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Claudia Kemfert warnt: Das ist die größte Gefahr für unser Stromnetz

Claudia Kemfert warnt: Das ist die größte Gefahr für unser Stromnetz
Foto: © Oliver Betke, CC0 Public Domain - Unsplash/ Fré Sonneveld

Verursachen Erneuerbare Energien wirklich Blackouts wie jenen in Spanien und Portugal? Wirtschaftsexpertin Claudia Kemfert klärt auf. Sie sieht das Sicherheitsrisiko nicht in der Energiewende, sondern weist auf eine ganz andere Gefahr hin.

Vergangenen Montag brach die Stromversorgung auf der Iberischen Halbinsel zusammen. Rund 55 Millionen Bewohner:innen hatten übereinstimmenden Medienberichten zufolge stundenlang keinen Strom, kein Internet und keinen Mobilfunk. Auch Ampelanlagen, U-Bahnen und Aufzüge fielen aus. Teils mussten Menschen aus Zügen gerettet werden.

Die Ursache des Blackouts ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt, Untersuchungen laufen. Doch es gibt zahlreiche Spekulationen. Einige Stimmen machen den hohen Anteil von Erneuerbaren Energien im spanischen Strommix verantwortlich. Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), widerspricht entschieden. Im Interview mit Klimareporter nennt sie andere mögliche Ursachen – und stellt klar, wo sie die wahre Gefahr sieht.

Mögliche Gründe für Blackouts: Hier sieht Claudia Kemfert die größte Gefahr

Während vor allem konservative Akteure und Medien in schwankender Solar- und Windkrafterzeugung die Blackout-Ursache vermuten, weist Kemfert darauf hin, dass es mögliche andere Gründe gibt, etwa Programmierfehler. Die Anlagen könnten etwa abgeschaltet worden sein, weil die Wechselrichter bei einer Frequenz von über 50 Hertz auf Abschaltung programmiert waren. Doch woran es letztlich tatsächlich lag, ist aktuell nach wie vor unklar.

„Die größte Gefahr resultiert ohnehin nicht aus der schwankenden Erzeugung der Erneuerbaren, sondern aus Cyberangriffen oder Sabotage.“

Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert

Auch Behörden hätten bereits mehrfach vor Angriffen auf Anlagen und Infrastruktur gewarnt. „Kritische Infrastrukturen stehen vermehrt im Fokus von Cyberattacken“, so die Expertin. 2022 etwa wurden Windkraftanlagen in Deutschland mehrfach gehackt. Auf diese Weise können Unbekannte Anlagen stören oder vom Netz nehmen. Offenbar arbeiten ältere Windparks teils noch mit Technik, die Hackerangriffen nicht standhalten kann. Kemfert fasst zusammen: „Nicht die Energiewende an sich ist ein Sicherheitsrisiko, wohl aber nicht wohlgesonnene geopolitische Interessen von außen.“

Weshalb kam es zum Stromausfall? Was wir wissen

Der Blackout in Spanien ist darauf zurückzuführen, dass die Frequenz im Stromnetz plötzlich stark absank – das geht aus einer Pressemitteilung des Science Media Centers Germany hervor. Regierungsquellen zufolge fehlten gut 60 Prozent des Stroms, der zu diesem Zeitpunkt im Land verbraucht wurde. Bei einem so großen Frequenzabfall schalten auch übrige Kraftwerke, Photovoltaik- und Windanlagen automatisch ab oder werden vom Netz getrennt, damit diese nicht beschädigt werden können. Weitere Details zum Ablauf des Stromausfalls hat der BR aufgeschlüsselt.

Noch ist unklar, wo genau die Stromerzeugung zuerst ausfiel, doch online behaupten viele, dass Erneuerbare Energien dahinter steckten – etwa weil zu viel Solarstrom produziert wurde. Das ist aktuell nicht belegt, wie der BR schreibt. Es gab aber wohl einen ungeklärten, massiven Ausfall von Stromproduktion durch Erneuerbare Energien, nachdem das spanische Stromnetz vom französischen getrennt wurde. Diese Trennung geschah, um den Stromausfall regional einzugrenzen und das restliche europäische Stromnetz stabil zu halten.

Kemfert: “Erneuerbare Energien führen nicht zu Blackouts”

Auch Energieexpertin Kemfert stellt in ihrem Interview klar: „Steigende Anteile erneuerbarer Energien führen zwar zu mehr Schwankungen im Netz, aber nicht automatisch zu Blackouts.“ Wichtig sei, dass das Stromsystem auf Flexibilität ausgerichtet werde und ausreichende Erzeugungskapazitäten samt Speichern zur Verfügung stünden.

Denn das könnte helfen, um Schwankungen im Stromnetz besser zu kompensieren. Der BR erklärt etwa, dass in konventionellen Kraftwerken rotierenden Massen von Generatoren den Strom speichern. Diese können nach Bedarf gebremst oder beschleunigt werden, um Energie aus dem Netz herauszuziehen oder einzuspeisen. Bei Solar- und Windkraftanlagen gäbe es solche Vorrichtungen (noch) nicht.

Blackout wie in Spanien: “In Deutschland extrem unwahrscheinlich”

„Ein so großflächiger, langanhaltender Blackout wie in Spanien ist in Deutschland extrem unwahrscheinlich“, so Kemfert. Denn das deutsche Stromnetz sei redundant ausgelegt. Wenn eine Stromleitung ausfällt, könne eine andere diese ersetzen.

„Deutschland hat eines der sichersten Netze Europas und im Unterschied zu Spanien den Vorteil, dass wir uns mitten im europäischen Verbund befinden“,

so die Expertin weiter. Dieses Verbundsystem verbindet Stromnetze der meisten europäischen Länder.  

Sollte es hier zu einem ähnlichen Fall wie in Spanien kommen, könnten also die europäischen Nachbarstaaten aushelfen. Spanien und Portugal können aufgrund ihrer Lage nur von Frankreich unterstützt werden.

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