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Bilder aus Krisenregionen: Wie stumpft man nicht ab?

Israel Gaza Ukraine Bilder aus Krisenregionen: Wie stumpft man nicht ab?
Foto: CC0 Public Domain - Unsplash/ Mohammed Ibrahim

Gerade beherrschen Bilder aus Kriegsregionen die Nachrichten. Das Leid in der Ukraine oder im Nahen Osten bewegt viele Menschen – doch wie kann man mit dieser Emotion umgehen, ohne mit der Zeit abzustumpfen? Eine Neurowissenschaftlerin gibt Tipps.

Seit 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nun ist auch im Nahen Osten erneut Krieg ausgebrochen. Über die Medien werden Bilder von Gewalt und Leid vor Ort in die Welt getragen, um Menschen über die Situation zu informieren. Doch kann regelmäßige Konfrontation auch dazu führen, dass selbst schreckliche Szenen Menschen nicht mehr bewegen oder sie weniger Berichterstattung konsumieren.

Mit der Zeit drohen wir abzustumpfen. Warum ist das so und was kann man dagegen tun? Tania Singer, Leiterin der Forschungsgruppe Soziale Neurowissenschaften der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin, erklärt im Gespräch mit der Zeit den Prozess und rät zu Mitgefühl statt Empathie. Dies kann ihr zufolge helfen, involviert zu bleiben – um so zu vermeiden, das große Leid anderer Menschen, denen es viel schlechter geht als uns, nicht schrittweise zu verdrängen. 

„Empathischer Stress kann zu einem Burn-out führen“

Bilder aus Kriegsregionen lösen in der Regel starke Emotionen in uns aus. Singer erklärt gegenüber Zeit, dass das Beobachten von Leid anderer im Hirn ähnliche Netzwerke aktiviert wie eigenes Leid. „Das Gehirn simuliert also das Leid des anderen in uns, damit wir uns in denjenigen einfühlen können, der es erfährt und somit verstehen, wie er fühlt“, erklärt die Expertin. Wie stark man diese Empfindungen fühlt, hänge von verschiedenen Faktoren ab – unter anderem davon, ob man selbst ähnliches erfahren hat.

Doch manche Menschen scheinen die Bilder aus Nahost nicht zu berühren oder sie hören auf, weiter Berichte dazu zu konsumieren. Singer erklärt: „Wenn man dichtmacht, kann das ein Indiz dafür sein, dass man droht in den sogenannten empathischen Stress abzurutschen.“ Das geschieht ihr zufolge dann, wenn es nicht mehr gelingt, das Leid der andern vom eigenen abzugrenzen. Aus Selbstschutz mache man dann komplett zu.

Gelingt das nicht, könne empathischer Stress auf Dauer zynisch machen oder soziales Verhalten hemmen. „Er kann sogar zu einem Burn-out führen“, so die Expertin.

Emotional nicht abstumpfen: Mitgefühl ist besser als Empathie

Zu viel Empathie kann also zu einem Abstumpfen angesichts von Gewalt und Leid anderer führen. Um empathisch und involviert zu bleiben, empfiehlt Singer gegenüber Zeit, zwischen Empathie und Mitgefühl zu unterscheiden.

„Der wesentliche Unterschied zwischen Mitgefühl und Empathie ist, dass Mitgefühl eher eine Motivation ist als eine Emotion“, erklärt die Neurowissenschaftlerin. Die Emotion entspringe anderen Hirnnetzwerken, nämlich dem Fürsorgesystem, welches nicht das Leid des anderen spiegelt, sondern laut Singer eine Art „Herzenswärme“ erzeugt.

Wer mitfühlt, spürt nicht nur die Emotionen des anderen, sondern will, dass es der anderen Person besser geht. Es handelt sich also um kein unbeständiges Gefühl, sondern um eine dauerhafte Motivation, die den Impuls auslösen kann, zu helfen.

„Empathie ist die erste Tür, die automatisch aufgeht, wenn wir mit starkem Leid des anderen konfrontiert sind“, fasst die Expertin zusammen. „Wenn es uns in einem zweiten Schritt gelingt, diese erste empathische Reaktion in Mitgefühl zu transformieren, dann sind wir geschützt vor empathischem Stress.“

Wie man Mitgefühl ausdrücken kann

Idealerweise empfindet man beim Nachrichtenkonsum also eine Motivation, Menschen zu helfen – beispielsweise Zivilist:innen in Israel und Gaza. Doch hat man von Deutschland aus natürlich nicht direkten Einfluss auf das Geschehen vor Ort. Auch Singer sieht darin eine Schwierigkeit, betont aber gleichzeitig: „Es ist aber bei einer mitfühlenden Haltung auch nicht immer entscheidend, dass die daraus resultierende Handlung unbedingt der leidenden Person selbst zugutekommt.“

Im Falle des Nahost-Konflikts könne man zum Beispiel an eine Hilfsorganisation im Krisengebiet spenden. Oder nach Wegen suchen, Frieden im eigenen Leben oder im direkten Umfeld zu fördern, eben weil man nicht nach Gaza oder Israel fahren kann. So kann Mitgefühl laut der Expertin zu einer Haltung und einer Lebensanschauung werden.

Wie kann man helfen? Zahlreiche Organisationen sammeln Spenden für Opfer in Kriegsgebieten. Die Aktion Deutschland Hilft, ein Bündnis von mehr als 20 deutschen Hilfsorganisationen, leistet beispielsweise den Menschen in der Ukraine und den Geflüchteten in Nachbarländern Hilfe.

In Israel und Gaza ist der Zugang zu den betroffenen Menschen im Augenblick erschwert. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) unterstützt aber beispielsweise den Palästinensischen Roten Halbmond im Krisengebiet Gazastreifen bei der Verbesserung und Stärkung der humanitären Nothilfe und Gesundheitsversorgung. Auch die Caritas, die Hilfsorganisation medico international und viele andere Organisationen sammeln Spenden für Hilfsprojekte vor Ort.  

Verwendete Quellen: Zeit

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