Bewusster Konsum ist schon raus aus der Nische, bloß die bewusste Produktion traut sich noch nicht. Dabei muss sie näher ran an den Kunden – ihn aktiv verführen.
Die Zahl bewusster Konsumenten wird für Deutschland auf 15 Millionen Menschen geschätzt. Allein Utopia erreicht jeden Monat diese Anzahl an Menschen. Bei ausgesuchten Kaufentscheidungen berücksichtigen sie ökologische und soziale Implikationen ihres Konsums.
Alles super also? Nein. Denn auch bei den bewussten Konsumenten ist die Mehrheit bequem und handelt situativ – es sind „lazy consumer“ (in Anlehnung an den Begriff des „lazy environmentalist“, des „bequemen Umweltschützers“).
Der Lazy Consumer sagt: machs mir leicht!
Moderne Kunden wollen eigentlich richtig handeln und bewusster konsumieren. Aber sie tun es nicht immer und nicht immer konsequent. Sie schwanken zwischen Genuss und Verantwortung, zwischen Bequemlichkeit und Bemühung. Und sie beschränken sich auf ausgesuchte Konsumbereiche, etwa solche, die ihnen wichtig sind, in denen sie sich auskennen – oder wo sie nachhaltige Kaufentscheidungen leicht in ihren Alltag integrieren können.
Daher wünscht sich der Lazy Consumer von Unternehmen und Medien, dass sie es ihm so einfach wie möglich machen, sich für nachhaltigere Produktalternativen zu entscheiden. Es ist, nebenbei gesagt, das Rezept des Erfolges von Utopia.de, dass wir genau das ziemlich kompromisslos umsetzen.
Den Lazy Consumer ansprechen
Für Unternehmen bedeutet dies: Wenn sie bewusste Konsumenten für ihre Produkte begeistern und Reputation über Nachhaltigkeit aufbauen wollen, dann müssen sie
- sie mit attraktiven, nachhaltigeren Produkten überzeugen,
- die leichte Auffindbarkeit und Verfügbarkeit der Produkte am POS oder im Web sicherstellen,
- die Nachhaltigkeitsvorteile der Produkte über plakative Botschaften zum potentiellen Kunden transportieren.
Noch ist oft das Gegenteil der Fall. Unternehmen – und teils auch Medien – machen es den Konsumenten denkbar schwer, sich für nachhaltigere Alternativen zu entscheiden.
Ein Beispiel: Fair Fashion.
Wer Mode mit gutem Gewissen kaufen möchte, sieht sich mit folgenden Fragen konfrontiert: Wo finde ich nachhaltige Mode? Wie erkenne ich sie? Kann ich mich darauf verlassen, dass, wenn ich für Mode mehr Geld ausgebe, sie wirklich nachhaltiger produziert wurde? – Wer zum Shoppen in die Stadt fährt, will sich aber nicht mit diesen Fragen beschäftigen müssen, sondern Kleidung kaufen und dabei Freude empfinden.
Dem Lazy Consumer entgegenkommen
Doch schon beim Versuch, diesen Genuss auch mit Verantwortung zu verbinden, scheitert der bewusste Konsument in jeder modernen Einkaufsstraße. Wer kennt denn schon die wenigen Eco-Fashion-Läden der Stadt? Und wie, bitteschön, soll man in einem konventionellen Mode-Laden die nachhaltige Mode erkennen? Dem Lazy Consumer wird es hier schwer gemacht.
Anders sieht das beim Onlinekauf für nachhaltige Mode aus. Marken und Shops wie Avocadostore oder Armedangels verzeichnen kontinuierlich starke Umsatzzuwächse und auch Marken wie H&M legen nicht ohne Grund faire und organische Kollektionen auf. Sie machen es ihren Kunden leicht.
„Die Konsumenten wollen ja nicht“, stimmt eben nicht mehr: sie wollen schon. Sie wollen nur keine Umstände damit haben, keine Nachteile in Kauf nehmen müssen. Haben sie es leicht, erkennen sie den Nachhaltigkeitsvorteil und stimmen Qualität und Design der Produkte, dann greifen sie zu.
Was folgt daraus für die Kommunikation?
Dreierlei:
- Nachhaltigkeitskommunikation muss einfach sein. Konsumenten wollen keine langen Abhandlungen, sondern kurze, klare Empfehlungen aus vertrauenswürdiger Quelle.
- Nachhaltige Kommunikation muss die Alltagswirklichkeit der Konsumenten widerspiegeln. Sie darf nicht pädagogisch moralisieren, sie muss relevante Inhalte attraktiv präsentieren.
- Nachhaltiger Konsum bleibt noch einige Zeit ein Push-Thema. Nachhaltige Angebote werden eher zögerlich aktiv nachgefragt – aber sehr wohl genutzt, wenn sie entsprechend attraktiv präsentiert werden.
Wer als Unternehmen mit Nachhaltigkeit erfolgreich sein will, sollte daher beides tun: Überzeugende Angebote machen und Nachhaltigkeitsvorteile glaubwürdig kommunizieren. Denn: Bewusste Konsumenten sind offen für Inspiration, für Anregungen zu Konsumverhalten und Lebensstil, für grüne Produktneuheiten. Sie wollen nachhaltig handeln – aber dazu nicht ihr Leben auf den Kopf stellen. Wenn Konsumenten Nachhaltigkeit problemlos in ihren alltäglichen Konsum und Lifestyle integrieren können, dann machen sie das auch. Wir müssen sie bloß dazu verführen.
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