Gefahr massiv unterschätzt: So tödlich ist der Rauch aus Waldbränden wirklich – laut Studie

Gefahr massiv unterschätzt: So tödlich ist der Rauch aus Waldbränden wirklich – laut Studie
Foto: Giorgos Arapekos/ZUMA Press Wire/dpa

Waldbrände produzieren nicht nur bedrohliche Flammen – auch ihr Rauch ist hochgefährlich. Eine neue Studie zeigt: Die Gesundheitsgefahr durch Waldbrand-Feinstaub wird stark unterschätzt.

Rauch von Waldbränden ist einer neuen Studie zufolge weitaus gefährlicher für die menschliche Gesundheit als bisher angenommen. Forschende um die Gesundheitswissenschaftlerin Anna Alari vom Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) fanden heraus: Die Sterblichkeit durch das Einatmen von Feinstaub aus Waldbränden wurde bislang um 93 Prozent unterschätzt. Damit würde der Rauch zu deutlich mehr Todesfällen führen, wie bisher angenommen. Bei dem untersuchten Feinstaub handelt es sich um Partikel mit einem Durchmesser unter 2,5 Mikrometer (PM2.5).

Studie analysiert Daten aus 32 europäischen Ländern

Die im Fachjournal „The Lancet Planetary Health“ veröffentlichte Studie analysierte Daten aus 654 zusammenhängenden Regionen in 32 europäischen Ländern mit insgesamt 541 Millionen Einwohner:innen. Die Daten stammen aus dem Zeitraum von 2004 bis 2022. Dabei kombinierten die Wissenschaftler:innen täglich erfasste Sterblichkeitsdaten mit Luftqualitätsdaten aus wissenschaftlichen Datenbanken.

Die Forschenden analysierten sowohl die Gesamtzahl der Todesfälle als auch besonders relevante Todesursachen durch Atemwegs- oder Herzkreislauferkrankungen. Andere Einflussfaktoren wie Wetter, Jahreszeit oder möglicherweise verzögerte Effekte wurden berücksichtigt. Regionale Werte wurden zusammengefasst, um gesamteuropäische Aussagen treffen zu können.

Anschließend errechneten die Forscher:innen, wie viele Todesfälle direkt auf den Feinstaub aus Waldbränden zurückzuführen sind. Sie verglichen die Risiken bei Feinstaub aus Waldbränden mit denen für Feinstaub insgesamt.

Ergebnis: Feinstaub-Risiko aus Waldbränden massiv unterschätzt

Das Ergebnis der Studie: Im Durchschnitt starben jährlich 535 Menschen in den untersuchten europäischen Ländern, weil sie Feinstaubpartikeln aus Waldbränden ausgesetzt sind.

Bisherige Standardmethoden gehen davon aus, dass Feinstaub aus Waldbränden genauso tödlich ist wie aus anderen Quellen (beispielsweise Verkehr). Sie hätten nur 38 Todesfälle pro Jahr erwarten lassen. Demnach würde das Risiko um 93 Prozent unterschätzt.

Höheren Konzentrationen von Feinstaub aus Waldbränden ausgesetzt zu sein, steigerte das Sterberisiko innerhalb von sieben Tagen. Konkret stieg pro Mikrogramm zusätzlicher PM2,5-Belastung pro Kubikmeter Luft die Gesamtsterblichkeit um 0,7 Prozent, die Sterblichkeit durch Atemwegserkrankungen um 1,3 Prozent und durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 0,9 Prozent.

Besonders betroffen waren ländliche Gebiete und Regionen in Ost- und Südeuropa, wo die höchsten Belastungen gemessen wurden.

Die Forschenden weisen in der Studie selbst auf einige Unsicherheitsfaktoren hin. Zum Beispiel schafften sie es nicht, die gesundheitliche Belastung durch feuerbedingte Feinstaubpartikel vollständig von Ozon zu trennen, das ebenfalls bei Waldbränden freigesetzt wird. Auch die gesundheitlichen Auswirkungen auf Basis von Geschlecht und Alter konnten schwer abgeschätzt werden. Mehrere Aspekte brauchen noch weitere Forschung.

Waldbrände nehmen zu – wegen der Kliamkrise

„Früher nahmen die Menschen die gleiche Toxizität für Waldbrandpartikel und alle Partikel an“, erklärte Cathryn Tonne, eine Umwelt-Epidemiologin und Co-Autorin der Studie, gegenüber dem Guardian. „Unsere Studie zeigt Belege dafür, dass – obwohl dies seltener vorkommt – die Gesundheitsauswirkungen für die gleiche Menge an Partikeln bei Waldbrandpartikeln stärker sind.“

Anna Alari, Erstautorin der Studie, ordnete die Ergebnisse in einer Pressemitteilung ein: „Der vom Menschen verursachte Klimawandel ist eine der Hauptursachen für die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Waldbränden, da er günstige Bedingungen für deren Ausbreitung schafft und die Anzahl der Tage mit sehr hoher oder extrem hoher Brandgefahr erhöht.“ Verbesserte Schätzungen zur Sterblichkeit durch Waldbrände würden helfen, die Belastung der öffentlichen Gesundheit besser zu erfassen.

Waldbrände 2025: Bereits doppelt so viel Feinstaub wie üblich

2025 gab es in Südeuropa bereits zahlreiche Waldbrände. Der Guardian zitiert EU-Brandmonitore, laut denen dieses Jahr bereits 895.000 Hektar verbrannt sind. Dabei gelangten mehr als doppelt so viele PM2.5-Feinstaubpartikel in die Luft wie zu diesem Zeitpunkt üblich, verglichen mit Daten aus den letzten zwei Jahrzehnten.

Längst leiden dabei nicht mehr nur die Menschen unmittelbar vor Ort an den Folgen der Brände: „Rauch kann Bevölkerungsgruppen weit entfernt von den Bränden betreffen“, warnte Tonne gegenüber Guardian. „Daher werden viel mehr Menschen dem Rauch ausgesetzt sein als der unmittelbaren physischen Bedrohung durch die Flammen.“

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.
War dieser Artikel interessant?