Seit Dienstag gibt es schätzungsweise acht Milliarden Menschen auf der Erde, in wenigen Jahrzehnten sollen es bereits 10 Milliarden sein. Einige Expert:innen sehen das rasante Wachstum gelassen – es komme darauf an, wo das Bevölkerungswachstum stattfindet.
Die Weltbevölkerung hat nach Berechnungen der Vereinten Nationen (UN) in etwa am Dienstag die Acht-Milliarden-Marke geknackt. Weil es unmöglich ist, den Überblick über hunderttausende Geburten und Todesfälle pro Tag zu behalten, wurde die Monatsmitte als offizieller Tag für den Menschheits-Meilenstein gewählt. 2037 sollen nach Schätzungen der UN bereits neun Milliarden auf dem Planeten leben, 2058 soll durch das Bevölkerungswachstum die Zehn-Milliarden-Marke geknackt werden.
Die Soziologin Colette Rose, die zu internationaler Demografie forscht, sieht in der Entwicklung erst einmal kein Problem. „Grundsätzlich sind acht oder auch zehn Milliarden nicht zu viele Menschen für den Planeten“, erklärt sie im Interview mit der Tagesschau. Wie viele Menschen unser Planet versorgen könne, hängt ihr zufolge davon ab, wie diese konsumieren, wie viel Energie und Ressourcen sie verbrauchen. „Wenn zum Beispiel alle Menschen so leben würden wie die US-Amerikaner, bräuchten wir fünf Erden.“
„Die Erde kann auch zehn Milliarden nachhaltig und gesund versorgen“
Ähnlich zuversichtlich zeigt sich Rolf Sommer, Fachbereichsleiter Landwirtschaft und Landnutzungswandel beim WWF Deutschland, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Die Erde kann acht und auch zehn Milliarden Menschen nachhaltig und gesund versorgen“, erklärt er, „Dafür muss die Weltgemeinschaft die vorhandene landwirtschaftliche Fläche aber besser nutzen.“ Das bedeute vor allem weniger tierische Erzeugnisse.
Die Demografin Anne Goujon sieht die Entwicklung etwas ernster: „Natürlich lässt sich mit einer kleineren Bevölkerung leichter auskommen„, betont sie gegenüber Zeit Online. „Aber wir haben nicht wirklich eine Wahl, das Wachstum lässt sich nur schwer verhindern. Aus ökologischer Perspektive kommt es vor allem darauf an, wo die Bevölkerung wächst.“
Die Regionen mit dem stärksten Bevölkerungswachstum stoßen aktuell meist vergleichsweise wenig Treibhausgase aus. Bei den Industrienationen sieht das schon anders aus: Studien zufolge sind die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung für etwa 50 Prozent der von der Menschheit emittierten Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Soziale Ungleichheit erschwert Versorgung der Weltbevölkerung
Soziologin Rose sieht in sozialer Ungleichheit ein Problem: Ist diese hoch, werde es sehr schwierig, viele Menschen zu versorgen. Die Industriestaaten müssten deshalb ihren Verbrauch an Ressourcen verringern und die Lebensbedingungen von anderen Menschen müssen verbessert werden – ohne den ökologischen Fußabdruck zu vergrößern. „Und auch da sehen wir schon, dass das möglich ist“, erklärt Rose und verweist auf Traktor-Sharing-Projekte in Kenia und auf flächendeckender Stromversorgung durch Erneuerbare Energien anstelle von Kohlekraftwerken.
Die Verbesserung der Lebensbedingungen soll auch Auswirkungen auf das Bevölkerungswachstum haben: „Wo weniger Menschen sterben, werden weniger geboren“, erklärt Rose. Diese Entwicklung könne man vorantreiben, indem man in Schlüsselbereiche investiert, die nachweislich sowohl die Lebensbedingungen der Menschen verbessern und auch zu sinkenden Kinderzahlen führen. Die Expertin zählt dazu die Gesundheitsversorgung, die Bildung – vor allem von Mädchen, das Fördern von Frauen, von Geschlechtergerechtigkeit und auch die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Bereitstellung von Verhütungsmitteln.
Über 50 Prozent Bevölkerungswachstum durch acht Länder
„Mehr als 50 Prozent des Bevölkerungswachstums bis 2050 entfällt auf nur acht Länder, die meisten davon in Afrika und einige in Asien“, sagte Frank Swiaczny, Wissenschaftler am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Dabei handele es sich um die Demokratische Republik Kongo, Ägypten, Äthiopien, Indien, Nigeria, Pakistan, die Philippinen und die Republik Tansania. In den Ländern südlich der Sahara bekämen Frauen im Durchschnitt 4,6 Kinder, in einigen seien es sogar sechs und mehr Kinder.
Das Bevölkerungswachstum verlangsamt sich aber inzwischen insgesamt und liegt derzeit bei weniger als einem Prozent pro Jahr. Aber erst ab etwa dem Jahr 2080 soll es den UN-Prognosen zufolge kein weiteres Wachstum geben. Dann läge die Zahl der Menschen bei rund 10,4 Milliarden.
Der Homo sapiens tauchte nach aktuellem Kenntnisstand vor etwa 300.000 Jahren auf. Wohl erst kurz nach 1800 lebte dann eine Milliarde Menschen auf der Erde. Von einer Weltbevölkerung von zwei Milliarden im Jahr 1928 bis zu den heutigen acht Milliarden Menschen brauchte es keine 100 Jahre. Das Wachstum von sieben auf acht Milliarden dauerte gar nur 11 Jahre.
(mit Material der dpa)
** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.Gefällt dir dieser Beitrag?