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Klimakrise und Klimakatastrophe: Warum wir nicht mehr über den Klimawandel reden sollten

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Foto: Pixabay / CC0 / Skeeze

Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt und extreme Wetterphänomene werden häufiger – Folgen einer Klimakrise, die Ökosysteme auf der ganzen Welt gefährdet. Darum sollten wir aufhören, über den „Klimawandel“ zu sprechen – Begriffe wie Klimakatastrophe und Klimakrise könnten uns sogar helfen, die Bedrohung ernster zu nehmen.

Der Klimawandel ist real – und er ist menschengemacht: Wissenschaftlich gesehen besteht daran quasi kein Zweifel. Bereits jetzt zwingt die globale Erwärmung mehr Menschen zur Flucht, als Kriege und Gewalt und ist mit dafür verantwortlich, dass weltweit immer mehr Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind. Eine Katastrophe.

Klimakatastrophe vs. Klimawandel

Aber obwohl der Klimawandel eine der größten Bedrohungen unserer Zeit ist, spielt er in öffentlichen und politischen Debatten noch immer eine zu geringe Rolle. Dass das so ist, könnte auch an dem Begriff „Klimawandel“ liegen. Ein „Wandel“ klingt schließlich weniger alarmierend als eine „Krise“ oder gar „Katastrophe“. Und wir sollten alarmiert sein.

Ein Experiment bestätigt die Macht der Worte: Einer Studie des New Yorker Unternehmens „Spark Neuro“ aus dem Jahr 2019 zufolge weckt der Begriff kaum Emotionen. Besser seien Ausdrücke wie „Klimakrise“ oder „Umweltzerstörung“.

Klimakrise: Experiment mit 120 Personen

Spark Neuro ist eigentlich auf Werbeforschung spezialisiert: Das Unternehmen misst in Experimenten Reaktionen wie Hirnströme, Mikrogesichtsausdrücke, Hautwiderstände und Augenbewegungen, um daraus Empfehlungen für bessere Werbung abzuleiten. Im Frühjahr 2019 hat sich Spark Neuro mit dem Klimawandel – oder eben: der Klimakatastrophe – beschäftigt.

Für die Untersuchung hat das Unternehmen 120 Versuchspersonen an EEG-Geräte (Elektroenzephalografie) angeschlossen, um ihre Hirnströme zu messen, über Webcams Gesichtsausdrücke erfasst und über Elektroden Schweiß an der Hand.

Klima: vom Wandel zur Krise

Dann wurden den Proband:innen Tonaufnahmen von sechs verschiedenen Ausdrücken vorgespielt, die alle etwas mit Klimaveränderungen und Umweltproblemen zu tun hatten. Bei der Untersuchung ging es unter anderem darum, wie man den Klimawandel in einem politischen Umfeld am besten kommuniziert. Daher wurde bei den Versuchsteilnehmern zwischen Anhänger:innen von Demokraten, Republikanern und Personen ohne Parteipräferenz („Unabhängige“) unterschieden.

Die Ergebnisse: Begriffe wie „Klimakrise“ wirken deutlich stärker als der neutralere Begriff „Klimawandel“.

  • Die Begriffe „Klimawandel“ und „Erderwärmung“ lösten bei Demokrat:innen und Republikaner:innen die geringste Reaktion aus.
  • Bei den Republikaner:innen wirkte der Ausdruck „Umweltzerstörung“ am stärksten, bei den Unabhängigen „Klimakrise“
  • Bei den Demokraten waren die Reaktionen bei „Destabilisierung des Wetters“ („weather destabilization“) am stärksten, dicht gefolgt von „Umweltzerstörung“ und „Klimakrise“.
Klimawandel, Klimakrise, Umweltzerstörung
Die Ergebnisse der Untersuchung. (Bild: © SPARK Neuro)

„Klimakrise“ und „Klimakatastrophe“ klingen bedrohlicher

Man kann zu Recht anmerken, dass die Stichprobe klein ist und das Messen körperlicher Reaktionen allein begrenzte Aussagekraft hat. Was aber einleuchtet: „Klimawandel“ und „Erderwärmung“ vermitteln nicht unbedingt eine Dringlichkeit: Wenn das Klima sich „wandelt“, oder die Erde „wärmer“ wird, klingt das nicht besonders bedrohlich.

Die Schlussfolgerung aus der Untersuchung: Wenn es darum geht, Aufmerksamkeit für ein Problem zu erzeugen, ist die richtige Wortwahl zentral. Viele Medien und Aktivist:innen weltweit bevorzugen inzwischen den Begriff „Klimakrise“ (climate crisis), Redaktionen vom Spiegel bis zum Guardian verwenden ihn.

Es macht also Sinn, dass wir endlich nicht mehr über den Klimawandel, sondern über die „Klimakatastrophe“, den „Klimakollaps“ oder die „Klimakrise“ zu reden – denn die Begriffe treffen das, was uns und der Erde bevorsteht, ziemlich gut.

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