen abhängen, um einen nachhaltigen Tourismus. Man will – wie unter anderem auch die spanische Mittelmeer-Insel Mallorca – den ökologischen Fußabdruck des Sektors verringern und verstärkt in eine nachhaltige Tourismus-Infrastruktur investieren.

Situation in Griechenland

Griechenland ist bisher nicht übermäßig stark von Dürre betroffen. Die Wasserspeicher, die unter anderem die Hauptstadt Athen versorgen, sind gut gefüllt. Auf manchen Inseln in der südlichen Ägäis hingegen war Trockenheit schon immer ein Problem; zum Teil werden dort mit Photovoltaik Anlagen betrieben, die Meerwasser zu Trinkwasser aufbereiten. Die Folgen des Klimawandels beklagen dennoch auch griechische Expert:innen: Wetterphänomene wie Starkregen und extreme Hitzewellen hätten in den vergangenen Jahren zugenommen.

Ist der Klimawandel schuld an der Trockenheit? 

Dazu muss zunächst festgehalten werden: Einzelne Wetterphänomene sind nicht auf den Klimawandel zurückzuführen. Wo sich die Expert:innen jedoch einig sind: Extreme Wetterlagen – wie etwa Hitzewellen und Dürreperioden – verstärken sich durch den Klimawandel künftig und werden an Häufigkeit deutlich zunehmen.

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