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„Zukunfts-Lebensmittel“: Ernährung mit Laborfleisch soll klimafreundlicher sein als vegan

Studie: "Optimierte omnivore Ernährung" kann genau so klimafreundlich sein wie vegane
Foto: CC0 Public Domain – Unsplash/ NordWood Themes, Ghaly Wedinly

Viele Menschen sind auch deshalb vegan, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Eine Studie finnischer Forscher:innen hat untersucht, wie das auch mit einem Lebensstil gelingen kann, der tierische Produkte nicht ganz ausschließt („omnivor“) – und wie, wenn man Fleisch und Co. durch „Zukunfts-Lebensmittel“ ersetzt.

Zahlreiche Studien haben bewiesen, dass eine vegane Ernährung besonders klimafreundlich ist. Doch nun ist ein finnisches Forschungsteam zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Ernährung mit sogenannten novel and future foods (also “neuartige und Zukunfts-Lebensmittel“, kurz NFF) Umweltauswirkungen theoretisch noch mehr reduzieren könnte.

Als neuartige Lebensmittel bezeichnen sie u.a. Lebensmittel, die mit Hilfe neuer Produktionstechnologien hergestellt werden, wie Fleisch aus Zellkulturen. Zukunfts-Lebensmittel sind Lebensmittel, die wir in Zukunft wahrscheinlich vermehrt produzieren und konsumieren werden, zum Beispiel Insekten oder Spirulina. Die Resultate haben die Forscher:innen in der Fachzeitschrift „Nature Food“ veröffentlicht.

Forscher:innen untersuchen Ernährungsweisen: vegan, omnivor und NFF

Die finnischen Forscher:innen haben für ihre Untersuchung drei „optimiere Ernährungsformen“ entwickelt: vegan, omnivor und auf Basis von NFF. Optimiert bedeutet, dass die Ernährung so gestaltet ist, dass die Umweltauswirkungen minimal sind – sie aber immer noch u.a. die nötige Menge an Nährwerten liefert. Omnivoren nehmen in dem Modell also zum Beispiel deutlich weniger tierische Produkte zu sich als der Durchschnitt der europäischen Bevölkerung.

Die Studie untersuchte drei Szenarien, für die jede Ernährungsweise so optimiert wurde, dass die Auswirkungen für den Land- oder für den Wasserverbrauch, oder die Treibhausgasbilanz minimiert wurden. So waren zum Beispiel in der wasser- und landschonenden Variante der omnivoren Ernährung Milchprodukte in gewissem Rahmen erlaubt, in der treibhausgasschonenden Variante aber nicht. Dann verglich das Team die Werte mit denen einer durchschnittlichen Ernährung von Menschen in Europa.

Das Ergebnis:

  • Die „optimierte omnivore Ernährung“ und die „optimierte vegane Ernährung“ senkten die Auswirkungen auf die untersuchten Bereiche sehr ähnlich, nämlich um jeweils 81 bis 84 Prozent.
  • Die optimierte Ernährung, bei der tierische Nahrungsmittel mit NFFs wie Labormilch und -fleisch, Insekten oder aus Pilzen gewonnenes Eiweiß ersetzt wurden, konnte Auswirkungen sogar noch ein paar Prozentpunkte mehr reduzieren, nämlich um 83 bis 87 Prozent.

Klimaschutz: Wieso vegane und omnivore Ernährung gleichauf liegen

Zu den NFF zählen unter anderem Laborfleisch und Labormilch.
Zu den NFF zählen unter anderem Laborfleisch und Labormilch. (Foto: Foto: CC0 Public Domain – Pixabay/ publicdomainpictures)

Gegenüber der deutschen Presseagentur und dem Magazin Geo betonen die Forscher:innen um Rachel Mazac von der Universität Helsinki, dass novel/ future foods nicht nur Klima und Umwelt schonen, sondern auch ernährungsphysiologisch sinnvoll sind. „Im Vergleich zu derzeit erhältlichen pflanzenbasierten proteinreichen Optionen wie Hülsenfrüchten und Getreide können NFFs ein vollständigeres Spektrum an essenziellen Nährstoffen enthalten wie Eiweiß, Kalzium, Vitamin B12 und mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren.“

Die Studie beweist  außerdem, dass man allein durch den Verzicht auf Fleisch schon viel erreichen kann. Allein dessen Reduzierung oder gar Ausschluss mache etwa 60 Prozent der positiven Bilanz der ökologisch optimierten Ernährungsformen aus, heißt es in der Studie.

Dass die omnivore und die vegane Variante gleichauf liegen, liegt daran, dass die „optimierten omnivore Ernährung“ tierische Lebensmittel nahezu ausschließt. Eine omnivore Ernährung, bei der 20 Prozent der Menge an Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten konsumiert werden, die Europäer:innen im Durchschnitt essen, konnte Umweltauswirkungen nur um etwa 70 Prozent senken.

Kritik an der Studie: Neuartige Lebensmittel sind nicht unbedenklich

Die finnische Studie zeigt auf: Es gibt vielfältige Möglichkeiten, unsere Ernährung klimafreundlicher zu gestalten. Doch an der Bewertung der NFF stören sich Expert:innen.

Florian Humpenöder von der Abteilung Transformationspfade am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), gibt gegenüber der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) zu bedenken: „Gerade für neuartige Lebensmittel, die sich noch in der Entwicklung befinden – wie Milch aus Zellkulturen –, gibt es größere Unsicherheiten hinsichtlich der Umweltauswirkungen“ und verweist auf den Energieverbrauch. Denn beispielsweise Bioreaktoren zu heizen benötigt viel Strom, und wenn dieser nicht aus erneuerbaren Energien stammt, wirkt sich das auf die Energiebilanz des produzierten Lebensmittels aus.

Franziska Gaupp, Gastwissenschaftlerin in der Abteilung Klimaresilienz des PIK, weist gegenüber der NZZ darauf hin, dass die Studie ausschließlich positive Auswirkungen von kultiviertem Fleisch auf die Gesundheit hervorhebe. „Sie vergisst, dass die Auswirkungen von der Zusammensetzung der finalen Produkte abhängen. Viele vegetarische Burger, die gerade auf dem Markt sind, haben beispielsweise einen zu hohen Salzgehalt und damit negative Auswirkungen auf die Gesundheit.“

Utopia meint: Ob nun vegan oder „optimiert omnivor“: Die Studie zeigt, dass wir unseren Konsum tierischer Lebensmittel drastisch reduzieren müssen. Das kommt nicht nur der Umwelt zugute, sondern auch den Tieren, deren Haltungsbedingungen in Massentierhaltungsbetrieben immer wieder für Skandale sorgen. Der Verzicht mag anfangs nicht leicht fallen, aber hier findest du Tipps um weniger Fleisch zu essen und ein bisschen veganer zu werden.

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