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Angst überwinden: Diese Strategien helfen

Mann, Junge, Angst
Foto: CC0 / unsplash / Andrew Neel

Jeder Mensch hat Ängste. Doch aus Angst meiden wir oft auch Situationen, die sehr wichtig für uns sind. Wir zeigen dir Strategien, um deine Ängste zu überwinden.

Angst – eine sinnvolle Reaktion

Um die eigenen Ängste besser zu verstehen, kannst du einen Blick zurückwerfen. Angst ist eine biologisch sinnvolle Reaktion: Wenn Gefahr droht, sorgt sie dafür, dass Energie für Flucht oder Kampf in unserem Körper mobilisiert wird. Sie kann uns außerdem vor allzu riskante Situationen schützen. Dieser biologische Mechanismus hat uns in vielen Situationen das Überleben gesichert. Die Funktion der Angst besteht also darin, das Leben zu erhalten.

Angst überwinden – ist das überhaupt sinnvoll?

Die meisten Ängste sind durch die Evolution angelegt, z.B. Angst vor großen Höhen, plötzlichen Bewegungen, Schmerz, Blut, bestimmten Tieren oder dem Alleinsein. Unsere Vorfahren waren früher den Gefahrenquellen noch direkt ausgeliefert und benötigten ein gutes Alarmsystem, um ihr Leben zu schützen.

Deshalb geht es bei der Überwindung von Angst auch nicht darum, sie los zu werden. Hätten wir gar keine Angst, dann würden wir in wirklich bedrohlichen Situationen nicht adäquat reagieren können. So ist es auch heutzutage noch sinnvoll, dass wir etwa bei einem starken Sturm lieber zu Hause bleiben.

In gewissen Maßen kann Angst in Leistungssituationen sogar vorteilhaft sein. Das Yerkes-Dodson-Gesetz besagt, dass Angst, wenn sie ein mittleres Niveau erreicht, die Leistung bei Lernaufgaben steigern kann. Erst ein Zuviel der Angst wirkt sich negativ auf die Leistung aus. Ein angemessenes Niveau an Angst kann demnach die Konzentration steigern und helfen, fokussiert zu bleiben. 

Angstauslösende Situationen vermeiden?

Die Tendenz der meisten Menschen ist, sich vor ihren Ängsten zu verstecken
Die Tendenz der meisten Menschen ist, sich vor ihren Ängsten zu verstecken
(Foto: CC0 / unsplash / Alexandra Gorn)

Heutzutage lösen viele Situationen Angst aus, die nicht lebensbedrohlich sind. Die Tendenz der meisten Menschen ist, angstauslösende Situationen zu vermeiden. Aber einige Ängste sind für unsere persönliche Entwicklung oder ein erfülltes Leben wichtig. Einige Beispiele:

  • Angst vor dem Scheitern – sorgt dafür, dass wir uns wichtige Schritte nicht zutrauen, wie zum Beispiel selbstständig zu werden.
  • Angst vor Peinlichkeit – lässt uns Situationen mit vielen Menschen meiden.
  • Angst vor Nähe – verhindert, dass wir enge Bindungen eingehen.
  • Angst vor Einsamkeit – kann uns abhängig machen von anderen.
  • Angst davor mit Menschen zu sprechen – verhindert, dass wir neue Kontakte knüpfen.
  • Angst vor Prüfungen – sorgt dafür, dass wir nicht zeigen können, was in uns steckt.
  • Angst vor Konflikten – hält uns ab, unsere Bedürfnisse zu äußern.

Was an diesen Beispielen deutlich wird: Eine Vielzahl von Situationen kann Angst auslösen. Vor allem solche, die Selbstzweifel in uns hervorrufen, weil wir potentiell scheitern können oder soziale Ablehnung droht. 

Angst besteht aus drei Komponenten

Eine typische Angstreaktion ist die Vermeidung der angstauslösenden Situation.
Eine typische Angstreaktion ist die Vermeidung der angstauslösenden Situation.
(Foto: CC0 / Pixabay / Alexas_Fotos)

Angst ist eine komplexe Antwort auf Reize aus unserer Umwelt. Sie stellt ein Zusammenspiel verschiedener Reaktionsweisen dar. Diese bestehen aus drei Komponenten:

  • die Verhaltenskomponente: Das evolutionär in uns angelegte Verhalten bei Angst ist das Flucht- oder Schreckverhalten – die sinnvolle Reaktion auf eine akute echte Bedrohung. Aber die meisten angstauslösenden Situationen heutzutage erfordern weder eine Flucht, noch eine Schreckreaktion. Trotzdem bleiben viele Menschen diesem Instinkt treu und flüchten vor der vermeintlichen Gefahr, wie etwa vor einer harmlosen Spinne oder einer Menschenmenge.
  • die gedankliche Komponente: Wenn wir eine Gefahr erkennen, versehen wir sie unterbewusst immer  mit einer bestimmten Interpretation. Wir nehmen also zunächst mit unseren Sinnesorganen etwas wahr, dem wir dann gedanklich eine (bedrohliche) Bedeutung verleihen. Diese angstbestätigenden Gedanken entstehen innerhalb von Millisekunden. Die zugrundeliegenden Denkmuster laufen meist automatisch ab. Wenn wir also eine Menschenmenge als potentielle Gefahr für uns interpretieren, geht das so schnell, dass es uns meistens nicht bewusst ist.
  • die körperliche Komponente: Wenn wir eine Gefahr wahrnehmen oder eine Situation als solche interpretieren, dann werden für die Angst typische körperliche Reaktionen ausgelöst. Dazu gehören die Zunahme des Herzschlages und der Atmung, feuchte Hände oder die Verdauung wird gehemmt.

Strategien im Umgang mit der Angst setzen an diesen drei Komponenten an.  Das Ziel ist nicht, die Angst komplett los zu werden. Vielmehr geht es darum, wie du trotz der Angst für dich wichtige Situationen bewältigen kannst. Wir zeigen dir vier Strategien, wie du deine Ängste überwinden kannst.

1: Angst überwinden durch Konfrontation

Um deine Ängste zu überwinden, musst du ihnen ins Auge blicken.
Um deine Ängste zu überwinden, musst du ihnen ins Auge blicken.
(Foto: CC0 / Pixabay / MSR_Photography)

Um deine Ängste zu überwinden, wirst du dich mit ihnen konfrontieren müssen. Wenn du zum Beispiel Angst davor hast, vor Menschen zu sprechen, wird diese Angst nicht gänzlich verschwinden. Sie verschwindet nur kurzfristig. Und zwar immer dann, wenn du die Situation vermeidest. 

Das Problem: Je öfter du eine Situation vermeidest, die dir Angst macht, umso bedrohlicher wird sie mit der Zeit.

Wenn du dich also krankmeldest, um deine Präsentation nicht zu halten, empfindest du kurzfristig Erleichterung und ein Nachlassen der Angst. Sobald aber die nächste Präsentation ansteht, wirst du wieder und wahrscheinlich mehr Angst verspüren. 

Wenn du angstauslösende Situationen vermeidest, bringst du dich außerdem um eine sehr wichtige Erfahrung: Angst lässt irgendwann von alleine nach.  Wenn die Angst einen Höhepunkt erreicht hat, dann tritt automatisch ein Nachlassen ein. Das nennt man Adaptionsprinzip. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Phase des Nachlassens eintritt. Aber sie tritt auf jeden Fall ein. 

Damit dir die Konfrontation mit deinen Ängsten gelingt, solltest du die nächsten Strategien anwenden.

2: Akzeptiere die Angst

Meditation stärkt die Akzeptanz - eine Grundvoraussetzung um sich mit seinen Ängsten zu konfrontieren.
Meditation stärkt die Akzeptanz – eine Grundvoraussetzung um sich mit seinen Ängsten zu konfrontieren.
(Foto: CC0 / Pixabay / koniggirl)

Ängste gehören zum Leben dazu. Wir werden sie nicht komplett eliminieren können – glücklicherweise. Anzuerkennen, dass Ängste ihre Daseinsberechtigung haben ist ein erster wichtiger Schritt, um sie zu akzeptieren.

Wenn du deine Angst akzeptierst, dann kannst du das Nachlassen der Angst beschleunigen. Akzeptanz ist außerdem die Grundvoraussetzung, um sich angemessen mit seinen Ängsten zu konfrontieren.

Achtsamkeit ist ein Weg, diese Akzeptanz zu üben.

3: Die Interpretation der Angst verändern

Ergründe deine Gedanken detailliert, um deine Ängste zu überwinden.
Ergründe deine Gedanken detailliert, um deine Ängste zu überwinden.
(Foto: CC0 / unsplash / Aaron Burden)

Angstauslösende Interpretationen einer Situation sind es meist Befürchtungen und katastrophisierende Gedanken, die den Körper in einen Alarmzustand versetzen. Im Falle der Prüfungsangst macht nicht die Prüfung selbst Angst, sondern die Bewertung der Prüfung:

Die Situation:

Prüfung

Bewertung der Situation:

  • bedrohlich
  • Könnte durchfallen (Befürchtung)
  • werde mit schlechter Note später keinen Job finden (katastrophisierend)

Gefühl, das durch die Bewertung entsteht:

  • Angst
  • Panik
  • Furcht

Dieses Prinzip trifft auch auf andere Ängste zu. Egal, wovor du dich fürchtest, die Angst entsteht durch deine mentale Bewertung. Wenn du in bestimmten Situationen immer wieder Angst erlebst, dann solltest du deine damit zusammenhängenden Gedanken so detailliert wie möglich ergründen:

  1. Wähle dafür eine Situation, die dir Angst macht. 
  2. Stelle dir die Situation vor und versuche dabei, in dich hinein zu hören: Was denkst du vor oder während der Situation? 
  3. Schreibe alle Gedanken auf.
  4. Frage dich jetzt: Welche Gefühle rufen diese Gedanken hervor?
  5. Schreibe auch deine Gefühle dazu auf.

Hast du deine Gedanken ergründet, kannst du nun mit ihnen arbeiten und sie in positive Gedanken umformulieren. Positiv meint hier nicht, dass du Schönmalerei betreiben sollst, sondern dass die Gedanken nicht mehr bedrohlich wirken. Ein Beispiel zur Prüfungsangst:

Situation:

Prüfung

Bewertung der Situation:

  • herausfordernd
  • Ich kann zeigen, was ich alles gelernt habe.
  • Durch eine Prüfung zu fallen ist kein Weltuntergang.
  • Es zählen nicht nur Noten.
  • neugierig: Mal sehen was passiert.

Gefühl, das durch die Bewertung entsteht:

  • Gelassenheit
  • Konzentration
  • leichte Aufregung 

Die Neubewertung der Situation ist keine Flucht vor der Realität ist. Keine der beiden Bewertungen ist realer oder wahrscheinlicher als die andere. Es sind schlichtweg Gedanken. Der Vorteil der zweiten Bewertung liegt aber auf der Hand: Sie erzeugt weniger Angst. 

  • Schreibe auch deine alternativen Gedanken zur Situation auf.
  • Lese sie dir regelmäßig durch, am besten bevor du dich mit der Situation konfrontierst.
  • Mache das regelmäßig, sodass sich die neuen Bewertungen automatisieren.

Bewertungen und Interpretationen sind nicht in Stein gemeißelt und haben keinen Realitätsanspruch. Du selbst hast die Freiheit Dinge zu bewerten, wie du es willst. Wähle die Bewertung, die deine Angst reduziert, sodass du die Situationen bewältigen kannst, die dir wichtig sind.

Tipp: Fange am besten mit einer Situation an, die nicht übermäßig viel Angst auslöst, aber trotzdem eine Herausforderung darstellt. Steigere dich dann mit der Zeit.

4: Entspannung gegen die körperlichen Symptome der Angst

Erstmal tief durchatmen: Atemübungen helfen bei akuter Angst
Erstmal tief durchatmen: Atemübungen helfen bei akuter Angst
(Foto: CC0 / unsplash / Eli Defaria)

Wenn wir Angst haben, reagiert der Körper darauf. Wir fühlen uns angespannt und aufgeregt. Gegen die körperlichen Symptome helfen am besten Übungen, die direkt an der körperlichen Aufregung ansetzen. Das sind:

Der Vorteil an diesen Übungen ist, dass du sie auch in akuten Angstsituationen anwenden kannst. Leidest du zum Beispiel an Angst vorm Fliegen, kannst du im Wartebereich Übungen anwenden, um deine Angst zu reduzieren. So gelingt es dir leichter, dich mit deinen angstauslösenden Situationen zu konfrontieren.

Wenn die Angst zu viel wird

Angst haben alle Menschen. Einige leiden so sehr darunter, dass ihr Leben stark eingeschränkt ist. Sie leiden dann an einer Angststörung. Die übertriebene Angst kann sich dabei auf bestimmte Objekte beziehen, wie Spinnen oder Katzen (Phobien) oder sich diffus äußern in Form einer generalisierten Angststörung. Insgesamt leiden 25 Prozent aller Menschen mindestens einmal im Leben unter Angststörungen.

Solltest du das Gefühl haben, dass du deine Ängste nicht alleine in den Griff bekommst und dein Leben dadurch stark eingeschränkt wird, wende dich an einen Psychologen. Die nicht-medikamentösen Therapien im Bereich der Angststörungen sind sehr gut wissenschaftlich untersucht und oft sehr effektiv.

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