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510 Medikamente betroffen: „Wir rechnen mit noch schlimmeren Engpässen“

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Foto: cc0 public Domain - Unsplash/ Roberto Sorin

Auch in diesem Herbst und Winter wird es zu Medikamentenmangel kommen, das sagen verschiedene Expert:innen voraus. Diese Engpässe könnten noch schlimmer als in den Vorjahren ausfallen. Aktuell sind bereits mindestens 510 Arzneimittel betroffen.

Mittel zur Behandlung von Krebs und Antibiotika werden seit Jahren häufiger knapp. Seit Ende 2022 kam es auch bei Arzneien für Kinder zu Engpässen, zum Beispiel bei bestimmten Fiebersäften. Der Bundestag verabschiedete im Juni ein Gesetz, das dem Medikamentenmangel künftig vorbeugen sollte. Anscheinend ohne Erfolg.

„Wir rechnen mit noch schlimmeren Engpässen“, erklärte Jakob Maske, Bundespressesprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es fehle an Antibiotika, Schmerz- und Fiebersäften, Inhalationsprodukten mit Cortison sowie Impfungen. Die Versorgungslage habe sich gegenüber Vorjahr kaum verbessert, Eltern müssten immer noch „20 oder 30“ Apotheken auf der Suche nach passenden Medikamenten abtelefonieren.

Engpass: 510 rezeptpflichtige Arzneimittel fehlen

Der Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker, Christopher Jürgens, verwies gegenüber dem RND auch auf Probleme bei der stationären Versorgung. Ein Medikament, das bei schweren Herzinfarkten zum Einsatz kommt, sei laut Hersteller bis Mitte 2025 nicht lieferbar. Kliniken und Rettungsdienste würden es nur nutzen, wenn der Einsatz „zwingend erforderlich“ sei. Auch die Verfügbarkeit bestimmter Schmerzmittel sei regelmäßig eingeschränkt. Zwar würden Gegenmaßnahmen ergriffen, doch dies könne „die Arzneimitteltherapiesicherheit negativ beeinflussen“.

Laut Engpassliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sind 510 rezeptpflichtige Arzneimittel betroffen. In Wahrheit könnten der Medikamentenmangel noch größer sein, die Meldung zu Engpässen ist freiwillig.

Gründe für Medikamentenmangel

Laut RND gab es dieses Jahr kaum ein „Sommerloch“ im Aufkommen von Infektionskrankheiten bei Kindern. Die Immunität sei durch die die Schutzmaßnahmen während der Coronapandemie gesunken, deshalb seien mehr Menschen für Infektionen erreichbar. Das ist ein Grund für den Mangel – doch auch andere Faktoren spielen mit hinein.

Der russische Angriffskrieg hat Lieferketten unterbrochen, für Medikamente und deren Verpackung. Viele Hersteller befinden sich nämlich nicht in Deutschland, sondern in Ländern wie Indien und China. Auch Hamsterkäufe könnten künstliche Engpässe schaffen, der BVKJ rät Eltern deshalb davon ab.

Lieferengpassbekämpfungsgesetz kann Mangel nicht aufheben

Das Lieferengpassbekämpfungsgesetz des Bundesregierung bringe eine Verbesserung, aber die Mangellage werde dadurch nicht aufgehoben, erklärt BVKJ-Sprecher Maske. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Hersteller einen Vorrat an Medikamenten anlegen müssen, für die Krankenkassen Rabattverträge angeschlossen haben. Bei Arzneimitteln für Kinder sollte es keine Rabattverträge mehr geben, Hersteller durften Preise anheben, damit Deutschland als Abnehmer attraktiver wird.

Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes, erklärt das Problem gegenüber RND: „Der Kostendruck im Gesundheitswesen führt zu immer mehr Globalisierung und Preisdumping. Eine erhöhte Versorgungssicherheit muss dagegen langfristig geplant, bestellt und auch bezahlt werden, aber das sollte sie uns wert sein.“ Er rechnet mit „zahlreichen“ Lieferengpässen im Herbst und Winter und geht davon aus, dass sich die Situation in naher Zukunft nicht entspannen werde.

Verwendete Quellen: RND

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