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Millionenerbin: „Bin hinter der Ziellinie zur Welt gekommen – andere noch nicht mal an der Startlinie“

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Foto: Screenshot: Instragram/ ZeitimBild, Foto: CC0 Public Domain – Pixabay/ geralt

Nicht jede:r kommt privilegiert zur Welt. Marlene Engelhorn schon, sie wird einen zweistelligen Millionenbetrag erben. Auf diesen will sie jedoch freiwillig 90 Prozent Steuern zahlen – und setzt sich für Vermögenssteuern im DACH-Raum ein.

Marlene Engelhorn ist die Erbin eines großen Vermögens. Denn der verstorbene Mann ihrer Großmutter Traudl Engelhorn-Vechiatto war Mitgesellschafter der Boehringer-Mannheim-Gruppe. 1997 wurde die Gruppe für 11 Milliarden Dollar verkauft, aus diesem Deal wird die Marlene Engelhorn einen zweistelligen Millionenbetrag erben. Die junge Wienerin will auf ihr Erbe mindestens 90 Prozent Steuern zahlen, wohl die gesetzlich vorgesehene Abgabe niedriger ist. Außerdem hat sie einen Verein gegründet, der sich für eine höhere Versteuerung von Millionenvermögen einsetzt. In einem Interview mit dem Spiegel redet Engelhorn über ihre Motive.  

„Arbeitnehmer fragen sich nicht, ob sie Einkommensteuer entrichten wollen“

Marlene Engelhorn ist der Auffassung, dass wir meilenweit von einer Demokratie mit Chancengleichheit entfernt sind. „Ich bin ja schon hinter der Ziellinie zur Welt gekommen“, erklärt die 30-jährige im Interview, „andere werden noch nicht mal an der Startlinie geboren.“ Indem sie selbst höhere Abgaben auf ihr Erbe tätigt, will sie dazu beitragen, die Ungleichheit und die strukturelle Macht zu reduzieren, in die man hineingeboren wird.

Engelhorn findet es absurd, dass sich nur Reiche darüber Gedanken machen, ob sie Steuern zahlen wollen. „Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen fragen sich meist nicht, ob sie Einkommensteuer wirklich entrichten wollen“, erklärt sie. „Die ist für sie ein selbstverständlicher Beitrag für die Gesellschaft.“

Marlene Engelhorn erbt Millionen – und gründet Verein für strengere Vermögensbesteuerung

Da die Situation für Reiche anders ist, hat Engelhorn den Verein „taxmenow“ gegründet, bei dem sie die Position des ersten Vorstandmitglieds innehat. Im Rahmen der Initiative engagieren sich Vermögende im DACH-Raum (Deutschland, Österreich und die Schweiz) für Änderungen im Steuersystem. Dafür starteten sie zum Beispiel 2021 eine Online-Petition für eine höhere Besteuerung von Millionenvermögen. Außerdem will der Verein das Thema Vermögenssteuer durch Öffentlichkeitsarbeit stärker verbreiten.

Gegenüber Spiegel ging die Erbin näher auf die Arbeit und Ziele des Vereins ein. Sie betonte, wie wichtig es sei, dass wir über eine höhere Besteuerung sprechen. Herauszufinden, welches Modell das Beste ist, läge aber in der Verantwortung der Politik. „Und zwar über den Diskurs mit allen Mitgliedern der Gesellschaft, nicht nur mit den Vermögenden“, spezifiziert sie. „Wir als Verein fordern nicht ein Ergebnis, sondern einen politischen Prozess.“

Auf die Frage, wieso sie nicht einfach einen Teil Ihres Erbes spende, entgegnete Engelhorn: „Das ist nicht die Lösung. Wenn ich jetzt einfach irgendwo mein Geld ausgebe, ändere ich nichts am systemischen Problem.“ Sie setzt sich für die Änderung des Systems ein, auch in Deutschland. Hierzulande bemängelt Engelhorn, dass die SPD zwar im Wahlkampf sehr stark für eine Vermögensbesteuerung eingetreten sei, aber bisher nichts dergleichen umgesetzt hat – obwohl sie den Kanzler stellen.

Obwohl sie das staatliche System kritisiert, attestiert Engelhorn ihm ein höheres Maß an Transparenz als der privaten Wirtschaft. „Ich kann nur davor warnen, die Gesellschaft dem Wohlwollen überreicher Menschen zu überlassen“, bemerkt die Erbin. „Offensichtlich gehen viele Menschen nicht verantwortungsbewusst mit ihrem Geld um.“

Vermögenssteuern könnten Sozialstaat in Krisen stärken

Marlene Engelhorn hat sich in den Medien bereits mehrmals für Vermögenssteuern ausgesprochen. Gegenüber dem österreichischen Nachrichtenjournal Zeit im Bild (ZIB) wies sie auf positive Effekte von Erbschafts-, Schenkungs- und Übertragungssteuern hin – auch in Krisenzeiten. Selbst wenn eine Krise kommt, wäre der Sozialstaat durch Vermögenssteuern so ausgezeichnet ausgestattet, dass „die erste Welle irgendwie geschluckt werden kann“. Ausschnitte aus dem Interview gibt es auf Instagram zu sehen:

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