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Bus und Bahn für 9 Euro im Monat: in wenigen Wochen könnte es so weit sein

City-Ticket Bahn
Foto: CC0 / Pixabay / MichaelGaida

Schon in wenigen Wochen könnte es so weit sein: 9 Euro pro Monat für die Öffis. Die Ampelkoalition beschloss angesichts der steigenden Energiepreise auch weitere Maßnahmen. Wie das Entlastungspaket für Bürger:innen aussieht und wann es greift, erfährst du hier.

Die Spitzen der Ampel-Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP haben sich im Zuge der angestiegenen Energiepreise auf ein Entlastungspaket verständigt. Geplant sind „umfangreiche und entschlossene Maßnahmen“ zur Entlastung der Bürger:innen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstagmorgen aus Koalitionskreisen erfuhr. Die Koalition habe sich außerdem auf Maßnahmen zur Stärkung der „energiepolitischen Unabhängigkeit“ verständigt. Unter anderem sollen für 90 Tage ÖPNV-Tickets nur 9 Euro pro Monat kosten. Und es könnte bereits im Mai so weit sein.

Unterstützung der „Mitte der Gesellschaft“

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch bestätigte im ZDF-„Morgenmagazin“ eine Einigung der Koalition auf ein Entlastungspaket. Es gehe darum, die „Mitte der Gesellschaft“ zu entlasten, nicht nur bei der Mobilität, sondern auch bei Heizkosten, sagte Miersch. Er sprach von sehr konstruktiven Gesprächen. Er sei „froh und glücklich“, dass es gelungen sei, ein zweites Entlastungspaket zu schnüren. Miersch war Mitglied einer Arbeitsgruppe der Koalition.

In der Debatte waren mehrere Maßnahmen beschlossen worden, um Bürger:innen und Unternehmen zu entlasten. Ein Vorstoß von FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner für einen Tankzuschuss war allerdings auf Widerstand bei den Koalitionspartnern gestoßen. SPD und Grüne wollen Mobilität zwar auch günstiger machen, dabei aber Menschen mit kleinem Einkommen stärker entlasten. Die Grünen dringen zudem auf Maßnahmen zum Energiesparen.

Gasheizungen kosten zwischen 4.000 und 6.000 Euro
Gasheizungen bezeichnet der Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) als „Auslaufmodell“. (Foto: CC0 / Pixabay / avantrend)

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hatte mehr Anstrengungen beim Energiesparen zur Bedingung für ein Entlastungspaket gemacht. Er hatte zum Beispiel Gasheizungen als „Auslaufmodell“ bezeichnet.

Entlastungspaket soll Bus- und Bahnfahren günstig wie nie machen

Die angekündigten Maßnahmen des Entlastungspakets lauten:

  • Spritpreissenkung“ bzw. Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate (bei Benzin um 30 Cent, bei Diesel um 14 Cent)
  • Investitionen in den Öffentlichen Personennahverkehr
  • Steuerliche Energiepreispauschale von 300 Euro für alle Erwerbstätigen
  • Verbesserung der Energieeffizienz, z.B. durch Förderungen für den Austausch von Gasheizungen
  • Einmalbonus für Familien in Höhe von 100 Euro pro Kind
  • Einmalzahlung für Empfänger:innen von Sozialleistungen in Höhe von 100 Euro pro Person

In dem Ergebnispapier wird ebenfalls festgehalten, dass man die Kohlekraftwerke „länger in Sicherheitsbereitschaft halten“ wolle, um den Gasverbrauch in der Stromerzeugung kurzfristig zu reduzieren. „Dabei halten wir am Ziel Kohleausstieg idealerweise bis 2030 fest“, stellt die Grünen Vorsitzende klar. Eine Stilllegung von Kohlekraftwerken nach Überprüfung durch die Bundesnetzagentur könne jedoch bis auf Weiteres ausgesetzt werden.

Vor allem bei Bus- und Bahnfahrten soll sich etwas durch das Entlastungspaket bewegen: ÖPNV-Tickets sollen für 9 Euro (pro Monat) für 90 Tage erhältlich sein. Ricarda Lang (Vorsitzende der Grünen) meint dazu: „Wir machen Bus- und Bahnfahren so billig, wie es in Deutschland wahrscheinlich noch nie war.“

Wann gibt es das günstige ÖPNV-Ticket?

Angekündigt wurde das Ticket für 9 Euro pro Monat für die öffentlichen Verkehrsmittel bereits. Die Umsetzung steht jedoch noch aus, und dafür bedarf es einiger Abstimmung. So müssen sich 450 Unternehmen und 60 Verkehrsverbünde verständigen, wie und wann das 9-Euro-Ticket eingeführt wird.

Viele Fragen zur praktischen Umsetzung sind noch unklar, zum Beispiel über welche Tarifgebiete sich das 9-Euro-Ticket erstrecken soll. In einigen Verkehrsverbünden ist die Reichweite einer einfachen Fahrkarte sehr hoch, in anderen nicht. Die Nahverkehrstarife in Deutschland sind sehr unterschiedlich, was die Abstimmung der Verkehrsunternehmen erschwert. Noch dazu sind bundesweite Vorgaben in Sachen Verkehr komplex.

Inzwischen fordert die Mehrheit der Verkehrsminister:innen sogar, Tickets für 90 Tage kostenlos zu machen, um so Aufwand und Kosten für Administration zu sparen. Aktuell berechnet die Branche, wieviel die Umsetzung des 9-Euro-Tickets kostet. Die Bundesregierung hat bereits zugesagt, das Geld dafür bereitzustellen.

Auch für ÖPNV-Stammkund:innen sollen die Maßnahme des Entlastungspakets vorteilhaft sein. Ob sie zum Beispiel in Form einer Rückerstattung oder einer Gutschrift eine Vergünstigung erhalten, wird noch abgestimmt. Angeboten werden könnte das 9-Euro-Ticket jedoch bereits ab Mai oder Juni, wie Lars Wagner, Sprecher des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), mitteilt.

Umsetzung des Entlastungspakets könnte Monate dauern

Für viele der angekündigten Maßnahmen werden Gesetzesanpassungen nötig sein, die wiederum zuerst das Kabinett, den Bundestag und teils den Bundesrat passieren müssen. In der Regel kann dies bereits mehrere Monate beanspruchen. Zwar kann das Verfahren durch die Fraktion beschleunigt werden kann, jedoch ist mit einigen Monaten zu rechen, bis die einzelnen Maßnahmen des Entlastungspakets umgesetzt werden können.

Gas, Öl, Kohle: Unabhängigkeit von russischen Importen

Abgesehen von einer Entlastung der Bürger:innen ist es ebenfalls Ziel der Bundesregierung, die Abhängigkeit Deutschlands von Gas, Öl und Kohle aus Russland zu verringern, vor allem angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Ein Energieembargo lehnt die Regierung ab.

Erschwert werden dürften die Beratungen durch die überraschende Ankündigung von Russlands Präsident Wladimir Putin, dass russische Gaslieferungen künftig in Rubel bezahlt werden sollen. Habeck nannte die Ankündigung einen Bruch der Verträge. Die Bundesregierung werde mit ihren europäischen Partnern über den Schritt beraten. Die Gaswirtschaft zeigte sich irritiert.

Mit Power-to-Gas können in Deutschland jetzt schon große Mengen an Strom gespeichert werden.
Wichtiger Punkt der Verhandlungen: die Stärkung der energiepolitischen Unabhängigkeit, z.B. in Sachen Gas- und Ölimporten aus Russland (Foto: CC0 / Pixabay / Free-Photos)

Die Koalition hatte sich im Februar, noch vor Ausbruch des Ukraine-Krieges, auf ein erstes Entlastungspaket geeinigt. Dieses sah unter anderem vor, die milliardenschwere EEG-Umlage über die Stromrechnung ab Juli abzuschaffen. Zuvor war dies für Anfang 2023 geplant. Außerdem ging es bei dem Paket um eine Erhöhung der Pendlerpauschale für Fernpendler:innen.

Utopia meint: Ein Entlastungspaket für Bürger:innen ist sinnvoll, solange dies auch (oder vor allem) Haushalten mit geringerem Einkommen zugute kommt. Für noch wichtiger halten wir jedoch unmittelbare Maßnahmen und Weitsicht, wenn es um energiepolitische Unabhängigkeit geht. Insbesondere sollte aber die Energiewende jetzt an oberster Stelle der Tagesordnung stehen und Versäumnisse der Vergangenheit hinsichtlich erneuerbarer Energien aufgeholt werden.

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