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Sinnvolle Arbeit für das eigene Geld

Geld
Foto: unsplash

Wie kann man mit Geld etwas Gutes tun? Außer es zu spenden natürlich. Fragen an Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des gemeinnützigen Verbraucher-Ratgebers Finanztip.

Herr Tenhagen, soll man überhaupt selbst versuchen, sein Geld für etwas Gutes arbeiten zu lassen?

Aus seinem Geld gutes Geld zu machen, ist Arbeit. Und zwar viel Arbeit. Man müsste das geradezu als ein Hobby betreiben – vielleicht sogar als das einzige Hobby. Zudem muss man sich auf lange Zeiträume einstellen. Für Investment in Aktien beispielsweise sollte man über einen Anlagehorizont von 15 Jahren verfügen; wenn man unbedingt die Welt verändern möchte, ist das verdammt langfristig. Eine relativ einfache Methode, um mit geringem eigenem Zeitaufwand dennoch sinnvoll zu investieren, ist es, sich an Experten anzuhängen. Ein gutes Beispiel ist Oikocredit: eine kirchliche Genossenschaft, die seit 30 Jahren Micro nance betreibt und ihren Anlegern jedes Jahr zwei Prozent Rendite ausschüttet. Es gibt keine Garantie, dass das auch in Zukunft so sein wird, aber eben viel Erfahrung auf Seiten der Investoren. Wenn es einem keinen Spaß macht, sein Geld anzulegen, sollte man lieber den Aufwand dafür minimieren, und stattdessen Spaß daran nden, das Geld gut auszugeben.

Nachhaltige Investmentfonds werden auch von erfahrenen Experten gemanagt.

Bei diesen Fonds gibt es inzwischen eine große Auswahl. Aber sie sind leider teuer, mit Kosten zwischen zwei und drei Prozent der investierten Summe pro Jahr. Indexfonds könnten günstiger sein: Sie investieren nicht in einzelne Aktien, sondern bilden die Entwicklung eines Index nach. Allerdings werden im nachhaltigen Segment kaum Indexfonds angeboten. Am liebsten wäre mir, wenn es einen Investmentfonds gäbe, der einfach die Strategie des norwegischen Staatsfonds nachbaut, denn dieser hat von den großen Investoren die nachhaltigste Anlagestrategie. Aber noch konnte ich keine Bank davon überzeugen.

Sind nachhaltige Banken bessere Banken?

Banken mit alternativem oder nachhaltigem Anspruch sind für die Kunden nicht billig – aber sie machen keinen Unfug mit dem Geld ihrer Kunden. Sie betreiben hohen Aufwand, um die ökologische und nanzielle Qualität von Kreditnehmern zu prüfen und bieten deshalb hohe Sicherheit für Investoren. Institutionen wie etwa Stiftungen können für die Anlage ihrer eigenen Mittel davon pro tieren, indem sie sich an die Prüfarbeit der Banken dranhängen; das reduziert den eigenen Kontrollaufwand.

Sind bei Crowdfunding und Crowdinvesting die Ideen besser als die Sicherheit?

Wer gutes Geld für gute Ideen geben will, soll das gerne tun. Allerdings ist etwas nicht allein schon deshalb eine gute Idee, weil jemand sagt, dass sie gut ist. Das kann sogar gefährlich sein, denn bei Geschichten, die sich gut anhören, setzt das Nachdenken aus. Das ist für keinen der Beteiligten gut: Für den Investor nicht, weil er die Kontrolle vernachlässigt, und für das Projekt auch nicht, weil es dann nicht mehr kritisch hinterfragt wird. Je besser eine Geschichte klingt, desto wichtiger ist es deshalb, die Fakten dahinter zu kontrollieren. Es hat viel für sich, wenn man in etwas investiert, mit dem man sich auch auskennt: Wenn man Geld in Bäume anlegen will, muss es dann wirklich ein Waldstück in Costa Rica sein? Warum nicht der Friedwald im eigenen Wohnort?

Beim P2P-Lending ist man meist eher auf Augenhöhe.

Die Kreditplattformen, die Privatpersonen und Kreditsuchende zusammenbringen, stellen sehr hohe Sicherheitsanforderungen. Deshalb könnte man dort gut Geld verleihen, aber es gibt kaum jemand, der zu diesen Konditionen etwas ausleihen möchte – schon gar nicht bei Marktbedingungen, in denen viele Banken händeringend nach Kreditnehmern suchen. Da ist es fast durchweg attraktiver, sich einen Kredit bei der Bank zu holen, als über eine Plattform zu gehen. Generell gilt für Privatpersonen: Verleihe nie Geld, auf das du selbst angewiesen sein könntest.

Dann bleibt als Alternative das sinnvolle Ausgeben – der bewusste Konsum.

Das ist wohl die schärfste Waffe des Einzelnen. Man kann sich zum Beispiel nach den „Paradise Papers“ überlegen, ob man wirklich ein Apple-Handy braucht oder ob man bei Starbucks Kaffee trinken möchte – statt beim Konditor um die Ecke, der bestimmt keine Offshore-Steuervermeidung betreibt. Und man kann so konsumieren, dass es zum eigenen Weg und den eigenen Werten passt. Aber bitte nicht päpstlicher sein als der Papst, sonst wird das Leben zu anstrengend. Freue dich über das, was du gut machen kannst, und mache es mit Lust, denn das ist ansteckend.

Gastbeitrag aus Enorm
Interview: Detlef Gürtler

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