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Nach Vorwürfen gegen Lindemann: Plattform für Betroffene sexualisierter Gewalt gestartet

Neue Plattform für Betroffene sexueller Gewalt
Foto: CC0 Public Domain / unsplash - Yvette de Wit; Screenshot: Musicmetoo

In den letzten Wochen haben mehrere Frauen Vorwürfe gegen Rammstein-Säger Till Lindemann erhoben. Aktivist:innen haben nun eine neue Plattform für Betroffene sexualisierter Gewalt gegründet.

Aktivist:innen haben eine neue Plattform für Betroffene von sexualisierter Gewalt und Diskriminierung in der deutschen Musikindustrie ins Leben gerufen. Auf der Plattform Musicmetoo können Betroffene und Zeug:innen Hinweise und Erfahrungsberichte zu Übergriffen in der Musikszene in Deutschland einreichen. Die Aktivist:innen hatten Jahre zuvor die Plattform Deutschrapmetoo gegründet, dabei konnten Menschen ihre Erfahrungen im Deutschrap teilen. Anlässlich der Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger Till Lindemann bauten die Plattform-Initiator:innen das Angebot aus – auf die komplette Musikszene.

Ein Rechercheverbund von NDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) hat vor gut zwei Wochen seine Ergebnisse im Fall Lindemann veröffentlicht. Über ein dutzend Frauen hatten den Journalist:innen in Gesprächen ihre Erlebnisse mit der Band geschildert. Sie sollen von Menschen aus dem Umfeld des Sängers gezielt angesprochen und zu sexuellen Handlungen rekrutiert worden sein. In mehreren europäischen Städten berichteten Frauen von ähnlichen Abläufen. 

Neue Plattform soll als Sprachrohr dienen

„Wir haben uns in der Pflicht gesehen, einzugreifen“, berichteten die beiden Gründerinnen im Gespräch mit dem NDR und der SZ, die laut eigenen Aussagen selbst Betroffene von sexualisierter Gewalt sind. Die Initiative sieht sich laut der eigenen Webseite als Sprachrohr für Betroffene. Somit veröffentlichen die Inititator:innen nach einer Prüfung anonym die Erfahrungsberichte auf der Webseite und dem Instagram-Profil. Außerdem sieht die Initiative es als ihre Aufgabe, Betroffene an Psycholog:innen oder Jurist:innen weiterzuleiten. 

Auch Bildungsangebote und Informationen zu Diskriminierung und Anlaufstellen wollen die Intiator:innen auf ihrer neuen Plattform bereitstellen. Nicht nur sexuelle Übergriffe wollen sie thematisieren – sondern auch Beispiele von rassistischer Diskriminierung und Transfeindlichkeit

Das Vorhaben unterstützt ein Netzwerk an Künstler:innen und anderen Beteiligten aus der Musikbranche. Dazu zählen auch die Agenturen Safe the Dance, Music S Women*, Queer Cheer und Music TH Women*. 

Vorwürfe gegen 70 Künstler:innen aus dem Deutschrap

Bereits in vergangenen Jahren hatte es Vorwürfe gegen Bands und Künstler:innen gegeben. Nach mehreren Vorwürfen in der Musikbranche Deutschrap hatten die Aktivist:innen bereits eine Plattform gegründet. Auf Deutschrapmetoo wurden in den vergangenen zwei Jahren dutzende von Erfahrungsberichten veröffentlicht. Sie erhielten Hinweise auf sexualisierte Gewalt, Übergriffe und problematische Machtstrukturen in der Musikindustrie.

Gegenüber NDR und SZ sagten die beiden Gründerinnen, dass sich innerhalb weniger Monate hunderte Menschen über die Plattform bei ihnen meldeten. Vorwürfe gegen 70 Künstler:innen aus dem Deutschrap liegen ihnen vor. Viele der Schilderungen veröffentlichten die Betreiber:innen der Plattform anonymisiert auf Instagram. Die Folge: Eine Hass-Welle und Androhungen von Straftaten gegen die Aktivist:innen – von den Fans und den Beschuldigten selbst. 

Verschwiegenheits-Verträge im Deutschrap

Aus der Arbeit mit der Plattform Deutschrapmetoo sind den Gründerinnen Vorwürfe, wie sie derzeit gegen Lindemann existieren, nicht neu. Gegenüber NDR und SZ erzählten die beiden davon, dass ihnen Betroffene im Bereich des Deutschrap von Verschwiegenheits-Verträgen berichteten, die Besucher:innen des Backstagebereichs vermeintlich unterschreiben mussten.

„Wenn du 16 Jahre alt bist und in einen Backstagebereich kommst, dann ist es für dich erst mal sinnig. Du denkst: Ja klar, das ist ein Megastar und der braucht seine Privatsphäre“, betonte eine der beiden Gründerinnen. Viele fühlten sich „auserwählt“, in den Backstagebereich eingeladen worden zu sein, ergänzte sie. Diese Hierarchie zwischen Fans und Künstler:innen könnten ihr zufolge Letztere leicht ausnutzen. 

"Diese Übergriffe können nur passieren, weil sehr, sehr viele Menschen weggucken"

Im Gespräch mit NDR und SZ bemängelten die beiden Gründerinnen, dass immer wieder Täter:innen geschützt würden. Ihnen zufolge arbeiten bei Konzerten viele Menschen, die potenzielle Grenzüberschreitungen mitbekommen könnten, darunter das Management oder Bühnenbauer:innen. „Was man auf jeden Fall sagen kann: Diese Übergriffe können nur passieren, weil sehr, sehr viele Menschen weggucken, ganz bewusst weggucken, immer wieder“, bekräftigten die Aktivistinnen. 

Verwendete Quellen: Musicmetoo, NDR und SZ im Gespräch mit den Gründerinnen, Recherche von NDR und SZ zu den Vorwürfen

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