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Dating-Tipps aus der Hölle: Elite Partners patriarchale Narrative

Elite Partners Dating-Tipps aus der Hölle
Foto: Unsplash Annette Sousa / Screenshot Elite Partner

Die Partner:innen-Suche ist für viele zermürbend genug. Da muss ein Dating-Portal nicht noch mit vermeintlichen Tipps für „intelligente Frauen“ aufwarten. Ich will keine „starke Schulter“ oder bescheiden sein – alles, was ich will, ist Gleichberechtigung. Ein Kommentar.

Mit Anfang dreißig nochmal Single sein? Schwierig. Vermutlich bringt die Suche nach Partner:innen in jedem Alter oder jeder Lebenslage ihre ganz eigenen Herausforderungen mit sich. Intelligente Frauen haben es aber besonders schwer – das will uns zumindest das Dating-Portal Elite Partner einreden.

Zugegeben als Millennial nutze ich die einschlägigen Dating-Apps, um neue Leute kennenzulernen – und keine Partnervermittlung, bei deren Gründung ich gerade einmal 13 Jahre alt war. Aber noch viel wichtiger: die groß tönt, eine Plattform für „Akademiker und Singles mit Niveau“ zu sein, gleichzeitig jedoch mit Tipps für „kluge“ sowie „erfolgreiche“ Frauen auf das unterste aller Niveaus kriecht.

„Übe dich in Bescheidenheit!“

Denn geht es nach Elite Partner sind Frauen, die beruflichen Erfolg haben – wie auch immer dieser definiert sein mag – einfach zu selbstbewusst. „Sie wirken auf Männer einschüchternd“, heißt es seit 2019 in einem Ratgeber der Plattform, der nun auch auf Twitter für Diskussionen sorgt. Die angeblich logische Konsequenz der einschüchternden Wirkung folgt zugleich: „Übe dich in Bescheidenheit!“ Konkret heißt das, Frau solle doch bitte nicht mit ihrer Summa cum laude-Doktorarbeit angeben: „Erwähne solche Informationen nicht ungefragt bei einem ersten Date“, auch wenn Elite Partner uns zugesteht, „zu Recht stolz“ darauf sein zu dürfen. Wie gönnerhaft!

Dating funktioniert folglich nach einem ganz simplen Prinzip: „Du solltest dein Wissen nicht bewusst verstecken – aber auch nicht damit prahlen. Sonst bleibst du als intelligente Frau Single.“ Alles klar.

„Korrigiere ihn nicht“

Leider enden die Dating-Anweisungen damit nicht. Elite Partner hat sich viel Mühe gegeben, ein Potpourri aus patriarchalen Narrativen und Klischees zu erstellen: Auf „Übe dich in Bescheidenheit“ folgt „Korrigiere ihn nicht“. Denn wie wir alle wissen, müssen wirre Aussagen unwidersprochen bleiben – solange sie aus dem Mund eines Mannes kommen. „Sieh es einem Mann nach, wenn ihm ein Fehler unterläuft. Auf keinen Fall solltest du ihn korrigieren und eines Besseren belehren“, belehrt uns Elite Partner. Denn – Achtung – das löse „Unbehagen“ aus und „führt dazu, dass er sich in seiner Persönlichkeit angegriffen fühlt und möglicherweise zurückzieht“.

Ja, niemand ist perfekt, Schwächen machen uns zu dem, was wir sind – und allwissend ist schon gar niemand. Wozu aber dieser Maulkorb für Frauen und Freifahrtschein zum Dummschwätzen für Männer?

Was wären antiquierte Geschlechterrollen ohne toxische Männlichkeit?

Wer sich jetzt noch fragt, wo derartige Flirt-Regeln für kluge Männer sind, wird enttäuscht. Denn die dürfen belehrend, selbstbewusst und einschüchternd sein. Kurzum: Raum für sich einnehmen, sichtbar sein. Durchkämmt man die Elite Partner-Website scheinen solche Männer einfach keine Dating-Probleme zu haben.

Aber was wären antiquierte Geschlechterrollen ohne eine Prise toxische Männlichkeit? Unter die Ratschläge für Frauen reiht sich eine Ausführung darüber, nach welchen Männern „intelligente Frauen“ denn nun suchen. Natürlich nach der guten alten „starken Schulter“: „Viele smarte Frauen sind beruflich etabliert – häufig arbeiten sie in Führungspositionen, die nicht nur viel Verantwortung, sondern auch viel Disziplin erfordern. Umso wichtiger ist es für sie, im Privatleben auch mal alle Fünfe gerade sein lassen und sich anlehnen zu können.“

Zum Wohle einer falsch verstandenen Männlichkeit

Ganz ehrlich: Ich will keine starke Schulter – alles, was ich will, ist Gleichberechtigung. Ich will mir nicht anhören müssen, mich zum Wohle einer falsch verstandenen Männlichkeit zurücknehmen zu müssen. Ich will auch nicht, dass Männer per se als „eingeschüchtert“ verstanden werden, sobald ihnen eine selbstbewusste Frau gegenübersteht. Ich will respektiert und gesehen werden, mit meinem Können hausieren gehen, wenn ich Bock darauf habe. Punkt.

Bei so viel schrägen Flirt-Tipps wundert es im Übrigen auch nicht, dass Elite Partner unter klugen und erfolgreichen Frauen offenbar nur „Karrierefrauen“ versteht, die auch einer Erwerbstätigkeit nachgehen – „zwischen Büro, Alltagsverpflichtungen und Familie“ springen, wie es heißt. Was aber ist mit den vielen Menschen da draußen, die täglich ausschließlich unbezahlte Care-Arbeit leisten? Oder sind das für Elite Partner prinzipiell keine „Singles mit Niveau“?

Anmerkung der Redaktion: Elite Partner hat auf diesen Kommentar reagiert und den angesprochenen Ratgeber gelöscht. Er entspreche nicht den Werten, für die das Dating-Portal stehe, heißt es.

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