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12 Jahre nach Rana Plaza: Die Ausbeutung geht weiter

Modeindustrie Textilien Rana Plaza
Foto: © triocean – stock.adobe.com

2013 starben über 1.000 Menschen, weil eine Textilfabrik einstürzte. Diese Katastrophe ist auch heute noch ein Symbol für die brutalen Bedingungen, unter der unsere Schnäppchenmode entsteht. Lieferkettengesetze sollten Ausbeutung in der Textilindustrie eigentlich bekämpfen – doch aktuell wird genau dieser Schutz zurückgebaut. Warum das fatal ist und wie es heute um Bangladesch steht.

Am 24. April 2013 stürzte die Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesch ein, dabei kamen über 1.100 Menschen ums Leben. In dem Gebäude entstanden auch Produkte für europäische Modemarken und deren Zulieferer, unter anderem für Primark, Benetton, C&A, KiK und Adler.

Auch lange nach Rana Plaza: Situation in Bangladesch prekär

12 Jahre später produzieren westliche Konzerne noch immer in Billiglohnländern. Es gab zwar gewisse Fortschritte bei Sicherheitsvorkehrungen, doch noch immer gehört Ausbeutung im Textilsektor zum Alltag.

In Bangladesch selbst wurde zwar der Mindestlohn erhöht, aber er ist nach wie vor nicht existenzsichernd. Erst im März 2025 wurden offenbar mehrere Gewerkschaftsführer ohne Anklage verhaftet und gefoltert. Der Konzern hinter der Textilfabrik, die mit dem Vorfall in Verbindung gebracht wird, unterhält offenbar Geschäftsbeziehungen mit Marken wie Kappa und zu Lidl.

Lieferkettengesetze sollen helfen – aber sie werden abgeschwächt

Um solche Rechtsverletzungen zu verhindern und Menschenrechte entlang von Lieferketten zu stärken, wurden in den letzten Jahren unter anderem Lieferkettengesetze erlassen. Doch das EU-Parlament hat unlängst beschlossen, das europäische Lieferkettengesetz (CSDDD) zu verschieben. Das Gesetz tritt nun voraussichtlich erst 2028 in Kraft und soll auch inhaltlich abgeschwächt werden. Und die neue Bundesregierung hat laut Koalitionsvertrag vor, das deutsche Lieferkettengesetz (LkSG) durch ein neues Gesetz zu ersetzen und unter anderem die Berichtspflicht und Sanktionierungen zu streichen.

„Diese Änderungen würden das Gesetz de facto wirkungslos machen“, warnt Berndt Hinzmann von INKOTA in einer Pressemitteilung. Er sieht eine direkte Verbindung zu den Verhaftungen in Bangladesch: „Wenn Unternehmen nicht genötigt sind, strukturelle Risiken in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Zivilgesellschaft zu beseitigen, ist dies ein Freiraum für gravierende Menschenrechtsverletzungen. Zwölf Jahre nach Rana Plaza darf der wichtige Fortschritt – die rechtliche Verpflichtung von Unternehmen dem Einhalten von Menschenrechten – nicht wieder zurückgedreht werden.

Ausbeutung in der Textilindustrie: Was können Verbraucher:innen tun?

Auch die Fashion Revolution Week (von 21. bis 27. April) erinnert jährlich mit diversen Aktionen an die Katastrophe von Rana Plaza aufmerksam. Im Laufe der Woche fanden in ganz Deutschland diverse Aktionen statt, die über Missstände informieren oder zu einem sinnvolleren Umgang mit Mode motivieren sollen. (Hier eine Übersicht.)

Auch bei Kaufentscheidungen sollte man einige Dinge berücksichtigen, zum Beispiel:

  • Nicht bei Fast-Fashion-Labels kaufen,
  • sich über Siegel informieren und beim Kauf darauf achten
  • und nur konsumieren, was man wirklich braucht.

Aber: Nur durch bewusstes Einkaufen werden sich Bedingungen entlang der Lieferketten wohl nicht ändern. Bernd Hinzmann erklärt im Interview mit Utopia, wie wichtig es ist, dass Verbraucher:innen politischen Druck aufbauen, um den Textilsektor nachhaltig zu verändern. Dazu kann auch zählen, sich bei Aktionen und Kampagnen zu beteiligen, die sie für nachhaltige Einkaufspraktiken oder Gesetze einsetzen.

Utopia meint: Die Bilanz, zwölf Jahre nach dem Einsturz von Rana Plaza, ist mehr als ernüchternd. Die Textilindustrie ist noch immer von Ungerechtigkeit, Ausbeutung und mangelnder Transparenz geprägt. Die Lieferkettengesetze waren eine wichtige Errungenschaft, doch die Politik will ihnen nun die Zähne ziehen. Umso wichtiger ist es, jetzt aktiv auf Missstände aufmerksam zu machen. Es bleibt zu hoffen, dass Opposition, Industrie und Verbraucher:innen nicht zulassen, dass sich die Geschichte wiederholt.

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