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Amazon: Reporter verkauft Urin-Drink – um über Missstände zu informieren

Amazon steht vielfach in der Kritik
Foto: CC0 Public Domain / unsplash - Yender Gonzalez

Eine britische Doku beleuchtet die Arbeitsbedingungen von Amazon-Lieferant:innen kritisch. Viele Fahrer:innen klagen über mangelnde Zeit für Toilettenpausen – und erleichtern sich deshalb in Flaschen. Ein Reporter hat den Urin nun zum Verkauf angeboten.

Eine neue Dokumentation des britischen Senders Channel 4 zeigt eine ungewöhnliche Geschäftsidee: In „The Great Amazon Heist“ bietet Reporter Oobah Butler den Urin von Amazon-Fahrer:innen auf Amazon zum Verkauf an – als Energydrink. Dieser schaffte es demnach zwölf Stunden nach Markteinführung auf Platz 1 der Verkaufs-Charts für die Kategorie „Bitter Lemon“.

Mit der Aktion will Butler auf die schlechten Arbeitsbedingungen der Fahrer:innen des US-Onlineversandhändlers aufmerksam machen: Die Angestellten haben offenbar oft keine Möglichkeit, Toilettenpausen einzulegen – weshalb viele in Flaschen urinieren.

Angestellte urinieren in Flaschen – wegen Zeitdruck bei der Arbeit

In der Doku spricht Butler mit Amazon-Zusteller:innen in verschiedenen Ländern, die zugeben, Flaschen zu nutzen, weil ihnen keine Zeit für Klopausen bleibe. Ein Fahrer in Los Angeles erklärt, dass es sich zwar „erniedrigend“ anfühle, sich in eine Flasche erleichtern zu müssen – doch er sehe keine andere Option. Wer zu lange brauche, um die Pakete auszuliefern, werde in der Regel gefeuert. Die Lieferant:innen müssen täglich bestimmte Quoten erfüllen und werden bei ihren Lieferungen genau überwacht, heißt es in der Doku.

An manchen Amazon-Standorten sei es explizit untersagt, in Flaschen zu urinieren. Werden entsprechende Behälter wiederholt in Lieferfahrzeugen entdeckt, drohe die Kündigung. Aus diesem Grund werfen viele Angestellte die Flaschen kurz vor Ankunft im Lager aus dem Fenster. Dort fand Butler sie – und beschloss, den Inhalt zu verkaufen.

Reporter verkauft „Realease Energy“ auf Amazon

Den Urin füllte Butler in selbstgestaltete Flaschen der fiktiven Marke „Release Energy“ um. Über Amazon inszenierte er einen Verkaufsstart des Getränks, wobei er die Inhaltsstoffe korrekt angab – darunter Wasser, Harnstoff, Kreatinin und Harnsäure. Der „Energydrink“ konnte auf der Verkaufsplattform trotzdem als Getränk verkauft werden.

Nach Einstellen des Produkts ließ der Reporter Freund:innen Bestellungen aufgeben und positive Bewertungen schreiben. So schaffte es „Release Energy“ nach zwölf Stunden auf Platz 1 der Verkaufs-Charts für die Kategorie „Bitter Lemon“. Als schließlich Fremde begonnen, das „Getränk“ zu bestellen, brach Butler das Projekt ab.

Die Doku thematisiert auch andere Kritikpunkte an Amazon. Butler ließ beispielsweise seine vier- und sechsjährigen Nichten über den Sprachassistenten „Alexa“ Messer, Gartensägen und Rattengift bestellen – erfolgreich und ohne Altersabfrage.

Ausschnitte der Doku gibt es auch auf YouTube zu sehen.

Amazon äußert sich zu Doku

Amazon hat sich gegenüber der Süddeutschen Zeitung (SZ) zu der Dokumentation geäußert. Sie zeichne ein stark verzerrtes Bild des Konzerns, heißt es. Das Wohlergehen der Fahrer:innen liege Amazon am Herzen, Sicherheit genieße höchste Priorität.

Das Problem um die Toilettenpausen und Flaschen wurde in den USA allerdings schon vor Jahren bekannt – und bisher offenbar nicht gelöst. In den Vereinigten Staaten und in Großbritannien streiken Angestellte des Konzerns regelmäßig, unter anderem gegen Entlassungen und für besseren Lohn. Auch in Deutschland hatte die Gewerkschaft Verdi Amazon-Mitarbeiter:innen im Juli zum Streik aufgerufen.

Verwendete Quellen: Channel 4, YouTube , SZ

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