Der Black Friday lockt auch dieses Jahr wieder mit zahlreichen Angeboten. Doch nicht alles ist wirklich günstiger. Experten verraten, wie Händler Kund:innen Schnäppchen vorgaukeln und wie die menschliche Psyche ihnen in die Hände spielt.
Am 24. November ist Black Friday, der die Saison für Weihnachtskäufe einläutet. Händler locken an diesem Tag – und oft schon an den Tagen und Wochen davor – mit scheinbar besonders günstigen Preisen und Rabatten. Doch lohnt es sich wirklich, jetzt zuzuschlagen?
Experten warnen im Gespräch mit Zeit Online vor Händler-Tricks und erklären die Psychologie hinter Shopping und Schnäppchen. Sogenannte „Lustkäufe“ haben demnach oft wenig mit sinnvollem Einkäufen zu tun und mehr mit der Ausschüttung von Dopamin. Und mit bestimmten Formulierungen spielen Händler:innen mit tief verwurzelten Urängsten.
Black Friday: Händler nutzen Streichpreis und „menschliche Urängste“
Sind Black-Friday-Schnäppchen wirklich immer günstiger? Laut einer Studie des Vergleichsportals Idealo trifft das nur auf 67 Prozent der Produkte zu. Über ein Drittel der Angebote kosten demnach tatsächlich nicht weniger als vorher.
Wie das funktioniert, erklärt Marketing- und Verkaufspsychologe Matthias Niggehoff gegenüber Zeit Online. Er verweist auf den Streichpreis, also eine höhere durchgestrichene Preisangabe neben dem vermeintlichen Angebot. „Oft wird die größere Zahl einfach erfunden oder die Preise werden kurz vor Black Friday angehoben, um diese dann als Anker nutzen zu können“, so der Experte. Er rät dazu, Preise schon Wochen im Voraus zu notieren, um die Rabatte am Black Friday besser einschätzen zu können.
Viele Händler nutzen Formulierungen wie „Nur noch drei Produkte auf Lager“, „Heute bereits 200 Mal bestellt“ oder „20 Personen haben das gerade in ihrem Warenkorb“. Laut dem Psychologen triggern solche Formulierungen menschliche Urängste oder den Herdentrieb. „[D]ie Kunden bekommen Angst, das Schnäppchen zu verpassen“, erklärt Niggehoff. Deshalb funktioniere die Taktik der Händler.
„Wer sich nicht geliebt fühlt, ist besonders anfällig für Impulskäufe“
Händler nutzen also diverse Verkaufstricks am Black Friday. Dabei spielt ihnen aber auch die menschliche Psyche in die Hände. Trendanalyst und Autor Carl Tillessen erklärt in einem anderen Zeit-Online-Interview, wie Menschen über Konsum ihre Stimmung beeinflussen.
„Lustkäufe lösen in unserem Körper die gleichen biochemischen Prozesse aus wie die Zufuhr von Kokain oder Amphetaminen. Oder wie wenn wir verliebt sind“, betont der Experte. „Wer sich nicht geliebt fühlt, ist deshalb auch besonders anfällig für Impulskäufe. Sie brauchen nicht die Produkte, sondern das Dopamin.“
Das würde erklären, wieso man Dinge kauft, die man nicht braucht – beispielsweise ein neues Paar Schuhe, wenn man doch eigentlich nach einem Pullover gesucht hat. Es geht demnach nicht um das Produkt an sich, sondern um die Glückshormone, die der Kauf ausschüttet. „Der Akt des Kaufens hebt das Selbstwertgefühl. Deshalb fühlen wir uns bei Luxusartikeln als Person durch den Kauf auch aufgewertet“, erklärt Tillessen weiter.
Wie man nur das kauft, was man wirklich braucht
Es gibt sehr wohl Möglichkeiten, zurzeit Schnäppchen zu ergattern. E-Bikes waren laut Idealo-Studie am Black Friday letztes Jahr im Schnitt fast 350 Euro günstiger. Im Durchschnitt sparen Verbraucher:innen jedoch nur 6 Prozent. Preisvergleiche können helfen, wirklich günstige Optionen zu erkennen.
Doch ist es leicht, vor lauter Schnäppchen das eigene Budget zu überziehen und unnötiges zu kaufen. Niggehoff rät deshalb dazu, vorab zu notieren, welche Produkte man wirklich braucht. „Wer denkt, er spart Geld, kauft am Ende oft mehr“, so der Experte. „Deswegen sind in vielen Läden die Schnäppchen am Anfang platziert.“
Tillessen rät, vor jedem Kauf zu hinterfragen, ob man das Produkt wirklich benutzen wird. Zudem könne es helfen, vor einem Impulskauf erst einmal Abstand zu nehmen und beispielsweise eine Nacht darüber zu schlafen. Denkt man am nächsten Morgen immer noch an das Produkt, kann man es immer noch kaufen.
Utopia meint: Auch das Klima leidet am Black Friday
Überkonsum, Schein-Schnäppchen, und das Risiko, zu viel Geld auszugeben: Es gibt zahlreiche Gründe, dem Black Friday skeptisch zu begegnen – oder ihn ganz zu boykottieren.
Auch für das Klima stellt die Marketing-Aktion eine große Belastung dar: In der Black Week steigt der CO2-Ausstoß durch Warentransporte mit LKWs zu Lagerhäusern und Geschäften in Europa um 94 Prozent im Vergleich zu einer normalen Woche – das zeigt eine Analyse der NGO Transport & Environment (T&E). Diese zusätzlichen Emissionen entsprechen dem CO2-Ausstoß von circa 3.500 Flügen von Paris nach New York und zurück. Retouren sind hier nicht berücksichtigt. Auch nicht die Emissionen, die bei der Produktion der zahllosen Produkte entstanden sind – oder die bei deren Entsorgung entstehen werden.
Egal ob im November oder das restliche Jahr über: Verbraucher:innen sind gut beraten, Käufe zu hinterfragen und sich auf sinnvolle Anschaffungen zu beschränken.
Verwendete Quellen: Zeit Online (Matthias Niggehoff), Zeit Online (Carl Tillessen), Idealo, T&E
Aus dem Black Friday ist längst eine Black Week geworden, und manche Anbieter feiern sogar einen ganzen Black November. Während der Schnäppchenwochen besonders gefragt sind Elektronikprodukte. Deshalb schauen wir jetzt genauer hin: Was ist so problematisch an Smartphones, Notebooks und Co.? Und wie geht es besser? Im Utopia Themen-Spezial „Grüne Elektronik“ beleuchten wir nachhaltigere Hersteller, widmen uns ausführlich dem Gebrauchtkauf und zeigen weitere nachhaltige Lösungsansätze.
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