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Ist es in unserer Gesellschaft besser, extrovertiert zu sein?

Ist es in unserer Gesellschaft besser, extrovertiert zu sein?
Foto: pexels / jopwell

Ob am Arbeitsplatz, im Freundeskreis oder gegenüber Fremden: Extrovertierte Persönlichkeiten gehen anders mit ihren Mitmenschen um als introvertierte. Doch es kann auch seine Vorteile haben, eher in sich gekehrt zu sein, sagt Psychologin Stefanie Stahl.

Mit den gelockerten Corona-Maßnahmen kehren die Menschen wieder an ihre Arbeitsplätze zurück und es wird wieder in größeren Runden gefeiert – für einige ist das eine Herausforderung, nicht etwa, weil sie weiterhin vorsichtig sind. Sondern, weil sie die Interaktion mit anderen Menschen Kraft kostet. Sie fühlen sich danach ausgelaugt, sehnen sich nach Ruhe.

Dabei handelt es sich um „typisch introvertierte“ Personen, wie die Psychologin und Autorin Stefanie Stahl im Interview mit dem Zeit-Magazin sagt. Es stimme, dass schüchterne Menschen öfter eine introvertierte Persönlichkeit haben. Doch ist es Stahl zufolge ein Trugschluss, dass alle Introvertierten automatisch schüchtern sind.

„Intros strengt es mehr an, aus sich herauszugehen oder von sich zu reden. Dafür sind sie gute Zuhörer und kommen gut allein zurecht“, sagt Stahl, die zwei Psychologie-Podcasts moderiert.

Extraversion und Introversion

Unter anderem der Psychiater Carl Gustav Jung prägte die Begriffe der Extraversion und der Introversion. Demnach ist das Empfinden von Extrovertierten eher nach Außen gerichtet. Das heißt: Die Handlungen dieser Menschen orientieren sich eher an den äußeren Umständen, sie sind stärker von sozialen Kontakten beeinflusst. Stahl sagt, Extrovertierte schöpfen ihre Energie aus zwischenmenschlichen Interaktionen. Introvertierte hingegen erleben ihre Emotionen laut Jung innerlich – was für Stahl bedeutet, dass diese Personen „ihre Energie aus ihrem Inneren ziehen, der Welt ihrer Gedanken und Vorstellungen“.

Im Interview erklärt die Psychologin, man gehe davon aus, dass die zwei Persönlichkeitstypen genetisch beeinflusst sind und sich dies bereits im Kindesalter bemerkbar mache. „Ich denke, dass die Evolution diese zwei Typen hervorgebracht hat, weil wir in einer Gesellschaft beide brauchen: die risikobereiten, sprechlustigen Tatmenschen. Aber auch die besonnenen, fokussierten Denker.“

Introvertierte können „genauso selbstbewusst auftreten“

Es sei nicht besser, in der heutigen leistungsorientierten Gesellschaft extrovertiert zu sein, so Stahl. Laut ihr können introvertierte Personen „genauso selbstbewusst auftreten“. Etwa, wenn sie um ihre Meinung gebeten werden. „Was sie dann von sich geben, hat Hand und Fuß. Und sie können unglaublich lange und konzentriert an einem Projekt dranbleiben“, sagt Stahl im Zeit-Magazin.

Lediglich in Menschengruppen, die für extrovertierte Persönlichkeiten tendenziell größer sein dürfen, können sich Introvertierte manchmal „nicht unterhaltsam oder interessant genug“ fühlen. Dies liege daran, dass Extrovertierte laut der Psychologin einfach drauf losreden – während Introvertierte eher darüber nachdenken, wie sie sich in Gruppensituationen darstellen oder durchsetzen.

Grundsätzlich sei es hilfreich zu wissen, welcher Persönlichkeitstyp eher auf einen zutrifft. So könne man besser Rücksicht aufeinander nehmen, erklärt Stahl. „Bei der introvertierten neuen Kollegin klopfe ich lieber an die Bürotür und stürme nicht einfach rein, weil ich weiß, dass sie mehr persönliche Distanz braucht.“

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