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Trends der Biofach 2016: leckere „Goodeln“, fragwürdige „Vleisch-Knödel“

Biofach Trends 2016 Bio Messe
Foto: NürnbergMesse, Biozisch, barnhouse, Sanchon

Auf der Messe Biofach 2016 zeigen 2544 Aussteller aus aller Welt Trends und Bio-Spezialitäten. Utopia hat sich Neuheiten angesehen und checkt, ob „Goodeln“, „Vleisch-Knödel“, Linsen aus dem Glas und Gurken aus der Flasche wirklich sinnvoll sind.

Es ist überhaupt kein Problem mehr, alles, was das Herz begehrt, auch in Bio-Qualität zu erhalten – das sollte eine Guerilla-Aktion im Vorfeld der 10. Nürnberger Fachmesse Biofach zeigen, die heute begonnen hat: Auf Wochenmärkten konnten Konsumenten in einem lustigen „Biowandler“ ihre erworbenen (konventionellen) Einkäufe gegen Bio-Ware eintauschen und mit nach Hause nehmen.

Bio ist angekommen: Bio-Burger, Öko-Fritten, Bio-Limos und andere Bio-Produkte findet man in jedem Bio-Supermarkt, selbst bei Edeka, Rewe, Aldi und Lidl. Der Umsatz boomt: Erstmalig wurde hierzulande 2015 die Marke von acht Milliarden Euro Umsatz geknackt, so die Schätzungen von Biofach im Vorfeld der Messe. In Frankreich gingen zuletzt fünf Milliarden Euro auf das Bio-Konto, und in den USA waren es sogar fast 30 Milliarden Euro.

Biofach 2016: die Branche freut sich über Wachstum
Biofach 2016: die Branche freut sich über Wachstum (Foto: NürnbergMesse)

Was das Füllhorn bietet, können (leider nur) Fachbesucher vom 10. bis 13. Februar 2016 an den Ständen der Aussteller begutachten. In den verschiedenen Genussforen zum Thema Olivenöl, Wein und Käse kann man auch selbst probieren. Bei „cook + talk“ wird gezeigt, was es für die außer-Haus-Verpflegung alles gibt. Und der Neuheitenstand gibt einen Überblick über das Neueste vom Neuen.

Biofach 2016: die Trends

Als Trend haben die Macher der BioMesse Biofach Essbares „mit Gesicht“ ausgemacht. Gemeint ist Brot, Bier und Wein, Pizza und Brotaufstrich, deren genauere Herkunft für die Kunden erkennbar ist. Dazu gibt es Neues aus „exotischen“ und „alten“ (Pseudo)Getreidesorten wie Quinoa, Amaranth und Urkorn sowie Produkte mit Zutaten aus regionalen Anbauprojekten.

Vieles davon ist aber nicht wirklich neu. Am Neuheitenstand werden zwar 560 neue Produkte präsentiert, dazu kommt Innovatives von den immer zahlreicher werdenden Startups. Doch oft ist es die X-te Variante eines Müslis, einer Marmelade oder Limo.

Einige echte Innovationen gibt´s aber auch. Wir haben sie herausgefiltert, geprüft und vergeben erstmals einen Sinnhaftigkeitsfaktor. Denn die Frage ist ja schon, ob diese Produkte irgendwann im Einkaufskorb landen sollten?

Granola Goji-Cashew von Barnhouse

Barnhouse Granola Goji-Cashew
Weniger Zucker: Barnhouse Granola Goji-Cashew (Foto: Barnhouse)

Zurück zu den Wurzeln: Die Müsli-Firma, die auch einiges Zuckrige und Bunte im Programm hat, kommt jetzt mit einem ganz schlichten Crunchy, wie es das früher gab. Nur der Hafer des Knuspermüslis wird gebacken, die übrigen Zutaten wie Kerne, Nüsse und Beeren kommen frisch dazu. So werden Nährstoffe geschont und es schmeckt uriger. Gesüßt wird mit Reissirup und Apfeldicksaft, 30 Prozent weniger Zucker soll´s nun sein im Vergleich zu anderen Crunchys, doch der setzt noch den Zähnen zu. Gut: der Hafer kommt aus einem regionalen Anbauprojekt der südostoberbayerischen Firma.

Sinnhaftigkeitsfaktor: mittel
Warum? Weniger Zucker und schonend gebacken ist gut. Aber: Müsli ohne Zucker wäre noch gesünder.

Bio Windbeutel Himbeere von Sandro`s

Gebrannter Beutel: Ein tiefgekühlter Windbeutel, muss das sein? Muss nicht, kann aber der Knaller sein, wenn überraschend Gäste kommen und man sich etwas gönnen will. Der Windbeutel ist aus klassischem Brandteig, also Ei-reich und unter kräftigem Rühren entstanden – so, wie Mutti ihn machen würde. Die Füllung ist Quark-Sahne mit Himbeere und somit nicht so üppig. Damit die Füllung hält, kommen aber auch die Stabilisatoren Carragen und Natriumalginat rein. Die Beutel werden komplett in der hauseigenen Manufaktur von Sandro´s in der Südpfalz gebacken, gefüllt und eingefroren.

Sinnhaftigkeitsfaktor: gering
Warum? Verführerisch und innovativ, aber der Zusatzstoff Carragen in der Sahne ist umstritten. Die viele Verpackung stört, und zudem ist´s energieaufwendige Tiefkühlkost.

Biozisch Gurke von Voelkel

Voelkel Biozisch Gurke
Voelkel Biozisch Gurke (Foto: Voelkel)

Gurke in der Flasche. Okay, Softdrinks müssen eigentlich gar nicht sein. Aber getrunken werden sie eben doch, und weil das so ist, sollte man wenigstens drauf achten, was man da trinkt. Bei Voelkel kommt Gurke (oder alternativ Karotte) in die Flasche. Und das ist wirklich was Neues. Das Gemüse bringt ein paar Vitamine und Mineralstoffe und einfach mal einen anderen Geschmack als der übliche Zitronen- oder Orangengusto. Gesüßt ist die Limo mit Traubensüße, auch ein Zahnkiller, aber nicht so penetrant süß wie Zucker. Drin ist er aber, je Flasche sind´s gut 24 Gramm. Das ist nicht wenig – aber auch nicht mehr, als die meisten anderen Bio-Limos liefern. Aromen findet man keine. Gut so.

Sinnhaftigkeitsfaktor: mittel
Warum? Gurke als Geschmacksbringer ist echt innovativ, aber Limo muss eigentlich gar nicht sein – viel zu viel Zucker.

Brotaufstrich Kichererbse Ingwer von Sanchon

Sanchon Brotaufstrich Kichererbse Ingwer
Lecker und mineralstoffreich: Sanchon Brotaufstrich Kichererbse Ingwer (Foto: Sanchon)

Hülsenfrucht im Glas: Brotaufstriche enthalten meist Tomate, gemahlenen Sonnenblumenkerne, Tofu oder Frischkäse. Dieser hier bringt vor allem Kichererbsen aufs Brot. Die mineralstoffreichen Winzlinge sind nicht nur sehr gesund und sollten wegen der vielen Mineralstoffe und Ballaststoffe öfters gegessen werden, sie schmecken auch oberlecker. Hier werden sie mit Ingwer und Curry gewürzt und bekommen so eine orientalische Note. Üppig ist der Aufstrich schon, aber er wird ja nicht gelöffelt, sondern kommt, wie gesagt, aufs Brot.

Sinnhaftigkeitsfaktor: hoch
Warum? Hülsenfrüchte als Brotaufstrich, das ist gut und mal etwas anderes als der ewige Käse.

„Goodel“ aus Roten Linsen von Govinda

Linsen-Nudel: Wie gesagt, Hülsenfrüchte sind gesund wegen all der Mineral- und Ballaststoffe. Viele mögen sie, können sie aber nicht essen, da sie den Darm grummeln lassen – jedes Böhnchen gibt ja „ein Tönchen“. Jetzt kommen Hülsenfrüchte als Nudel auf den Tisch. Drin ist nur fein gemahlenes Linsenmehl, punkt. Das sollte für Empfindliche besser verdaulich sein als die gröberen Linsen. Probieren geht über Studieren. Wer damit klar kommt, kann auch Goodeln aus Kichererbsen und Mungobohnen probieren – das sind ebenfalls Hülsenfrüchte. Zubereitet werden sie wie Nudeln.

Sinnhaftigkeitsfaktor: hoch
Warum? Eine schlaue Idee, und gesund ist es auch noch.

Verträgliche Hülsenfrüchte: Govinda „Goodeln“ sind Nudeln aus Linsen
Verträgliche Hülsenfrüchte: Govinda „Goodeln“ sind Nudeln aus Linsen (Foto: Govinda)

Mediterrane Brösel von Herbaria

Super-Brösel: Das ist wirklich mal was ganz anderes: Semmelbrösel mit Geschmack. Sie sind nicht nur als knusprige Panade für Fisch, Fleisch und Gemüse gedacht, sondern auch als Topping für Pasta und Salat oder als Knusperzutat in Bratlingen. Basis ist Bio-Vollkornbrot, das fein gemahlen und mit Rosmarin, Knoblauch, Oregano, Fenchel und Thymian gewürzt wird, alles ist ohne Salz. Neben den mediterranen gibt es auch bayerische Brezen-Brösel, Nordische Brösel mit Dill und Fenchel für Fisch sowie süße Dinkel-Brösel mit Mango, Holunder und Zimt für Desserts.

Sinnhaftigkeitsfaktor: Hoch
Warum: Echt innovativ und bereichernd für die vegetarische und sonstige Küche

Pizza Salami von Biopolar

Biopolar Pizza Salami & Mozzarella
Etwas regionaler: Biopolar Pizza Salami & Mozzarella (Foto: Biopolar)

Regio-Pizza mit Sauerteig: Ein Sauerteig, der 48 Stunden gehen durfte, ist die feine Grundlage dieser Pizza mit Salami. Fermentiert Weizen sehr lange, wird er bekömmlicher, denn Gluten wird abgebaut. Die Pizza wird regional in einem italienischen Familienbetrieb in Berlin nach neapolitanischer Rezeptur gebacken. Der Mozzarella kommt ebenfalls direkt aus Berlin. Nicht drin sind: Zucker (üblich bei Pizza) und Nitritpökelsalz (üblich in Salami). Die Firma kommuniziert offen, wo´s noch hakt: das für den Teig nötige eiweißreiche Mehl kommt teils aus den USA, die Salami enthält (noch) Ascorbinsäure, die Hefe ist Nicht-Bio.

Sinnhaftigkeitsfaktor: mittel
Warum? Gute Rezeptur, teils regio, aber die Hefe ist nicht Bio und das Mehl kommt von weit her.

Sylter Dressing von Emils

Emils Sylter Dressing
Ohne Zusatzstoffe: Emils Sylter Dressing (Foto: Emils)

Bio-Bio-Dressing ohne Dickungsmittel: Die bessere Antwort auf all die Sylter Salatdressings, die es so gibt. Denn dieses hier ist vegan mit Rapskernöl, Balsamicoessig, Apfelsaft (leider aus Konzentrat) und Senf. Es sind keine Dickungsmittel drin, das muss betont werden. Denn diese und die anderen Emils-Saucen sind die einzigen Dressings am Markt ganz „ohne Bindemittel“. Auch hervorzuheben: null Zusatzstoffe. In die Flasche kommen nur Zutaten, die in jeder Küche stehen. Pasteurisiert wird hier nichts, die Mischung ist stabil und hält ungekühlt mindestens neun Monate. Und alles ist Bioland-zertifiziert, Bio-Bio also.

Sinnhaftigkeitsfaktor: mittel
Warum? Mehr Bio geht nicht: Bioland-Zutaten, 0 Zusatzstoffe, 0 Pasteurisation. Nur selber machen bleibt besser.

Vegane Vleischknödel von Hänsel & Gretel

Hänsel & Gretel vegane Vleischknödel
Wer’s braucht: Vegane Vleischknödel von Hänsel & Gretel (Foto: Hänsel & Gretel)

Vleischlos: Norddeutsche Bio-Food-Tester vermissen Knödel ja nicht, ob mit oder ohne Fleisch. Aber die Veganer im Süden? Vielleicht sind die neuen Bio-veganen Vleischknödel eine Alternative für sie: Der Knödel selbst ist aus Weizenmehl und Kartoffeln, die Füllung enthält Seitan, also fermentierten Weizen, der kräftig gewürzt ist mit Sojasauce, Knoblauch und Pfeffer. Richtig bayerisch ist das nicht – also vielleicht doch was für Nordlichter? Die tiefgekühlten Knödel ziehen in Salzwasser knapp 20 Minuten gar.

Sinnhaftigkeitsfaktor: mittel
Warum? Wenig Fleischknödelfeeling und stark verarbeitet – Weißmehl, Kartoffelflocken, Seitan (Weizeneiweiß und Mehl) und zehn weitere Zutaten. Immerhin keine Zusatzstoffe.

Utopia meint: Bio-Produkte sind nicht per se sinnvoll, manchmal sind auch überflüssig – wenn das eigentliche Produkt eben fragwürdig ist. Wirklich absurd wird es, wenn Produkte nicht nur überflüssig sind, sondern uns auch noch schaden. So wie diese hier:

Weiterlesen auf Utopia.de:

Hier noch das lustige Video des „Biowandlers“, der alle konventionellen in Bio-Waren verwandeln kann – das hätten wir doch alle gern:

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