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Scham: So kannst du mit dem Gefühl umgehen

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Foto: CC0 / Pixabay / mintchipdesigns

Scham ist uns allen bekannt und trotzdem für die meisten ein unangenehmes Thema. Warum wir Schamgefühlen mehr Beachtung schenken sollten und wie du deinen Umgang mit ihnen verbesserst, erfährst du hier.

Scham: Die „Hüterin der menschlichen Würde“

Scham ist ein zutiefst menschliches Gefühl und ist dir sicher schon einmal begegnet. Trotzdem gilt es in unserer Gesellschaft immer noch als Tabu, offen über Scham zu sprechen. Dies liegt vor allem daran, dass es sich um ein sehr starkes, unangenehmes und intimes Gefühl handelt. Dementsprechend treten wir ihm nur ungern gegenüber.

Doch Scham hat nicht nur negative Seiten. Es ist laut dem Psychiater Johann Schneider in erster Linie ein Gefühl, das eine Schutzfunktion einnimmt. Es hilft uns dabei, die Grenzen unserer Privatsphäre zu bestimmen und diese zu schützen. Gleichzeitig schützt es die Grenzen unserer Mitmenschen: Wenn wir zum Beispiel einen intimen Moment einer anderen Person beobachten, der nicht für unsere Augen bestimmt war, empfinden wir natürlicherweise Scham.

Im Kindesalter entwickelt sich Scham ab dem Zeitpunkt, an dem Kinder mit mehr Achtung und Achtsamkeit auf ihre Mitmenschen eingehen. Das Gefühl entsteht gewissermaßen im Zusammenspiel mit anderen Personen und hilft uns dabei, die Gemeinschaft aufrechtzuerhalten: Wir verpflichten uns gegenseitig, der Privatsphäre unserer Mitmenschen mit Achtung und Respekt zu begegnen und schützen unsere eigenen intimen Räume. Der Psychiater und Psychoanalytiker Léon Wurmser beschrieb die Scham deshalb als „Hüterin der menschlichen Würde“.

Wenn Scham problematisch wird

Scham ist grundsätzlich kein negatives Gefühl, kann sich aber negativ auf unser Selbstbild auswirken.
Scham ist grundsätzlich kein negatives Gefühl, kann sich aber negativ auf unser Selbstbild auswirken.
(Foto: CC0 / Pixabay / Myriams-Fotos)

Zum Problem wird ein Schamgefühl dann, wenn es unsere Selbstachtung beeinträchtigt. Oft tritt Scham regelmäßig auf, wenn wir das Gefühl haben, nicht gut genug zu sein und bestimmte Rollenbilder nicht ausfüllen zu können. So schämen wir uns, wenn wir dem gesellschaftlichen Schönheitsideal nicht genügen, uns im Beruf oder in der Schule überfordert fühlen oder die Rolle der Eltern scheinbar nicht angemessen ausfüllen können.

In Kombination mit Schuld und chronischen Versagensängsten kann Scham zu ungesundem Perfektionismus und Zwangsverhalten führen. Im Extremfall ziehen sich Betroffene immer weiter in die Isolation zurück. Fühlst du dich davon betroffen, solltest du nicht davor zurückschrecken, professionelle Hilfe aufzusuchen.

Um einen entspannteren Umgang mit Scham zu entwickeln und negativen Konsequenzen vorzubeugen, können dir die folgenden Tipps und Hinweise behilflich sein.

1. Umgang mit Scham: Akzeptanz

Der erste Schritt zu einem entspannteren Umgang mit Scham ist Akzeptanz.
Der erste Schritt zu einem entspannteren Umgang mit Scham ist Akzeptanz.
(Foto: CC0 / Pixabay / dimitrisvetsikas1969)

Wenn du Gefühlen nicht genügend Raum gibst, sondern sie immer wieder verdrängst, können sie sich anstauen – um sich dann auf nur noch heftigere Weise zu entladen. Deshalb gilt auch im Falle der Scham: Nimm das Gefühl an, wie es ist. Akzeptiere, dass du dich schämst. Es ist ein menschliches Gefühl und hat das Recht, wahrgenommen zu werden.

Manchen Menschen hilft es, ihr Schamgefühl in einem Tagebucheintrag zu beschreiben oder mit vertrauten Mitmenschen darüber zu sprechen. Gib dem Gefühl in jedem Fall einen Namen und nimm es in dem Moment einfach nur an, ohne es verändern zu wollen.

2. Analyse: Woher kommt die Scham?

Im zweiten Schritt kannst du dich damit auseinandersetzen, den Ursprung des Schamgefühls zu analysieren: In welchem Moment hast du dich geschämt? Für welche Handlung? Für dich selbst oder für andere? Versuch dabei, eine gewisse Distanz zu der Situation aufzubauen. Auch dafür kann es hilfreich sein, die Situation kurz aufzuschreiben oder im Gespräch zu analysieren.

Wenn du Scham empfunden hast, weil du etwas falsch gemacht hast, empfindest du häufig auch Schuld. Dieses Gefühl allein bringt dich erstmal nicht weiter. Wichtig ist auch hier, wie du damit umgehst: Überlege, wofür genau du dich schuldig fühlst und wie du diese Handlung vielleicht anders hättest gestalten können. Suche also nach konkreten Handlungsalternativen, um Fehler in ähnlichen Situationen künftig nicht zu wiederholen.

Tipp: Wie du Schuldgefühle überwinden kannst, verrät dir dieser Artikel:

3. Denke an deine Selbstachtung!

Egal, wie groß die Scham in einem Moment ist: Deine Selbstachtung sollte sie nicht beeinflussen.
Egal, wie groß die Scham in einem Moment ist: Deine Selbstachtung sollte sie nicht beeinflussen.
(Foto: CC0 / Pixabay / Free-Photos)

Führe dir immer wieder vor Augen, dass Scham nicht dein Selbstbild beeinflussen sollte. Wir alle machen Fehler. Wir alle empfinden Scham. Das sollte nicht dazu führen, dass wir schlecht von uns selbst denken, unsere Persönlichkeit verurteilen und uns minderwertig fühlen. Betrachte das Schamgefühl deshalb nie als Charakterschwäche. Sieh es als ein von deiner Persönlichkeit losgelöstes Gefühl, das gekommen ist und auch bald wieder gehen wird.

Mehr Informationen zu den Themen Selbstachtung und Selbstliebe bekommst du in diesen Artikeln: Selbstachtung: So kannst du sie stärken und Selbstliebe lernen: Tipps und Übungen für das geliebte Ich.

4. Umgang mit angelernten Schamgefühlen

Neben Schamgefühlen, die uns begegnen und dann wieder verlassen, gibt es auch die sogenannten angelernten Schamgefühle. Der Psychiater Johann Schneider spricht auch von „Beschämungsgefühlen“. Diese entstehen, wenn unsere angeborenen Schamgefühle gravierend verletzt wurden – also unsere Privatsphäre nicht akzeptiert wurde. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn wir bloßgestellt oder gedemütigt werden.

Wird dieses tiefe Schamgefühl nicht aufgearbeitet, äußert es sich im Lauf der Zeit durch Kompensationsmechanismen: So ziehen sich Betroffene entweder immer weiter zurück oder beginnen, andere Menschen zu beschämen und zu demütigen.

In diesen Fällen sollten Betroffene die eigene Biografie aufarbeiten und dabei analysieren, woher diese Verhaltensweisen kommen und wann sie wo in ihrer Privatsphäre verletzt wurden. So können sie nach und nach ihre Selbstachtung zurückerlangen. Dabei kann es hilfreich sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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