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Nach Hetze und Verschwörung: Xavier Naidoo zeigt sich reumütig – wirklich?

Xavier Naidoo hat recht, wenn er sagt, man müsse sich kritisch mit seinen eigenen Taten auseinandersetzen. Doch warum bleibt er dann derart vage in seinen Aussagen?
Foto: Screenshot Youtube Xavier Naidoo

Zuerst Treiber von Verschwörungsnarrativen und antisemitischem Hass, nun angeblich geläuterter Popstar: Xavier Naidoo gesteht auf YouTube „Fehler“ ein. Er habe sich bei der Wahrheitssuche „verrannt“. Naidoo gibt den Reumütigen, allerdings bleibt er Antworten schuldig. Ein Kommentar.

Auf „Irrwegen“ habe er sich befunden, zu dieser Einsicht sei er nun gekommen: Xavier Naidoo, einst gefeierter Popstar und Soulsänger, distanziert sich plötzlich von Verschwörungsideologien, Extremismus, Hass und Antisemitismus – nachdem Naidoo selbst, insbesondere während der Corona-Pandemie, rechtsextreme Hetze und Narrative verbreitet hatte.

In einem rund dreiminütigen Video erklärt der 50-Jährige am Dienstagabend auf seinem YouTube-Kanal: „Ich habe Dinge gesagt und getan, die ich heute bereue.“ Und weiter: „Mir ist bewusst geworden, wie wichtig es ist, sich selbst zu reflektieren. Ich habe erkannt, auf welchen Irrwegen ich mich teilweise befunden habe. Und, dass ich in den letzten Jahren viele Fehler gemacht habe.“

„Ich war von Verschwörungserzählungen geblendet“

Mit „verstörenden Äußerungen“, für die er sich entschuldigen möchte, habe er seine Familie, Freunde, Fans und andere Menschen „irritiert und provoziert“. Er habe nach eigenen Aussagen nach der Wahrheit gesucht, und sich dabei „verrannt“. Er sei für Theorien, Sichtweisen und „teilweise auch Gruppierungen“ empfänglich gewesen, „von denen ich mich ohne Wenn und Aber distanziere und lossage. Ich war von Verschwörungserzählungen geblendet und habe sie nicht genug hinterfragt, habe mich zum Teil instrumentalisieren lassen.“

Als Grund für seinen Sinneswandel nennt der Sänger den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, von dem seine Frau – laut Naidoo selbst aus der Ukraine stammend – betroffen sei. „Aus diesem wunderschönen Land musste ich jetzt Familie und Freunde rausholen, weil dort Angst und Schrecken herrschen“, sagt Naidoo. Er habe wissen wollen, wie es so weit kommen konnte – und dabei habe er sich mit seinen eigenen Äußerungen konfrontiert gesehen.

Monatelange Hetze ist nicht in drei Minuten wiedergutzumachen

Naidoos Statement ist bemerkenswert. Weniger, weil Naidoo ganz plötzlich das Bild eines geläuterten Popstars zeichnet, der zuvor noch in der Corona-Pandemie tatkräftig – vor allem über den Nachrichtenmessenger Telegram – rechte Verschwörungstheorien verbreitet hat.

Sondern, weil Naidoo seinen Zuschauer:innen vermittelt, man könne monatelange Hetze gegen Impfbewürworter:innen, Politiker:innen, Jüd:innen – die Mobilisierung des rechten Rands – mit einem Drei-Minuten-Video wettmachen.

Es bleibt die Frage: Ist sich Naidoo der Tragweite seines vergangenen Handelns bewusst? Schließlich hat er nicht sein Auto falsch geparkt, sondern jene Menschen in ihren Ansichten befeuert, die zum Teil gewaltsam gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung protestiert haben. Wenn Naidoo von „irritiert und provoziert“ spricht, klingt das verharmlosend.

Glaubwürdigkeit lebt von Transparenz

Der Sänger hat recht, wenn er sagt, man müsse sich kritisch mit seinen eigenen Taten auseinandersetzen. Doch warum bleibt er dann – wenig kritisch – derart vage in seinen Aussagen? „Manchmal“ habe er sich „vom Bezug zur Realität“ entfernt, heißt es unter anderem in dem YouTube-Video. „Teilweise“ habe er sich auf Irrwegen befunden und mit fragwürdigen Gruppierungen geliebäugelt. Hat er seiner Ansicht nach also nur teilweise falsch gehandelt? Wie meint er das? Und welche seiner „verstörenden Äußerungen“ genau bereut er – inwiefern?

Es ist menschlich, im Nachhinein vieles besser zu wissen, anders machen zu wollen, ja zu bereuen. Doch die Glaubwürdigkeit einer Entschuldigung – sofern sie denn ernst gemeint ist – lebt davon, die eigenen Fehler konkret zu benennen. Aus Respekt vor den Betroffenen.

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