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Atomkraft in Deutschland: Marc-Uwe Kling startet „Söder-Challenge“

Söder-Challenge
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa // Marc-Uwe Kling (Screenshot: Instagram)

Die Rückkehr zur Atomkraft ist eines der Kernthemen von Markus Söder (CSU) im Wahlkampf – und wird kontrovers diskutiert. Jetzt schaltet sich der „Känguru“-Autor Marc-Uwe Kling in die Debatte ein und ruft zur „Söder-Challenge“ auf.

Im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 hat Markus Söder, Vorsitzender der CSU und bayerischer Ministerpräsident, die Rückkehr zur Atomkraft als ein zentrales Thema seiner Energiepolitik positioniert. Er bezeichnete den Atomausstieg 2023 als „Fehler“ und fordert schon lange die Reaktivierung abgeschalteter Atomkraftwerke sowie den Bau neuer Anlagen. Söder argumentiert, dass ohne Atomkraft die Klimaziele in Deutschland und Bayern nicht zu erreichen seien.

Der Liedermacher und Autor Marc-Uwe Kling („Die Känguru-Chroniken“) sieht das offensichtlich anders. „Der Söder Markus und ich sind nicht immer einer Meinung“, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Video auf seinem Instagram-Kanal, „aber ich bin bereit, ein Loblied auf ihn, seine Demut, seine Weitsicht und seinen lösungsorientierten Politikstil zu schreiben.“ Allerdings knüpft der Künstler dies an eine Bedingung – und geht somit eine von Kling selbst als „Söder-Challenge“ bezeichnete Wette ein.

Was ist die „Söder-Challenge“?

Um das Loblied zu bekommen, müsse Söder nur einen einzigen Anbieter finden, der bereit sei, „auf eigenes ökonomisches Risiko, das heißt ohne staatliche Garantien und Subventionen“ ein Atomkraftwerk in Deutschland zu bauen. Kling spielt damit darauf an, dass mehrere Expert:innen und sogar die ehemaligen Betreiber der deutschen AKWs einen Weiterbetrieb oder gar Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland als unwirtschaftlich ablehnen. So sagte Preussen-Elektra-Chef Guido Knott, dessen Unternehmen eines der letzten drei deutschen Kernkraftwerke betrieb, gegenüber ZDF Heute: „Für uns gibt es kein Zurück mehr.“

Marc-Uwe Klings „Söder-Challenge“ hat aber noch einen zweiten Teil: „Wenn Markus Söder überdies noch eine deutsche Gemeinde benennt, die das AKW samt Endlager haben will“, führt er fort, „dann schreibe ich ein ganzes Comedyprogramm, in dem ich mich nur über Robert Habeck lustig mache, und toure damit durch Schleswig-Holstein.“

Markus Söder ist bekannt dafür, in seinen öffentlichen Aussagen den aus Schleswig-Holstein stammenden Bundeswirtschaftsminister der Grünen häufig und hart zu kritisieren. Außerdem lehnt der CSU-Vorsitzende ein Endlager in Bayern – trotz seiner Pro-Atomenergie-Haltung – seit Jahren ab. Marc-Uwe Kling will Söder mit seinem Angebot nun also selbst in die Pflicht nehmen: eine Anti-Habeck-Tour im Austausch gegen eine Gemeinde, die ein AKW plus Endlager bei sich akzeptiert.

Wer macht mit bei der Söder-Challenge?

Marc-Uwe Kling glaubt nicht daran, dass Kernenergie in Deutschland noch ökonomisch sinnvoll sei. Das Risiko, dass er bei der Challenge habe, sei daher gleich null. Der Autor ruft auch seine Follower:innen auf, mit dem Hashtag #SoederChallenge bei der Aktion mitzumachen. „Bietet dem Markus was Schönes an, falls er es schafft“, sagt Kling.

Die ersten prominenten Personen haben bereits auf den Aufruf reagiert: Comiczeichner Ralph Ruthe schrieb am Dienstag: „Morgen kommt mein Video!“ Komiker Oliver Kalkofe antwortete „Handeln statt propagandeln – soll Maggus mal liefern statt immer nur zu meckern!“ und kündigte seinen Beitrag zur Söder-Challenge für Donnerstag an. Der Linken-Politiker Daniel Feuerberg aus Sachsen-Anhalt nimmt ebenfalls teil. Er kündigte an, allen Sozial- und Einkommensschwachen den Eintritt zur möglichen Schleswig-Holstein-Tour von Marc-Uwe Kling zu bezahlen, „damit auch die über Robert Habeck lachen können“.

Atomkraft in Deutschland: Eine gute Idee?

Markus Söder steht mit seiner Haltung zur Atomkraft nicht alleine da. Im gemeinsamen Wahlprogramm der CDU und CSU zur Bundestagswahl 2025 steht: „Wir halten an der Option Kernenergie fest.“ Die Hoffnung der Union liegt dabei auf Forschung zu Kernenergie „der vierten und fünften Generation“, also Small Modular Reactors (SMR, auch als Mini-AKWs bezeichnet) und Fusionskraftwerke.

Energieökonom Mathias Mier vom ifo-Institut ordnet gegenüber ZDF Heute jedoch ein, dass Kernfusion noch lange nicht marktreif sei. Die bisherigen Versuchsanlagen seien noch viel zu ineffizient. Er könne sich daher nicht vorstellen, dass ein Fusionskraftwerk „vor Ende des Jahrhunderts“ kommerziell nutzbar sein werde, zumal die Technologie mit den vergleichbar günstigen Solar-und Windanlagen konkurrieren müsse.

Auch SMRs hält Mier für keine wirtschaftlich sinnvolle Option. Sie seien teurer als herkömmliche Atomkraftwerke und selbst die „lohnen sich schon nicht zu bauen“. Außerdem rechne sich Atomstrom nur im Dauerbetrieb. Deutschland benötige aber flexible Kraftwerke, die seltene sonnen- und windarme Zeiträume abdecken.

Die Union strebt laut ihrem Wahlprogramm „schnellstmöglich eine fachliche Bestandsaufnahme an, ob angesichts des jeweiligen Rückbaustadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand noch möglich ist.“

Ob diese Prüfungen zu einem positiven Ergebnis führen würden, ist zumindest zu bezweifeln. Malte Küper, Referent für Energie und Klimapolitik beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln sieht hohe Hürden für einen Wiedereinstieg: „Geschultes Personal fehlt und die Anlagen haben nicht mehr die notwendigen Sicherheitsgenehmigungen. Außerdem zeigen die Betreiber wenig Interesse daran, wieder einzusteigen.“ An Projekten in Frankreich und England sehe man zudem, dass neue Kraftwerke oft deutlich später fertiggestellt und viel teurer werden als geplant. Er sieht in der Forderung der Union ein Wahlkampf-Manöver, energiepolitisch sei der Wiedereinstieg „nicht erforderlich“.

Dennoch: In der Bevölkerung bleibt die Forderung nach Atomkraft weit verbreitet. Bei einer 2023 durchgeführten Umfrage von Civey im Auftrag der Augsburger Allgemeinen sprachen sich 53 Prozent für Söders damaligen Vorschlag aus, die letzten Atomkraftwerke in Verantwortung der Länder weiterlaufen zu lassen. Nur 42 Prozent waren dagegen, Unterstützung kam von Wähler:innen der Union, FDP und AfD. Wähler:innen der Linken, SPD und Grünen lehnten den Vorschlag eher ab.

Verwendete Quellen: CSU, BR, ZDF Heute, Wahlprogramm CDU/CSU, Tagesspiegel, Augsburger Allgemeine, IW Köln

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