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Corona-Effekt für’s Klima? Gab es ihn wirklich?

Was hat der Corona-Effekt für den Klimaschutz gebracht?
Foto: CC0 Public Domain / Pexels - Chris LeBoutillier

Nach einem Rückgang des CO2-Ausstoßes durch Corona, sind die Emissionen nun wieder gestiegen. Besonders zwei Sektoren sind für die Entwicklung verantwortlich.

Nach einer kurzen Erholung zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 ist der Ausstoß von Treibhausgasen 2021 um 33 Millionen Tonnen oder 4,5 Prozent gestiegen. Damit hat die Regierung ihre Ziele deutlich verfehlt: Eigentlich war schon für 2020 das Ziel gesetzt, den Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Doch selbst 2021 liegen die Emissionen nur um 38,7 Prozent unter den Werten von 1990. Dies geht aus vorläufigen Daten des Umweltbundesamtes sowie des Wirtschafts- und Klimaministeriums hervor, die am Dienstag vorgestellt wurden.

Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 2020 ist fast zur Hälfte schon wieder verloren“, beklagte der Chef des Umweltbundesamtes Dirk Messner. Ein Teil der niedrigeren Emissionen 2020 war nach früheren Angaben der Corona-Pandemie zuzuschreiben, durch sinkende Mobilität und Produktionsrückgänge.

Das Umweltbundesamt und das Wirtschafts- und Klimaministeriums gaben am Dienstag vorläufige Zahlen zum Ausstoß der Treibhausgase bekannt.
Das Umweltbundesamt und das Wirtschafts- und Klimaministerium gaben am Dienstag vorläufige Zahlen zum Ausstoß der Treibhausgase bekannt. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Deutschlands Klimaziele sehen vor, das Land bis 2045 treibhausgasneutral zu machen. „Treibhausgasneutral“ bedeutet, dass so wenig Treibhausgase wie möglich in die Atmosphäre abgegeben werden und die unvermeidbaren Emissionen vollständig kompensiert werden müssen. Das Zwischenziel für 2030 sieht Einsparungen von 65 Prozent gegenüber 1990 vor.

Dazu müssten die Emissionen jedes Jahr um sechs Prozent sinken, sagte Messner. „Seit 2010 waren es im Schnitt nicht einmal zwei Prozent.“ Die 20er Jahre seien das entscheidende Jahrzehnt. „Wenn wir diese Dekade verpassen, können wir unsere Klimaziele national und global nicht mehr in den Griff bekommen.“

Der Verzicht auf Gas aus Russland wird sich kurzfristig negativ auf die Klimabilanz auswirken

Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP will den Ausbau erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne deutlich vorantreiben – auch im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, der das Verhältnis zum wichtigsten Gaslieferanten, Russland, beeinträchtigt. Dazu zählte Klima-Staatssekretär Patrick Graichen auch das geplante Klimaschutz-Sofortprogramm.

Wenn Deutschland sich von Gas aus Russland löse, werde sich dies kurzfristig negativ auf die Klimabilanz auswirken, weil stärker Kohle genutzt werden dürfte. „Kommt es kurzfristig zu mehr Emissionen? Das ist zu erwarten, ja“, sagte Graichen mit Blick auf den Strommarkt. Gleichzeitig werde die Regierung aber bei Verkehr, Gebäuden und erneuerbaren Energien „massiv auf die Tube“ drücken.

Deshalb sind die CO2-Emissionen angestiegen

Der Anstieg der Treibhausgas-Emissionen hat zwei Gründe. „Der erste Grund ist: Die Corona-Krise neigt sich dem Ende zu. Deswegen springt die Konjunktur wieder an – und mit der Konjunktur die Emissionen. Und der zweite Punkt ist: Wir sind bei den Erneuerbaren nicht wirklich vorangekommen, wir haben sogar weniger Strom aus Erneuerbaren erzeugt. Das sind die beiden fundamentalen Trends“, so Messner.

Messner: „Das sind die beiden fundamentalen Trends“.
Messner: „Das sind die beiden fundamentalen Trends“. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Insbesondere der Energiesektor verzeichnete laut Umweltbundesamt einen Anstieg an Emissionen von 27 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Das Plus im Energiesektor ist demnach auf eine gestiegene Stromnachfrage sowie geringere Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zurückzuführen, unter anderem wegen wenig Wind und einer stärkeren Nutzung von Kohle.

Die Sektoren „Verkehr“ und „Gebäude“ liegen über den festgelegten Emissionsmengen. Dort bestehe der „größte Handlungsdruck“, sagte Graichen. Der Gebäudesektor verfehlte das Ziel bereits zum zweiten Mal. Messner forderte, Gebäude auf Wärmepumpen umzustellen. Zudem sollten keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden. Auch beim Energiesparen sei Luft nach oben, insbesondere durch Sanierungen.

Im Gebäudesektor könne noch Energie gespart werden zum Beispiel durch die Installation von Wärmepumpen.
Im Gebäudesektor könne noch Energie gespart werden, zum Beispiel durch die Installation von Wärmepumpen. (Foto: CC0 Public Domain / Pixabay - HarmvdB)

Außerdem brauche es mehr Elektrofahrzeuge und der öffentliche Nahverkehr sowie der Rad- und Fußverkehr müssten gestärkt werden, erklärte Graichen.

Der BUND fordert Energiesparen

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert Energiesparen in allen Sektoren, bisherige Maßnahmen würden bei weitem nicht reichen. „Die größten Herausforderungen liegen in den Bereichen Gebäude und Verkehr. Klimaminister Habeck muss für eine bessere Kontrolle der Nachrüstpflichten für bestehende Gebäude sorgen, Ausnahmen streichen und die Pflichten um einfache Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller erweitern“, heißt es in einer Pressemitteilung. Jetzt seien zudem die Weichen für umfassende Modernisierungen in den energetisch schlechtesten Gebäuden zu stellen. Um langfristig auf Klima-Kurs zu kommen, seien Mindesteffizienzstandards nötig.

Auch für den Verkehr fordert der BUND einen Umbau. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) müsse die Mobilitätswende einläuten: „weniger Autos und ein beschleunigter Antriebswechsel von fossilen Energieträgern zur direkten, effizienten StromnutzungErste Sofortmaßnahmen müssen ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen, autofreie Sonntage und ein Stopp von Kurzstreckenflügen sein.“

Utopia meint: Der Rückgang der Emissionen durch Corona war den Umständen geschuldet – und nicht Zeichen einer funktionierenden Klimapolitik. Auf solchen Effekten darf sich die Politik generell nicht ausruhen und muss stets das große Ganze im Blick behalten. Wir müssen so schnell wie möglich Emissionen senken – selbst die Energiewende, die nun endlich Fahrt aufnimmt, ist nur eine Baustelle von vielen.

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