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Mojib Latif: Viele Deutsche „vom Klimawandel betroffen und merken es gar nicht“

Klimaforscher Mojib Latif
Foto: Sina Schuldt/dpa

In einem Interview erklärt der Klimaforscher Mojib Latif, warum die Menschheit trotz aller Warnungen den Klimazielen hinterherhinkt, was er von der Letzten Generation hält und wie sich das 2-Grad-Ziel noch erreichen lässt.

Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ist einer der bekanntesten Klimaforscher Deutschlands. Im Interview mit Watson warnt er vor der schleichenden Gefahr des Klimawandels. Hierzulande würden viele Menschen glauben, nicht zu den Betroffenen zu zählen, doch Latif sagt: „Viele sind sogar schon betroffen und merken es gar nicht.“ So gebe Deutschland schon jetzt Milliarden für die Begleichung von Klimaschäden und Anpassungsmaßnahmen aus, „die wir alle mit unseren Steuern zahlen“.

Genauer geht Latif im Interview nicht auf die Folgen der Klimakrise in Deutschland ein. Doch es dürfte klar sein, worauf er mit seiner Aussage anspielt: Hitzewellen und Extremwetter-Ereignisse werden durch den Klimawandel häufiger, sind sich Wissenschaftler:innen einig. Sich daran anzupassen oder entstandenen Schäden zu beheben, kostet viel Geld. Laut einer Studie vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) entstanden durch die Überschwemmungen im Ahrtal und an der Erft im Jahr 2021 Schäden von mindestens 40 Milliarden Euro. Dieselbe Studie schätzt die volkswirtschaftlichen Folgekosten der Klimakrise von 2022 bis 2050 auf mindestens 280 bis 900 Milliarden Euro.

Latif vergleicht Menschheit mit Autofahrer im Nebel

Bei der Corona-Pandemie hätten die Menschen eingesehen, dass sie persönlich betroffen sein könnten, so Latif weiter. Doch beim Klimawandel sei das anderes. „Wenn CO2 sichtbar und bräunlich wäre, oder übel riechen würde, hätte die Welt schon längst gehandelt“, erklärt der Meteorologe. Die Menschheit verhalte sich aktuell „wie ein Autofahrer, der im dichten Nebel auf der Autobahn mit Höchstgeschwindigkeit fährt und nicht weiß, ob da gleich ein Stauende kommt“. Wir sollten endlich „runter vom Gas“, also „runter mit den Treibhausgasen“, fordert Latif.

Latif über die Letzte Generation und das 2-Grad-Ziel

Latif, der auch als Professor an der Universität in Kiel unterrichtet, könne die Klimaangst junger Menschen zwar nachvollziehen. Doch die Aktionen der Letzten Generation hält er für „kontraproduktiv“, da sie die Bevölkerung gegen sich aufbringe. Notwendige Klimaschutzmaßnahmen rücken so in den Hintergrund, stattdessen werde über den Protest selbst diskutiert.

Das 2-Grad-Ziel hält der Klimaforscher noch für erreichbar, wenn die Welt in den nächsten 50 Jahren klimaneutral wird. Dazu bedürfe es sowohl internationale Zusammenarbeit, aber auch jede:n Einzelne:n. „Wenn genügend Menschen sich einmischen und etwas tun, dann kann das unmöglich Erscheinende passieren“, sagt Latif.

Schon 2 Grad sind zu viel

Laut dem Pariser Klimaabkommen, das auch von Deutschland unterzeichnet wurde, soll die Erderwärmung jedoch möglichst auf unter 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzt werden. Dieses Ziel rückt aber in immer weitere Ferne. Ende Oktober kam eine Studie zu dem Schluss, dass das dafür verbleibende CO2-Budget nur halb so hoch ist, wie bisher angenommen. Utopia berichtete.

Laut einer Studie in der Fachzeitschrift Science kann bereits eine globale Erwärmung über 1,5 Grad mehrere gefährliche Kipppunkte erreichen, die drohen, eine Kettenreaktion in Gang zu setzen und den Klimawandel noch mehr zu befeuern. Zu den Kipppunkten zählen das Schmelzen des grönländischen westantarktischen Eisschildes und das Tauen von Permafrostböden. Bei 2 Grad wären dann auch der brasilianische Regenwald sowie weitere Eis- und Gletscherflächen in Gefahr.

Verwendete Quelle: Watson, IÖW, Science

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