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Kaugummi: Frischer Atem – dank Erdöl

Kaugummi aus Erdöl
Foto: © Utopia

Falls du gerade einen Kaugummi kaust, solltest du jetzt aufpassen, dass er dir nicht im Hals stecken bleibt: Was du da im Mund hast, ist vor allem Erdöl mit künstlichen Zusatzstoffen. Wir zeigen, wie problematisch Kaugummi ist und welche Alternativen es zu Wrigley’s & Co. gibt.

Millionen Deutsche kauen täglich Kaugummi. Wahrscheinlich wissen die wenigsten, wofür sie da Geld ausgeben.

Gründe haben sicher alle: Kauen soll angeblich die Gehirnleistung steigern, die Verdauung anregen, die Zähne pflegen oder bleichen und sogar helfen, mit dem Rauchen aufzuhören. Das mag mal stimmen und mal nicht – sicher ist jedoch, dass in den meisten Kaugummis zweifelhafte Inhaltsstoffe stecken.

Kaugummi: Gummi aus Erdöl

Zu Beginn der industriellen Produktion wurde Kaugummi aus Chicle gefertigt, dem Milchsaft (Latex) des Breiapfelbaums, der vor allem in Mittelamerika wächst. Dieser natürliche Rohstoff macht heute, wenn überhaupt, nur noch ein paar Prozent der sogenannten Kaumasse aus.

„Die Hersteller sind nicht verpflichtet, die Zusammensetzung der Kaumasse anzugeben“, sagt Andrea Danitschek von der Verbraucherzentrale Bayern.

Moderne Kaugummis bestehen fast ausschließlich aus synthetischen Rohstoffen. Den „Gummi“-Anteil bilden dabei in der Regel Polymere auf Erdölbasis. Im Klartext: Wir kauen Kunststoffe. Und die sind nicht nur geschmacklich fragwürdig – sie sind vor allem ökologisch und gesundheitlich bedenklich.

Die Herstellung von Kunststoffen auf Basis von Erdöl und Erdgas hat einen üblen Beigeschmack. Nicht nur sind das knapper werdende Rohstoffe, die Erdölgewinnung ist zudem politisch mit Kriegen und Missständen verbunden und birgt enorme Umweltrisiken – von der dreckigen Förderung bis hin zu Unfällen bei Tankern und Bohrplattformen. Mit anderen Worten: Erdöl ist nichts, was man sich zum Vergnügen in den Mund stecken sollte.

Kaugummi: nicht biologisch abbaubar
Kaugummi besteht im wesentlichen aus Kunststoff und ist nicht biologisch abbaubar. (Foto: © antifalten / photocase.de)

Kaugummi ist biologisch nicht abbaubar

Eben weil herkömmliche Kaugummis überwiegend aus erdölbasiertem Kunststoff bestehen, ist auch die Entsorgung ein Problem. Denn genau wie andere Plastikprodukte ist auch Kaugummi biologisch nur schwer abbaubar.

Um so schlimmer ist die verbreitete Gewohnheit, Kaugummis einfach auf den Boden zu spucken. Die Entfernung der Kaugummi-Flecken von Straßen und Gehwegen ist oft nur mit sehr energie- und wasserintensiven Spezialmaschinen möglich. Eine Ressourcenvergeudung, die ohne Kaugummis gar nicht nötig wäre.

Kaugummi: gesund geht anders

Neben der Kaumasse aus Kunststoff enthalten die Kaugummis meist Zucker oder Zuckerersatzstoffe, plus künstliche Farbstoffe und Aromen, Stabilisatoren, Füllstoffe, Verdickungsmittel, Feuchthaltemittel, Antioxidationsmittel, Geschmacksverstärker … Lecker?

Auf den Inhaltsstofflisten mancher Kaugummis finden sich nicht ganz unbedenkliche Substanzen. Zugelassen (aber selten) ist beispielsweise der Stabilisator Harnstoff/Carbamid (E 927b), der gleichzeitig als wichtiges Stickstoffdüngemittel verwendet wird. Der Emulgator (Soja-)Lecithin wird oft aus gentechnisch verändertem Soja hergestellt. Das Antixidationsmittel BHA (Butylhydroxyanisol) steht im Verdacht, möglicherweise allergische Reaktionen auslösen und das Hormonsystem sowie die Fruchtbarkeit beeinflussen zu können.

Die gesundheitlichen Auswirkungen verschiedener synthetischer Süßungsmittel – etwa Aspartam, Acesulfam K oder Sucralose – werden immer wieder kontrovers diskutiert. Auch einige der eingesetzten Farb- und Aromastoffe sind umstritten – oder zumindest unnötig.

So gesund, wie die Werbung gerne behauptet, sind die meisten Kaugummis nicht. Insbesondere Allergiker:innen sollten ganz genau hinschauen, welche Inhalts- und Zusatzstoffe enthalten sind. Auch Kaugummis für Kinder sollte man sich vor dem Kauf besonders kritisch ansehen: synthetische Süßungsmittel, Aromastoffe und BHA sollten hier eigentlich tabu sein.

Kaugummi: ungesund?
Synthetische Süßstoffe, Farbstoffe, Aromen: In Kaugummi steckt ziemlich viel Chemie. (Foto: © TomFreeze - stock.adobe.com)

Es gibt nur wenige gute Alternativen

Im Internet findet man reichlich Anleitungen, um Kaugummi selbst herzustellen. Es gibt sogar fertige Selbermach-Sets. Einige davon verwenden Chicle anstatt erdölbasierten Kunststoff. Aber: Fast immer sind auch Zutaten dabei, deren Herkunft und/oder Wirkung unklar und fragwürdig ist, etwa Zuckeraustauschstoffe, Farbstoffe oder Aromen.

Fertige Kaugummis ohne Kunststoff gibt es nur wenige – aber es gibt sie:

Bio-Kaugummi: Chicza
Ist das die Alternative? (Foto: © Chicza / Avocado Store)
  • Eine ökologisch vertretbare Kaugummi-Alternative ist der Bio-Kaugummi Chicza**. Er wird auf traditionelle Weise aus Chicle hergestellt und ist zu 100 Prozent biologisch abbaubar. Er enthält keine synthetischen Substanzen, sondern lediglich Inhaltsstoffe aus biologischem Anbau. Allerdings ist der Zuckeranteil relativ hoch und Chicza ist etwas teurer als herkömmlicher Kaugummi. Kaufen: im Bioladen oder online** u.a. bei Avocadostore oder Pure Nature.
  • Auch die True Gum-Kaugummis bestehen aus Chicle. Statt Zucker enthalten sie Xylit und Steviolglycoside, sie sind vegan und biologisch abbaubar, leider aber nicht bio. Es gibt sie in vier verschiednen Sorten. Erhältlich sind die Kaugummis unter anderem bei dm, Rossmann, Budni und in einigen Edeka-Filialen, online** z.B. im Avocadostore oder bei Amazon.
  • Ebenfalls erhältlich bei dm ist inzwischen ein plastikfreier Kaugummi der dm Eigenmarke Dontodent. Dieser ist nur mit Xylit gesüßt und ist vegan, leider ist der Kaugummi aber ebenfalls nicht bio.
  • Neu auf dem Markt: Forest Gum verwendet Chicle als Kaumasse und verzichtet auf Zucker, künstliche Aromen und chemische Zusatzstoffe. Es gibt aktuell zwei Sorten: Minze und „Black Mint“. Zu kaufen gibt es Forest Gum online** z.B. bei Goodbuy oder Memolife.
  • Regional und nachhaltig produziert sind die Kaugummis von Alpengummi: Die Kaugummis werden in Österreich hergestellt, die Kaumasse wird aus heimischem Föhrenharz und Bienenwachs gewonnen, gesüßt wird nur mit Xylit. Leider ohne Bio-Siegel, aber mit wenigen, guten Inhaltsstoffen und aus regionaler Herstellung.
  • Die Birkengold Xylit-Kaugummis verwenden nach Herstellerangaben eine Kaumasse aus dem Saft des Sapotillbaum (Chicle), Candelillawachs und Zitronensäure. Sie sind mit Xylit aus Birken- und Buchenrinde gesüßt. Es gibt sie in vier Sorten, z.B. bei BioNaturel**.
  • Wer vor allem Wert auf frischen Atem legt und nicht auf das Kauen, kann es mal mit Bio-Minzpastillen versuchen (zum Beispiel von Rapunzel, erhältlich im gut sortierten Biohandel oder online z.B. bei Amazon** oder direkt bei Rapunzel), allerdings bestehen sie überwiegend aus Zucker. Minimalistische Alternative: Fenchelsamen oder Gewürznelken kauen.

Auch diese Kaugummis sind besser als herkömmliche, sie enthalten allerdings synthetische Kaumasse:

  • Der Peppersmith Chewing Gum verwendete als Kaumasse urprünglich Chicle, seit einigen Jahren jedoch enthält er eine Mischung aus natürlichem und synthetischem Gummi.
  • Bei Öko-Test schnitten 2015 „sehr gut“ oder „gut“ ab: Xucker Xummi Spearmint, Doc’s Dental Protect, Kaux Cinnamon und Kaux Spearmint, Miradent Xylitol Cinnamon Chewing Gum und Apple Chewing Gum for Kids, Ralf Baders Protect Zahnpflege Kaugummi Xylit, Xucker Xummi Fruchtmix sowie Xyli Vita Pfefferminz. Beim letztgenannten enthält die Kaumasse etwas natürliches Chicle. (Achtung: Teilweise haben sich seit dem Test die Rezepturen geändert.)
  • Chicle X von Beckers kommt ebenfalls ohne künstliche Süßungsmittel oder Aromen aus, allerdings besteht die Kaumasse nur teilweise aus dem namensgebenden Chicle, auch hier kommt synthetischer „Gummi“ zum Einsatz.

Kaugummi kauen ist vor allem eines: eine Gewohnheit. Gewohnheiten zu ändern ist bekanntlich nicht leicht – aber nicht unmöglich.

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