Utopia Image

Jack Wolfskin, Puma & Co: Baumwolle aus Zwangsarbeit bei deutschen Marken?

xinjiang zwangsarbeit
Foto: CC0 / Pixabay / AdenArdenrich

Xinjiang ist für Zwangsarbeit in der Textilbranche bekannt. Deutsche Unternehmen geben deshalb an, keine Baumwolle mehr aus der chinesischen Provinz zu beziehen. Investigative Recherchen von STRG_F zeichnen ein anderes Bild.

Dass in Xinjiang Zwangsarbeit stattfindet und Unterdrückungsmaßnahmen gegenüber ethnischen Minderheiten verübt werden, ist schon seit Jahren bekannt. Schon 2019 berichtete die tagesschau von den Menschenrechtsverletzungen und beschuldigte deutsche Unternehmen diese weiterhin zu unterstützen und finanziell von der Terror-Regierung zu profitieren.

Die Provinz im Nordwesten Chinas erlangt ihre wirtschaftliche Stärke vor allem durch die Baumwollproduktion: Etwa 90 Prozent der gesamten chinesischen Baumwolle stammt aus Xinjiang. Das entspricht ungefähr einem Fünftel der weltweiten Produktion. Sowohl bei der Ernte der Baumwolle, als auch beim Nähen der Kleidung zwingt die Regierung Menschen zum Arbeiten. Sonst drohen ihnen gewaltsame Strafen. Davon sind insbesondere ethnische Minderheiten, vor allem die Uigur:innen betroffen.

Deutsche Textilunternehmen verzichten nach eigenen Angaben deshalb auf Lieferungen aus Xinjiang. Journalist:innen von STRG_F haben Kleidungsstücke genauer unter die Lupe genommen und dabei festgestellt: Es gibt klare Hinweise darauf, dass Adidas, Hugo Boss, Jack Wolfskin, Puma und eventuell auch weitere deutsche Marken nach wie vor Baumwolle aus der Überwachungs-Provinz beziehen.

Unterstützen deutsche Marken Zwangsarbeit in Xinjiang?

Um herauszufinden, woher die Kleidungsstücke kommen, gingen die Journalist:innen von STRG_F mit T-Shirts, Hemden und Pullovern in ein Labor. Dort können Wissenschaftler:innen den sogannten isotopischen Fingerabdruck der verarbeiteten Baumwolle herausfinden.

Denn Baumwolle besteht aus verschiedenen chemischen Elementen, die je nach Region in unterschiedlichen Varianten auftreten. Diese Varianten werden als Isotope bezeichnet. Sie geben einen klaren Hinweis auf die Herkunft eines Stoffes. So unterscheiden sich Isotope der Baumwolle aus Xinjiang zum Beispiel deutlich von der Baumwolle aus dem benachbarten Kirgistan.

Die Forschenden fanden Xinjiang-typische Isotope in T-Shirts von adidas und Puma, einem Pullover von Tom Tailor und in Hemden von Hugo Boss und Jack Wolfskin. Die Wahrscheinlichkeit ist demnach groß, dass diese Marken weiterhin mit Xinjiang zusammenarbeiten und Zwangsarbeit damit aktiv unterstützen.

Zwangsarbeit in Xinjiang: Das ist bekannt

Dass in Xinjiang Zwangsarbeit auf Baumwollfeldern stattfindet, ist schon seit langer Zeit bekannt.
Dass in Xinjiang Zwangsarbeit auf Baumwollfeldern stattfindet, ist schon seit langer Zeit bekannt.
(Foto: CC0 / Pixabay / JosephMarin)

Die Zwangsarbeit in Xinjiang basiert auf dem großen Gefängnissystem in der chinesischen Provinz. Dort müssen Inhaftierte unter schlimmsten Bedingungen leben und werden regelmäßig gefoltert. Ehemalige Insass:innen berichten von Schlägen und Elektroschocks. Ein ehemaliger chinesischer Polizist berichtet gegenüber der tagesschau, dass bereits das Verhör und die Festnahme gewalttätig verlaufen. Auch dabei werden Verhaftete geschlagen oder sind Schlafentzug ausgesetzt.

Unter den Inhaftierten finden sich vor allem Angehörige der Uigur:innen und anderer muslimischer Minderheiten. Amnesty International spricht von einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit. So gehe die Regierung unter dem Vorwand der „Terrorbekämpfung“ gewaltsam gegen unschuldige Menschen vor, um andere Religionen, lokale Sprachen und Kulturen auszurotten. Die NGO berichtet von grausamen Foltermethoden und Misshandlungen, die den Inhaftieren körperlich und mental schwer zusetzen.

Laut Recherchen der tagesschau zwingt die Regierung die Verhafteten in allen Gefängnissen zu Zwangsarbeit. Acht bis zehn Stunden am Tag müssen die Insass:innen der Arbeitslager auf den Feldern Baumwolle pflücken. Pausen gibt es nicht. Andere werden in Fabriken geschickt, wo sie den ganzen Tag lang Kleidung nähen müssen. Wer seine Arbeit nicht gut macht oder sich weigert, wird zurück ins Gefängnis geschickt und erneut schwerer Folter ausgesetzt.

Ausbeutung für wertvolle Baumwollfasern

Alle verdächtigten deutschen Marken streiten den Handel mit Xinjiang ab.
Alle verdächtigten deutschen Marken streiten den Handel mit Xinjiang ab.
(Foto: CC0 / Pixabay / isaaakc)

Die chinesische Regierung streitet die Vorwürfe zur systematischen Zwangsarbeit in Xinjiang vehement ab. So erfolge die Ernte auf den Baumwollfeldern mittlerweile nahezu vollständig durch Maschinen. Auswertung von Satellitenbildern zeigen hingegen, dass etwa ein Drittel der Felder in jüngster Zeit per Hand gepflückt wurden.

Zudem sind Maschinen nicht geeignet, um die als hochwertig geltende Baumwolle zu pflücken. Denn Baumwolle wird wertvoller, je länger ihre Fasern sind. Und diese langen Fasern erhält man nur bei Handarbeit. Für die riesigen Feldern in Xinjiang finden sich jedoch nicht genug Freiwillige, die die anstrengende Arbeit übernehmen. Arbeitskräfte dafür angemessen zu bezahlen, ist der Provinz zu teuer. Deshalb beuten sie Uigur:innen, Kasach:innen, Hui-Chines:innen und andere muslimische Gruppen für die wertvollen Baumwollfasern aus.

Da die Arbeiter:innen lange Arbeitstage und keine Pausen haben und vor allem keinen Lohn bekommen, ist das Endprodukt entsprechend günstig für deutsche Unternehmen. Alle verdächtigten Marken aus der investigativen Recherche streiten den Handel mit Xinjiang jedoch ab. Adidas antwortete den Journalist:innen, Baumwolle aus anderen Ländern zu nutzen. Puma behauptete, dass sich in ihren Artikeln keine Baumwolle aus Xinjiang befände. Hugo Boss und Jack Wolfskin gaben an, keine Zwangsarbeit zu tolerieren. Tom Tailor äußerte sich gar nicht.

Wenn du bewusst Mode kaufen möchtest, für die keine Menschen ausgebeutet und unterdrückt werden, empfehlen wir auf Fair Fashion zu setzen. So gibt es Labels und Zertifikate, die eine sozial faire Produktion garantieren. Mehr dazu erfährst du in unserer Bestenliste für Fair-Trade-Kleidung oder im Artikel Fair Fashion: Die wichtigsten Marken, die besten Shops für faire Mode

Weiterlesen auf Utopia.de:

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.

Gefällt dir dieser Beitrag?

Vielen Dank für deine Stimme!

Verwandte Themen: