Teurerer Agrardiesel und Steuern auch auf landwirtschaftliche Fahrzeuge – diese Pläne des Bundes stoßen in Niedersachsen auf Kritik. Kurz darauf lenkt der Bund ein, zumindest teilweise.
Im Streit um höhere Steuern für Landwirt:innen stellt sich Niedersachsens Landesregierung auf die Seite der Agrarbranche. Gemeinsam mit fünf Verbänden forderten Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen im Bundestag am Donnerstag auf, die Steuervergünstigungen für die Landwirt:innen beizubehalten.
Die Spitzen der Ampelkoalition hatten vereinbart, die subventionierte Steuer für Agrardiesel anzuheben und Kfz-Steuern für landwirtschaftliche Fahrzeuge einzuführen. Am Donnerstagnachmittag – nach der niedersächsischen Erklärung – dann die Kehrtwende: Die Kfz-Steuerbefreiung solle doch weiter bestehen, und die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel nicht auf einen Schlag, sondern schrittweise bis 2026 wegfallen, teilte die Bundesregierung mit.
Der Deutsche Bauernverband erklärte den Kompromissvorschlag jedoch umgehend für unzureichend. „Unsere Position bleibt unverändert: Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch„, sagte Präsident Joachim Rukwied. An einer Aktionswoche mit Demonstrationen, die am Montag beginnen soll, halte man weiterhin fest.
Weniger Agrarsubventionen: Niedersachen verteidigte Interessen der Landwirt:innen
Niedersachsens Agrarministerin Staudte hatte zuvor erklärt, die geplanten Belastungen hätten für die Landwirt:innen sofort geringere Einkommen zur Folge. Landvolk-Präsident Holger Hennies sagte, die Änderungen beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer könnten pro Betrieb mit 10.000 bis 20.000 Euro zu Buche schlagen. Auch die Verbraucherpreise könnten leicht steigen. Allerdings hätten die Erzeuger:innen dabei wegen internationaler Konkurrenz kaum Spielraum. „Das werden erstmal die Landwirte aus ihren Reserven bedienen“, sagte Hennies. Mittelfristig drohten Betriebsschließungen.
Weil kritisierte, die Landwirtschaft – einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Niedersachsen – solle unverhältnismäßig stark belastet werden. „Niedersachsen ist ein ganz wichtiges Agrarland“, sagte der Regierungschef. „Wir als Landesregierung wollen ausdrücklich, dass das so bleibt.“
Unterstützt wurde der Appell aus Niedersachsen vom Landvolk, von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der Organisation Land schafft Verbindung, dem Bund der deutschen Milchviehhalter und der Landesvereinigung ökologischer Landbau.
Landwirt:innen wollen Montag in Bremen protestieren
Die Landwirtschaft macht seit Wochen auch mit Demonstrationen gegen die Steuerpläne des Bundes mobil. Für die kommende Woche sind bundesweit weitere Aktionen angekündigt. Unter anderem werden am Montag rund 1000 Landwirt:innen mit ihren Treckern zu einer Sternfahrt nach Bremen erwartet.
Weil zeigte Verständnis für die Demos, mahnte aber, die Proteste müssten im gesetzlichen Rahmen bleiben. Mitte Dezember waren Landwirt:innen mit rund 30 Treckern auch vor das Privathaus von Agrarministerin Staudte gezogen und hatten dort 15 Minuten lang gehupt, wie die Grünen-Politikerin berichtet hatte. Staudte wertete das als versuchte Einschüchterung und hatte eine Anzeige angekündigt.
In der Erklärung der Landesregierung und der Bauernverbände ist vor diesem Hintergrund nun auch eine Distanzierung von „nicht angemessenen Verhaltensweisen“ bei den Kundgebungen enthalten. Proteste vor Privathäusern werden darin ausdrücklich als Beispiel genannt, ebenso wie das Zeigen von Galgen und das Verbrennen von Strohpuppen. Gemeinsam warnen die Unterzeichner zudem vor einer Vereinnahmung der Bauernproteste durch radikale Gruppierungen.
Lediglich eine Organisation, die Freien Bauern, habe diesen Erklärung nicht unterzeichnen wollen, sagte Ministerpräsident Weil. Er rief die Landwirt:innen, die dort mitmachen, daher dazu auf, ihre Unterstützung dieser Gruppe zu überdenken.
Kritik an Plänen für Agrarsteuer und an Demonstationen
Niedersachsens Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU) forderte die Landesregierung auf, den Bund über eine Bundesratsinitiative dazu zu bewegen, seine Agrar-Steuerpläne aufzugeben. Auch der Landesverband der FDP von Bundesfinanzminister Christian Lindner forderte eine Rücknahme der anfangs geplanten Änderungen für die Landwirtschaft.
Umweltschützer:innen kritisierten, dass der Deutsche Bauernverband trotz Einlenken der Regierung an der geplanten Protestwoche festhalten will. Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter erklärte in einer Pressemitteilung: “Das klimabedingte Hochwasser überflutet gerade Äcker und Weiden in ganz Deutschland und der Deutsche BauernverbBund lenkt bei Agrar-Protesten teilweise ein – Bauernverband dennoch unzufriedenand will weiter gegen Klimaschutz protestieren – das ist nicht nachvollziehbar.“ Er begrüßte das Auslaufen der Subventionen für fossile Kraftstoffe. Auch die Landwirtschaft müsse einen Beitrag leisten, um die Klimaschutzziele in Deutschland zu erreichen.
Verwendete Quellen: dpa, Greenpeace
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