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Indische Parfümwerbung verharmlost Vergewaltigungen – Protest dagegen hat Erfolg

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Foto: CC0 Public Domain – Unsplash / William Bout

Ein Werbeclip für eine Parfümmarke sorgt in den sozialen Medien für Aufruhr. Er zeigt eine Szene in einem Supermarkt, in dem das beworbene Parfüm verkauft wird – doch das eigentliche Thema ist ein bedeutend schlimmeres.

Triggerwarnung: Im Text geht es um Vergewaltigungen. Der Inhalt kann belastend sein.

Vergewaltigung ist kein lustiges Thema –  und erst recht keins, das sich für einen lockeren Produktwerbespot eignet. Doch genau so einen Werbespot hat das indische Unternehmen Layer’r Shot für eines seiner Parfüms produzieren lassen. Der Clip sorgte für Entsetzen in den sozialen Medien, die Ausstrahlung wurde inzwischen gestoppt.

Alle 15 Minuten wird in Indien eine Vergewaltigung gemeldet

Vergewaltigungen sind in Indien ein Problem, dessen Ausmaße selbst in der internationalen Presse immer wieder für Aufsehen sorgen. So zum Beispiel 2012, als in zahlreichen Ländern über eine Studentin berichtet wurde, die in einem Bus nach Neu-Delhi von vier Männern so brutal vergewaltigt wurde, dass sie zwei Wochen danach an ihren Verletzungen starb.

Wie häufig Vergewaltigungen in Indien sind, lässt sich nur schätzen. 2018 meldete im Schnitt alle 15 Minuten eine Frau in Indien eine Vergewaltigung – das geht aus Daten der Regierung hervor, die 2020 veröffentlicht wurden. Die Zahlen könnten aber noch höher liegen, weil Vergewaltigungen in Indien oft nicht angezeigt werden. Im Jahr 2018 ernannte eine Thomson-Reuters-Studie Indien zum gefährlichsten Land für Frauen.

Vor diesem Hintergrund wirkt die Parfümwerbung des Unternehmens Layer’r Shot umso höhnischer. Darin zu sehen: Eine junge Frau in einem Supermarkt, hinter der eine Gruppe von vier Männern steht. Diese sagen: „Wir sind zu viert und da ist nur eine“ und „Wer ist am Zug?“ (englische Untertitel im Original: „Who will take the shot?“). Die Frau dreht sich entsetzt um – und merkt dann, dass die Männer über eine einzelne Parfümflasche im Regal reden.

Priyanka Chopra und andere kritisieren Spot auf Twitter

Der Spot kam in den sozialen Medien gar nicht gut an. Neben privaten Socialmedia-User:innen und Frauenrechtsorganisationen kritisierten auch Prominente die Werbung für ihren verharmlosenden Umgang mit so einem ernsten Thema. Darunter: Bollywood­star Priyanka Chopra. Sie bezeichnete den Spot auf Twitter als „beschämend und widerlich“ und kritisiert auch die Produktion: „Wie viele Freigabestufen hat es gedauert, bis dieser Werbespot grünes Licht bekommen hat? Wie viele Leute fanden das in Ordnung?“

Der Widerstand auf Socialmedia war erfolgreich: Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet, ordnete die zuständige Behörde am Wochenende an, die Ausstrahlung der Werbung zu stoppen. Die Begründung: Die Werbung sei „schädlich für die Darstellung von Frauen im Interesse von Anstand und Moral“. Die Behörde soll auch Twitter und Youtube gebeten haben, entsprechende Clips zu entfernen.

Wir RND berichtet, hat auch der Hersteller des Parfüms und Auftraggeber der Werbung, Layer’r Shot, inzwischen reagiert. Das Unternehmen erklärte am Montag in einer Stellungnahme, man habe „nie die Absicht gehabt, die Gefühle von irgend­jemandem zu verletzen“ und entschuldigte sich. Bereits am Samstag sollen alle Medienpartner gebeten worden sein, die Anzeigen nicht mehr auszustrahlen.

Utopia meint: Es gibt nichts Lustiges an Vergewaltigungen

Sexistische Werbungen sind (leider) in vielen Ländern keine Seltenheit – auch nicht in Deutschland. 2021 rügte der Deutsche Werberat sechs Motive, die selten etwas mit dem Produkt zu tun hatten, welches sie verkaufen sollen. Dieses Jahr entsetzte Unilever in Uganda mit einer sexistischen Kampagne, die als Demonstration getarnt war. An einem anderen Beispiel sieht man, wie stereotyp dargestellte Szenen sind, vor allem, wenn man sie in Gegenteil umkehrt, wie der Künstler, der sexistische Werbeplakate mit vertauschten Rollen erstellt.

Zumindest behandelt keines dieser Beispiele Vergewaltigungen oder versucht gar, diesem ernsten Thema einen lustigen Dreh abzugewinnen. Der Grund dürfte offensichtlich sein – doch Darstellungen wie der Spot der Firma Layer’r Shot zeigen, dass nicht jede:r dafür sensibilisiert ist: Es gibt nichts Lustiges an Vergewaltigungen, Gruppenvergewaltigungen oder deren Androhung.

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