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500 autofreie Straßen: Paris stimmt für Ausbau der Verkehrswende

Parkplätze Paris
Foto © Rachel Boßmeyer/dpa

Die Pariser:innen haben für mehr Platz für Fußgänger:innen und weniger für Autos gestimmt: Hunderte Straßen der französischen Hauptstadt sollen künftig autofrei werden.

Bei einer Bürgerbefragung in Paris sprach sich eine klare Mehrheit für das Vorhaben aus, 500 Straßen zu begrünen und für den motorisierten Verkehr zu sperren. Die Umsetzung soll in den kommenden Jahren erfolgen – doch das Projekt ist noch nicht in trockenen Tüchern.

Nur geringe Beteiligung – trotzdem klares Signal

Gerade einmal vier Prozent der knapp 1,4 Millionen Wahlberechtigten beteiligten sich an der Abstimmung. Trotzdem sieht Bürgermeisterin Anne Hidalgo darin ein starkes Zeichen für die grüne Verkehrswende. Die sozialistische Stadtchefin betonte, das Votum richte sich nicht nur gegen Lärm und Abgase, sondern sei auch ein Schritt zur Anpassung an den Klimawandel.

Die Auswirkungen des Vorhabens wären deutlich spürbar: Rund 10.000 Parkplätze könnten in den kommenden Jahren wegfallen, Autofahrende müssten sich auf Umwege einstellen. Welche Straßen genau zur autofreien „Garten-Straße“ werden, soll nun lokal entschieden werden – in jedem der 20 Stadtviertel etwa 25. Die Stadt rechnet mit einer Umsetzungszeit von drei bis vier Jahren.

Eine Infotafel der Stadt Paris weist Bürgerinnen und Bürger auf die Abstimmung hin. Die Pariser haben entschieden, ob 500 Straßen künftig für Autos gesperrt werden sollen (Foto © Rachel Boßmeyer/dpa)

Paris als Vorreiterin der Verkehrswende

Die französische Hauptstadt verfolgt seit Jahren eine konsequente Verkehrswende-Politik. Bereits heute sind rund 220 der über 6.000 Pariser Straßen autofrei – besonders in Schulnähe. Zudem gilt in weiten Teilen der Stadt Tempo 30, und in der Innenstadt ist der Durchgangsverkehr stark eingeschränkt. Seit 2002 ist der Autoverkehr um fast 50 Prozent gesunken. Dennoch beanspruchen Autos laut Stadtplanungsamt weiterhin mehr als die Hälfte des öffentlichen Raums.

Die Bürgerbefragung zur Verkehrsberuhigung war bereits die dritte ihrer Art. Zuvor ließ Paris im April 2023 über ein Verbot von Leih-E-Tretrollern abstimmen und im Februar 2024 über höhere Parkgebühren für schwere Autos – beide Male mit ebenfalls geringer Beteiligung.

Am unteren Seineufer genießen heute Menschen den Sommerabend. Vor einigen Jahren verlief hier noch eine innerstädtische Schnellstraße. (Foto © Rachel Boßmeyer/dpa)

Gegenwind aus konservativen Bezirken

Nicht überall in der Stadt stößt das Vorhaben auf Zustimmung. In drei der 20 Stadtviertel stimmte eine Mehrheit gegen die autofreien Straßen. Die konservative Opposition warnt vor negativen Folgen für Einzelhändler und Rettungsdienste sowie vor hohen Kosten. Zudem wirft sie dem Rathaus Propaganda und eine einseitige Kommunikationskampagne vor. Der Begriff „Garten-Straßen“ sei irreführend, so der Vorwurf.

Brisant ist die Debatte auch mit Blick auf die nächste Kommunalwahl im Jahr 2026. Sollte die Opposition das Rathaus übernehmen, könnte das Projekt gestoppt oder zumindest stark abgeschwächt werden.

Ein Vorbild für Deutschland?

Auch in deutschen Städten wird die Entwicklung in Paris aufmerksam beobachtet. Ein solches Vorgehen sei hier jedoch rechtlich nicht möglich, erklärt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. In Deutschland müssten Straßen per Entwidmungsverfahren für Autos gesperrt werden – unter Berücksichtigung der Interessen aller Verkehrsteilnehmenden, etwa auch der Händler.

Viele Städte in Deutschland bemühten sich dennoch längst um neue Verkehrskonzepte. Dazu gehörten auch gezielte Straßensperrungen – wenn sie ins lokale Verkehrskonzept passten. Klar sei aber: „Wenn wir weniger Autoverkehr haben wollen, dann brauchen wir mehr öffentliche Verkehrsmittel – mit guter Taktung und guter Erreichbarkeit“, so Dedy. Hier hapere es häufig an der Finanzierung.

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