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Diese Hochwasserkatastrophen könnten uns noch treffen

Eine Analyse der World Weather Attribution Initiative zeigt die Wahrscheinlichkeit von Hochwasser.
Foto: CCO Public Domain / Pixabay - LucyKaef

Im Juli haben wir durch das Hochwasser die Auswirkungen des Klimawandels im eigenen Land erfahren. Wissenschaftler:innen haben analysiert welche Extremwettereignisse in Zukunft noch auf uns zu kommen.  

Der Klimawandel erhöht laut einer Studie die Wahrscheinlichkeit extremer Regenfälle und damit von Hochwasserkatastrophen, wie sie im Juli in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mindestens 180 Menschen das Leben gekostet haben. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Team von Wissenschaftler:innen unter anderem des Deutschen Wetterdiensts (DWD) in einer am Dienstag veröffentlichten Untersuchung.

Unter den derzeitigen Klimabedingungen sei zu erwarten, dass eine bestimmte Region in Westeuropa etwa einmal in 400 Jahren von einem solch verheerenden Ereignis heimgesucht werde. Innerhalb des gesamten Gebiets, das die Wissenschaftler:innen betrachteten, seien in dem Zeitraum mehrere solche Ereignisse zu erwarten.

Mit weiter steigenden Temperaturen werde derart extremer Starkregen häufiger. Eine wärmere Atmosphäre könne auch mehr Wasser speichern. Werde es nochmals 0,8 Grad wärmer, erhöhe sich die Häufigkeit auf alle 300 Jahre, auch die Intensität des Starkregens steige weiter.

Der Ausstoß von Treibhausgasen muss minimiert werden. Dafür ist der Ausstieg aus der Kohlekraft entscheidend.
Der Ausstoß von Treibhausgasen muss minimiert werden. Dafür ist der Ausstieg aus der Kohlekraft entscheidend. (Foto: CCO Public Domain / Pixabay - Verena Schiffers)

Umweltverbände forderten in Reaktion auf die Veröffentlichung der Studie die Bundesregierung unter anderem zu verschärften Klimaschutzmaßnahmen auf. „Dies ist ein letzter Weckruf an die Politik, Treibhausgasemissionen endlich durch wirksame Maßnahmen zu mindern, anstatt Klimaschutz durch bloße Zieldefinitionen zu betreiben“, sagte etwa Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Wenn die Treibhausgase bis zum Jahr 2030 wirklich um 65 Prozent gemindert werden sollen, ist der Kohleausstieg bis 2030 alternativlos.“

Deutsche Umwelthilfe fordert Wiederaufbauhilfen

Mit Blick auf die für Mittwoch geplante Sondersitzung des Deutschen Bundestages, bei der Wiederaufbauhilfen für die von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Regionen beraten werden sollen, mahnen die Umweltschützer:innen auch eine ökologischen Umgestaltung des Hochwasserschutzes an. „Alles am selben Ort wiederaufzubauen hieße, Menschen und Gebäude erneut dem Risiko der Zerstörung auszusetzen“, sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

Ein gutes Wiederaufbauprogramm schaffe natürliche Überflutungsflächen, renaturiere Gewässer oder stelle durch angepasste Bewirtschaftung die Speicherfähigkeit der Landschaft wieder her. „Es braucht neue Anreize, damit durch angepasste Bewirtschaftung im Wald, auf den Feldern und im Weinberg die Speicherfähigkeit der Landschaft wiederhergestellt wird. Nur so lassen sich die verheerenden Folgen zukünftiger Starkregenereignisse abmildern.“

„Der Bundestag darf in der morgigen Sitzung deshalb nicht blind den Vorschlägen der Bundesregierung folgen, sondern muss vor einer Entscheidung den Entwurf nachbessern. Die bereitgestellten Mittel müssen drei Ziele verfolgen: Kampf gegen die Klimakrise, Klimaanpassung und ökologischen Hochwasserschutz“, so Müller-Kraenner.

Kampf gegen die Klimakrise, Klimaanpassung und ökologischen Hochwasserschutz müssen die Ziele der Regierung sein, so der DUH.
Kampf gegen die Klimakrise, Klimaanpassung und ökologischen Hochwasserschutz müssen die Ziele der Regierung sein, so die DUH. (Foto: CCO Public Domain / Pixabay - Hans Braxmeier)

Für einen ökologischen Hochwasserschutz und eine naturbasierte Anpassung an die Klimakrise hat die DUH ein 10-Punkte-Programm vorgelegt. Die DUH fordert Bundesregierung und Bundestag auf, das Wiederaufbauprogramm an diesen Punkten auszurichten.

Steigende Temperaturen beeinflussen den extremen Starkregen

Das internationale Forscherteam hatte für seine Analyse Frankreich, Westdeutschland, den östlichen Teil von Belgien, die Niederlande, Luxemburg und den Norden der Schweiz als Region betrachtet und gefragt, wie wahrscheinlich ähnlich extremer Starkregen hier ist und inwiefern dies durch weltweit steigende Temperaturen beeinflusst wird.

Extremwetter werden sich durch den Klimawandel häufen.
Extremwetter werden sich durch den Klimawandel häufen. (Foto: CCO Public Domain / Pixabay - FelixMittermeier)

Wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Katastrophen ist, lasse sich nicht genauer angegeben. Das liege unter anderem daran, dass verschiedene Klimamodelle zugrundegelegt worden seien, deren Vorhersagen sich unterschieden, erklärte Frank Kreienkamp vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Die Zahlen zeigten aber eine sehr klare Tendenz in Richtung häufigeren Extremwetters durch den Klimawandel.

Die zukünftigen Unwetter könnten immer schlimmer werden

Die Auswirkungen könnten die früheren Unwetter weit übersteigen, sagte Frank Kreienkamp vom Deutschen Wetterdienst (DWD). „Die lokalen und nationalen westeuropäischen Behörden müssen sich dieser wachsenden Risiken durch Starkregen bewusst sein, um besser auf mögliche künftige Extremwetterereignisse vorbereitet zu sein“, erklärte der Leiter des Regionalen Klimabüros Potsdam des DWD. Enno Nilson von der Bundesanstalt für Gewässerkunde erklärte, die Erkenntnisse würden in Analysen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes einbezogen.

In der Region um die Flüsse Ahr und Erft waren den Angaben zufolge pro Tag durchschnittlich 93 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen – ein Höchststand seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Bei den Überschwemmungen auch um den Fluss Maas in Belgien starben den Angaben zufolge insgesamt mindestens 220 Menschen.

Die 39 Wissenschaftler:innen verglichen die Auswirkungen des heutigen Klimas mit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als die globale Durchschnittstemperatur 1,2 Grad weniger betrug. Die Arbeit, für die Wetteraufzeichnungen und Computersimulationen analysiert wurden, entstand im Rahmen der World Weather Attribution Initiative, die mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf extreme Wetterereignisse untersucht.

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