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Was hindert uns daran, gerecht zu sein? Eine Studie liefert neue Hinweise

Was hindert uns daran gerecht zu sein? Eine neue Studie liefert Hinweise
Foto: CC0 Public Domain / Pexels - Liza Summer

Menschen haben lieber mehr als andere, statt in einer gerechten Verteilung zu leben. Das zeigt eine neue Studie aus den USA, bei der Menschen sogar auf Teile ihres Wohlstands verzichten, damit es keine Gleichstellung zwischen ihnen und anderen gibt.

Wenn du mehr bekommst, bekomme ich automatisch weniger. Das denken – laut einer neuen Studie aus den USA – Menschen aus privilegierten Gruppen. Personen achten demnach darauf, wie wohlhabend sie im Vergleich zu anderen sind und möchten ihren relativen Vorteil gegenüber den anderen maximieren. Die Forschenden zeigen mit dieser Metastudie, bestehend aus neun kleineren Studien, wie tief die Vorstellung von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit im menschlichen Denken verankert ist.

Menschen bekommen lieber weniger als genauso viel wie andere

Hauptsache mehr als die anderen, egal für welchen Preis – dafür entschieden sich die Teilnehmer:innen bei einer der Untersuchungen. Innerhalb des Gedankenexperiments befanden sich die Proband:innen in einer finanziell gut aufgestellten Gruppe (Gruppe A). Anschließend wurden ihnen zwei Szenarien mitgeteilt, aus denen sie das subjektiv betrachtet Bessere für sich selbst wählen sollten – nämlich das, in dem sie die Chancen höher einschätzen, mehr Geld zu bekommen.

  • Szenario 1: Gruppe A bekommt ein kleines bisschen mehr Geld. Gruppe B bekommt viel mehr. Alle haben damit gleich viel Geld.
  • Szenario 2: Gruppe A wird ein bisschen Geld abgezogen. Gruppe B im Vergleich deutlich mehr. Beide Gruppen machen Verluste, die Differenz zwischen den beiden Gruppen ist deutlich größer geworden.

Mehrheitlich wurde die zweite Option gewählt. Die Studie zeigt: Privilegierte Menschen empfinden Maßnahmen, die zu größerer Ungleichheit und insgesamt weniger Ressourcen führen, fälschlicherweise als Verbesserung ihres Ressourcenzugangs. Selbst wenn sie dadurch tatsächlich nicht bessergestellt sind.

Innerhalb einer Gruppe ist Gleichstellung okay

Eine der anderen Studien macht deutlich, dass Menschen innerhalb einer Gruppe Gleichstellung nicht schädlich sehen, eine gerechte Behandlung unterschiedlicher Gruppen dagegen schon. Im Gedankenexperiment sollten die Teilnehmer:innen entscheiden, in welchem Szenario die Personen politisch gleichgestellt werden sollen.

  • Szenario 1: Menschen innerhalb einer Gruppe von gleich viel verdienenden weißen Eigenheimkäufer:innen werden unterschiedlich behandelt.
  • Szenario 2: Schwarze Eigenheimkäufer:innen werden anders behandelt als weiße Käufer:innen, obwohl auch sie gleich viel verdienen.

Die Teilnehmenden entschieden sich dafür, dass die Menschen im ersten Szenario gleichgestellt werden sollen. Übertragen lässt sich das laut der Studie auf politische Entscheidungen. Menschen bevorzugen somit Politik, in der alle gleichbehandelt werden – allerdings nur, wenn sich diese „Gleichbehandlung“ ausschließlich auf Mitglieder der eigenen Gruppe bezieht.

In einer eh schon homogeneren Gesellschaft gibt es mehr Maßnahmen zur Gleichberechtigung.
In einer eh schon homogeneren Gesellschaft gibt es mehr Maßnahmen zur Gleichberechtigung. (Foto: CC0 Public Domain / Pexels - Andrea Piacquadio)

Das erklärt laut den Forschenden auch, warum es in Ländern mit tendenziell homogeneren Gesellschaften mehr Gleichstellungsmaßnahmen gibt als in Ländern mit größerer ethnischer und kultureller Vielfalt.

Handeln der Teilnehmenden für die Forschenden unlogisch

Die Ergebnisse der Studien sind für die Forschenden unlogisch. Denn sogar vergangenen Umfragen zufolge seien die meisten in Amerika lebenden Menschen dafür, Schritte zu unternehmen, um mehr Gleichheit zu erreichen. Doch Maßnahmen, die zur Förderung der Gleichstellung abzielen, werden als diskriminierend oder bedrohlich für Mitglieder der begünstigten Gruppe ausgelegt. Die Wissenschaftler:innen sehen darin einen Wiederspruch. Menschen glauben häufig, dass Gleichheit notwendigerweise eine Nullnummer ist – für die Gewinne der Anderen macht man selbst Verluste, aber die eigenen Gewinne gehen nicht auf Kosten anderer.

Erklärungen für die Wahrnehmungen bietet die Studie nicht. Dafür brauche es noch weitere Untersuchungen. Genauso sei es laut den Wissenschaftler:innen notwendig, Studien durchzuführen, die zeigen, wie Menschen in den benachteiligten Gruppen gleichstellungsfördernde Maßnahmen wahrnehmen.

Laut den Forscher:innen bestätigt die Studie ein in den USA anhaltendes Dilemma: „Wenn Sie nur groß sein können, weil jemand auf den Knien ist, dann haben Sie ein ernsthaftes Problem“.

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