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Mittel gegen sexuelle Unlust gefunden? Studie testet Hormontherapie

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Foto: CC0 Public Domain - Unsplash/ Toa Heftiba

Manche Menschen würden gerne mehr Lust auf Sex verspüren. Forscher:innen haben untersucht, ob das Hormon Kisspeptin bei unfreiwilliger sexueller Unlust hilft. Bisher gibt es wenige Behandlungsansätze.

Die Libido kann sich von Mensch zu Mensch stark unterscheiden. Manche verspüren wenig oder keine sexuelle Lust und leiden unter diesem Zustand. Ein Forscher:innen-Team hat eine neue Behandlungsmethode untersucht – mittels des Hormons Kisspeptin. Eine neue britische Studie, die im Fachmagazin „JAMA Network Open“ veröffentlicht wurde, widmete sich dieser Hormonbehandlung von Männern*. Zuvor war schon eine zu Frauen* erschienen.

Sexuelle Unlust kann verschiedene Ursachen haben

Ob man in einer bestimmten Situation sexuelle Lust verspürt, hängt von verschiedensten Faktoren ab. Zu ihnen zählen persönliche sexuelle Vorlieben, Geschlechtshormone, psychische Faktoren wie Stress und bei Frauen der Zyklus. Manche Menschen haben einen stärkeren Sexualtrieb als andere, manche keinen. Manche empfinden eine geringere Libido nicht als störend. Andere schon.

Ein unfreiwilliger anhaltender oder wiederkehrender Mangel an sexuellem Verlangen und Fantasien kann Betroffene stark belasten. Gibt es für den Zustand keine organischen Ursache, und verursacht er Leiden oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten, wird die sexuelle Unlust als Hypoactive Sexual Desire Disorder (HSDD) bezeichnet. Den Studienautor:innen zufolge sind weltweit bis zu 8 Prozent der Männer und 10 Prozent der Frauen betroffen.

Kisspeptin gegen sexuelle Unlust? So funktioniert das Hormon

Für die neue Studie wurden 32 Männer untersucht, die an HSDD leiden. Die Studie zuvor hatte 32 Frauen mit HSDD analysiert, die sich noch nicht in der Menopause befanden. Beide Untersuchungen verliefen ähnlich:

Die weiblichen Teilnehmerinnen wurden in einem Abstand von mindestens einem Monat zweimal untersucht, die männlichen Teilnehmer im Abstand von mindestens sieben Tagen. Bei ihrem ersten Termin erhielten sie entweder das Hormon Kisspeptin oder ein Placebo als Injektion, bei ihrem zweiten Termin das jeweils andere Präparat. Weder Proband:innen noch Forscher:innen wussten, wann das Hormon und wann das Placebo verabreicht wurde. Kisspeptin wird im menschlichen Gehirn freigesetzt und regt die Ausschüttung anderer Sexualhormone an. Es trägt unter anderem zur Regulierung der Pubertät und des Menstruationszyklus bei Frauen bei.

Die Forscher:innen zeigten den Proband:innen beider Studien anschließend unter anderem neutrale und erotische Videos. Frauen zeigten sie auch Bilder von Gesichtern, diese waren den Forscher:innen zufolge unterschiedlich attraktiv. Parallel maßen die Wissenschaftler:innen neurologische, physiologische und hormonelle Reaktionen der Testpersonen und beobachteten ihre Hirnaktivität.

Kisspeptin-Experiment: Veränderte Hirnaktivität und stärkere Penisschwellung

Beide Studien stellten fest, dass Kisspeptin die Hirnaktivität von Proband:innen beeinflussten. Bei Frauen stellten die Forscher:innen mehrere Korrelationen fest. Schauten Probandinnen mit Kisspeptin-Injektion erotische Videos, verstärkte sich beispielsweise die Aktivität im Hippocampus. Andere Hirnregionen reagierten verstärkt auf attraktive männliche Gesichter.

Auch bei Männern stellten die Forscher:innen eine signifikante Auswirkung auf die Gehirnaktivität fest, während die Probanden Erotikvideos schauten. Sekundäre Analysen zeigten unter anderem eine „signifikanten Zunahme der Penisschwellung“ als Reaktion auf die Videos – diese lag bis zu 56 Prozent über der Reaktion bei Placebo.

Bisher kaum Behandlunsgmöglichkeiten bei HSDD

Die Forscher:innen sehen in Kisspeptin das Potenzial, die erste pharmakologische Behandlung für Männer mit geringem sexuellen Verlangen zu sein. Auch für die Behandlung von Frauen lege die Studie den Grundstein.

Dr. Alexander Comninos vom Imperial College London, ein Co-Autor beider Studien, erklärte in einer Pressemitteilung: „Obwohl HSDD relativ häufig vorkommt, sind die Behandlungsmöglichkeiten für Frauen begrenzt, haben erhebliche Nebenwirkungen und in einigen Fällen kann der Versuch einer Behandlung schaden.“ Für Männer gäbe es derzeit keine zugelassenen Behandlungen und es seien auch keine in Aussicht. Daher bestehe ein großer Bedarf an neuen, sichereren und wirksameren Therapien gegen HSDD.

Die Studien erbringen Comninos zufolge einen ersten Nachweis, dass Kisspeptin eine potenziell sichere und wirksame Therapie für Frauen und Männer mit beeinträchtigendem geringem sexuellen Verlangen ist. Das Imperial College kündigte größere Studien bei anderen Patientengruppen an.

*Anm. d. Red.: Hier ist vom biologischen Geschlecht die Rede.

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