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„Umweltsauerei des Jahres“: Negativpreis geht an die Stadt Emden

Der Naturschutzbund verleiht den Negativpreis "Dinosaurier 2021" an Emden.
Foto: Nabu / Jonas Voß

Auf einer grünen Wiese in Emden soll ein Neubaugebiet gebaut werden. Für die Pläne verlieh der Naturschutzbund der Stadt einen Negativpreis.

Der kleine, silberne Dinosaurier ist aus Zinn gegossen und wiegt 2,6 Kilogramm. Ihn überreichte der Naturschutzbund Nabu am Montag der Stadt Emden. Grund dafür ist ein geplantes Neubaugebiet. Auf 75 Hektar Feuchtwiesen, die nach Einschätzung des Nabu ökologisch besonders wertvoll sind, sollen Wohnhäuser entstehen.

Flächenverbrauch und ökologische Schäden

„Fläche ist in Deutschland ein knappes Gut“, sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger in einer Online-Pressekonferenz. Er kritisierte, dass immer noch viel Raum für Wohnen, Gewerbe oder Verkehr umfunktioniert werde. „Insofern ist Emden überall in Deutschland.“ Diese Flächen fehlten der Land- und Forstwirtschaft und zum Erhalt der Ökosysteme. Der Preis steht also „symbolisch für den Flächenfraß in ganz Deutschland“.

Laut Statistischem Bundesamt wurden 2019 im Durchschnitt jeden Tag 52 Hektar neue Fläche bebaut. Das Ziel der Bundesregierung in der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist es, den Gebrauch bis 2030 auf 30 Hektar am Tag zu senken. Eine Kreislaufwirtschaft ohne Gebrauch neuer Flächen wird bis 2050 angestrebt. Diese „Nettonull“ müsse schneller erreicht werden, forderte Krüger. „Wir brauchen sie in den nächsten zehn Jahren.“ Als positives Beispiel nannte er Rheinland-Pfalz, wo bereits weniger als ein Hektar täglich neu für Siedlungen oder Verkehr bebaut werde.

Die Wiesenfläche ist die Heimat von 56 Brutvogelarten und 27 Rastvogelarten.
Die Wiesenfläche ist die Heimat von 56 Brutvogelarten und 27 Rastvogelarten. (Foto: Nabu / Michael Rueger)

Neben dem Flächenverbrauch kritisierte der Nabu an dem Emder Neubauprojekt, dass es ökologisch schädlich sei. Auf dem artenreichen Grünland siedelten 14 gefährdete Pflanzenarten, sagte Jan Schürings vom Nabu Ostfriesland. 56 Brutvogelarten und 27 Rastvogelarten seien dort zu finden. Zudem sei der Marschboden nicht tragfähig für Gebäude, sondern müsse verdichtet werden. Das Gelände liege teils tiefer als der Meeresspiegel, es müsse also entwässert werden.

Dinosaurier ist Negativpreis seit 1993

Den Negativpreis verleiht der Nabu seit 1993. Zunächst wurden dafür Politiker:innen oder Manager:innen ausgewählt; seit 2020 werden Bauprojekte mit der „Umweltsauerei des Jahres“ ausgezeichnet. Den „Dinosaurier 2020“ hatte der Nabu der geplanten Hafenautobahn A26 in Hamburg verliehen, die aus seiner Sicht überdimensioniert und nicht mehr zeitgemäß sei. Die Anlehnung an die ausgestorbene Riesenechse soll ein nach Nabu-Meinung antiquiertes Denken in Natur- und Umweltschutzfragen verbildlichen.

Stadt verteidigt Pläne

Die Stadt Emden verteidigte ihre Planung. „Wir sehen das komplett anders als der Nabu“, sagte ein Stadtsprecher. Emden brauche Bauland, um junge Familien in der Stadt halten zu können. Gerade das Neubaugebiet Conrebbersweg sei klimaschonend geplant. Geheizt werde ohne fossile Brennstoffe, viele Gebäude sollten Solaranlagen bekommen.

Lösungsvorschlag des Nabu

Die Diskussion um die Flächenversiegelung ist komplex: soziale Aspekte, Verfügbarkeit von Arbeit, Fragen von Infrastruktur und Verkehr. In den Ballungsgebieten werden pro Jahr 400.000 Wohnungen neu gebaut, gleichzeitig stehen im ländlichen Raum rund zwei Millionen Wohnungen leer.

Der Nabu hat dafür einen Lösungsansatz: Flächen nachhaltig und effektiv nutzen. Bei einer Innenverdichtung werden die Flächen innerorts geprüft, ob sie bebaut, umgebaut oder aufgestockt werden können. Zudem bewahre moderne Stadtplanung ausreichend unversiegelte Flächen, auf denen beispielsweise Wasser versickern oder schattenspendende Bepflanzung entstehen kann.

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