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Heizen: Mieter:innen werden beim CO2-Preis entlastet

Heizen: Mieter:innen müssen CO2-Preis nicht mehr alleine zahlen
Foto: CC0 Public Domain – Pixabay/ tbit

Eine gute Nachricht für Mieter:innen: Die Bundesregierung hat beschlossen, dass Vermieter:innen den CO2-Preis beim Heizen mittragen müssen. Wie viel sie übernehmen sollen, hängt davon ab, wie klimafreundlich die Wohnung oder das Haus ist.

Mieter:innen sollen die Klimaabgabe bei den Heizkosten in den meisten Fällen künftig nicht mehr alleine zahlen. Stattdessen sollen ihre Vermieter:innen einen Teil des sogenannten CO2-Preises übernehmen – und zwar abhängig davon, wie klimafreundlich das Haus ist. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) einigten sich auf ein Stufenmodell, wie ihre Ministerien am Sonntag mitteilten. Einzig Mieter:innen in sehr gut gedämmten Häusern sollen den Aufschlag demnach noch vollständig selbst tragen.

Die Regelung soll ab 2023 gelten – und damit ein halbes Jahr später als sich SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag vorgenommen hatten. Als nächstes gehen die Pläne ins Kabinett und dann in den Bundestag.

CO2-Preis aktuell bei 30 Euro pro Tonne

Seit vergangenem Jahr macht der sogenannte CO2-Preis Heizen und Tanken teurer. Die Abgabe soll helfen, die klimaschädlichen CO2-Emissionen zu senken. In diesem Jahr liegt sie bei 30 Euro pro Tonne CO2. Bei einem Liter Heizöl macht das nach Berechnungen der Emissionshandelsstelle 8 Cent pro Liter aus, bei Erdgas 0,5 Cent pro Kilowattstunde. Bis 2025 soll der CO2-Preis schrittweise noch deutlich weiter steigen.

Bisher konnten Vermieter:innen die Zusatzkosten komplett auf ihre Mieter:innen abwälzen – obwohl diese nur wenig Einfluss darauf haben, wenn sie wegen schlechter Dämmung oder einer alten Heizung hohe Energiekosten haben. Die Ampel-Koalition hat sich deshalb vorgenommen, dass die Vermieter:innen beteiligt werden sollen. „Millionen Mieter werden damit gezielt entlastet“, sagte Geywitz.

Wie viel Mieter:innen mitbezahlen, soll von der Energiebilanz abhängen

Wie viel der Kosten Vermieter:innen übernehmen müssen, hängt davon ab, ob ihre Immobilie saniert ist und eine gute Energiebilanz hat.
Wie viel der Kosten Vermieter:innen übernehmen müssen, hängt davon ab, ob ihre Immobilie saniert ist und eine gute Energiebilanz hat. (Foto: CC0 Public Domain – Pixabay/ webandi)

Das Modell basiert nun auf den CO2-Emissionen des vermieteten Gebäudes. Das heißt, je schlechter das Haus gedämmt ist und je älter zum Beispiel die Heizung oder die Fenster sind, umso stärker werden die Mieter:innen entlastet und die Vermieter:innen zur Kasse gebeten.

Konkret sind zehn Stufen vorgesehen:

  • Bei Wohnungen mit einer besonders schlechten Energiebilanz (mit einem jährlichen Ausstoß von mehr als 52 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter) übernehmen die Vermieter:innen 90 Prozent und die Mieter:innen 10 Prozent der CO2-Kosten.
  • In den weiteren Stufen nimmt der Anteil der Vermieter:innen ab.
  • In sehr effizienten Gebäuden mit dem Energiestandard EH55 müssen die Mieter:innen die Zusatzkosten schließlich ganz allein stemmen. EH55 bedeutet, dass das Gebäude nur 55 Prozent der Energie verbraucht, die ein Standardhaus benötigt. Solche Neubauten wurden in den vergangenen Jahren staatlich gefördert und daher häufiger geplant.
  • Ausnahmen soll es für denkmalgeschützte Gebäude oder in Milieuschutz-Gebieten geben, wo Vermieter:innen nicht so einfach sanieren können.

In welche Stufe die eigene Mietwohnung fällt, sollen Mieter:innen jährlich relativ unkompliziert mit der Heizkostenabrechnung erfahren. Auf Vermieter:innen könnte etwas Aufwand zukommen, denn sie brauchen Angaben etwa zur Energiebilanz. Perspektivisch soll geprüft werden, ob das Modell auf Daten in den Energieausweisen umgestellt werden kann.

Für Geschäfte, Bürogebäude und andere Häuser, in denen nicht gewohnt wird, soll das Stufenmodell nicht gelten. Hier sollen die Kosten hälftig aufgeteilt werden – es sei denn, Mieter:in und Vermieter:in vereinbaren es in ihrem Vertrag.

Wieso Mieter:innen trotzdem die Kosten tragen könnten

Die Bundesregierung will mit dem Stufenmodell doppelt Anreize schaffen: Vermieter:innen sollen motiviert werden, in die energetische Sanierung ihrer Häuser zu investieren. Denn wer eine alte Ölheizung gegen eine Wärmepumpe oder ein anderes klimafreundlicheres Modell austauscht, muss weniger CO2-Preis zahlen. Aus Sicht von Mietervertreter:innen liegt hier aber auch ein Problem: Denn Vermieter:innen können Kosten für eine solche Modernisierung derzeit auf ihre Mieter:innen umlegen. Es bestehe also die Gefahr, dass Mieter:innen ihren Anteil des CO2-Preises und zusätzlich noch die Modernisierung zahlen müssten.

Zugleich sollen Mieter:innen in gut gedämmten Wohnungen zum Energiesparen motiviert werden. Seien Dach und Fenster gut gedämmt, könnten vor allem die Mieter:innen durch ihr Verhalten noch dazu beitragen, Energie einzusparen und so die Heizkosten zu reduzieren, sagte Habeck. Viele Vermieter:innen hatten argumentiert, sie wollten nicht allein dafür geradestehen, wenn ihr Mieter oder ihre Mieterin die Heizung über Gebühr aufdrehe.

Was die Aufteilung finanziell bedeutet

Der Mieterbund geht davon aus, dass ein Musterhaushalt in einer unsanierten Wohnung durch die CO2-Abgabe Mehrkosten von jährlich bis zu 130 Euro bei Gas und 190 Euro bei Heizöl hat. Bis 2025 steigen sie demnach sogar auf 238 Euro bei Gas und 350 Euro bei Heizöl.

Nach früheren Berechnungen des Vergleichsportals Verivox könnten Mieter:innen in einer 100-Quadratmeter-Wohnung bei Umsetzung des Stufenmodells um bis zu 122 Euro im Jahr entlastet werden – je nach Energiebilanz des Hauses. Für die meisten Mieter:innen lägen die Entlastungen zwischen 12 und 72 Euro im Jahr.

Der Mieterbund fordert eine schnellere Entlastung. „Wir können nicht verstehen, dass das Stufenmodell erst am 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten soll“, sagte Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten dem „Tagesspiegel“. Die neue Regelung müsse bereits ab Mitte des Jahres gelten. Der CO2-Preis sei im Bereich des vermieteten Wohnraums bisher ein völliger Rohrkrepierer. Der Funke Mediengruppe sagte er: „Es zeugt von ganz wenig Fingerspitzengefühl, dass die Mieterinnen und Mieter ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Heizkosten explodieren, weiterhin den vollen CO2-Preis zahlen müssen.“

Utopia meint: Dass Mieter:innen beim CO2-Preis entlastet werden sollen, ist gerade in Zeiten von explodierenden Heizkosten sicher eine willkommene Nachricht. Die Änderung ist dabei durchaus gerechtfertigt: Denn wer in einer nicht-sanierten Wohnung zur Miete wohnt, der hat höhere Heizkosten, egal wie umsichtig er oder sie heizt – und selbst kaum Möglichkeiten, daran etwas zu ändern. Allerdings macht der CO2-Preis nur einen Teil der Heizkosten aus – Gas- und Heizölpreise steigen gerade aus ganz anderen Gründen. (Mehr über die Hintergründe und Maßnahmen findest du hier: Strom, Heizen, Fleisch: Jetzt gibt es keine Ausreden mehr) Außerdem haben Vermieter:innen derzeit die Möglichkeit, Kosten für Sanierungen auf ihre Mieter:innen umzuschichten. Der Vorschlag ist also bei weitem nicht perfekt – aber ein Schritt in die richtige Richtung.

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