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Streit um Studie: Startete die Erderwärmung früher als gedacht?

Streit um Studie: Startete die Erderwärmung früher als gedacht?
Foto: CC0 Public Domain - Unsplash/ Marek Piwnicki

Australische und US-amerikanische Wissenschaftler:innen haben im Rahmen einer Studie Skelette von Schwämmen im Karibischen Meer untersucht. Sie sollen Rückschlüsse auf die globale Erderwärmung zulassen. Doch die Ergebnisse sind umstritten.

Im Fachjournal Nature Climate Change erschien kürzlich eine Studie, die unter Klimawissenschaftler:innen für Diskussionen sorgt. Sie stellt die These auf, dass die Erde sich schon seit den 1860er Jahren erwärmt. Der Weltklimarat IPCC hingegen schätzt, dass dies erst fast 100 Jahre später der Fall gewesen ist. Außerdem liege die globale Erwärmung 2020 bereits circa 1,7 Grad über dem vorindustriellen Niveau, so die Forscher:innen – der IPCC geht von rund 1,2 Grad aus.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) zitiert Forschende, die Teile der Methodik der Studie zu Erderwärmung loben. Die Schlussfolgerungen werden allerdings stellenweise scharf kritisiert.

Studie untersucht Meeresschwämme: Erderwärmung seit 1860?

Temperaturen wurden erst im 19. Jahrhundert regelmäßig dokumentiert, in vielen Regionen noch später. Sind keine Daten vorhanden, schätzen Klimawissenschaftler:innen Entwicklungen, etwa mit Modellen. In anderen Studien wurden zum Beispiel Korallen analysiert, um Meerestemperaturen anzunähern. Die Tiere leben in bis zu 5 Metern Tiefe.

Das Team um Malcolm McCulloch von der University of Western Australia hat nun Kalkskelette von Schwämmen im Karibischen Meer untersucht. Diese wurden nahe Puerto Rico aus 33 bis 91 Metern Wassertiefe geborgen und können Jahrhunderte alt werden.

Vom Verhältnis der enthaltenen Elemente Kalzium (Ca) und Strontium (Sr) leiten die Forschenden Rückschlüsse zur Meerestemperatur ab: Je nach Wärmegrad entscheidet sich, welches der beiden Elemente in das Aragonit der Schwammskelette eingebaut wird. Die Wissenschaftler:innen haben anhand der Daten eine Temperaturkurve bis zum Jahr 1700 erstellt. Auf dieser Basis formulieren sie Rückschlüsse auf weltweite Meeresoberflächenwasser-Temperaturen und Durchschnittswerte für die Erdoberfläche.

Diskussion um Schlussfolgerungen

Die dpa verweist auf eine unabhängige Einordnung von Anton Eisenhauer vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (Geomar). Der Wissenschaftler lobt die Methode: „Will man Langzeittrends sehen, sind die korallinen Schwämme viel besser geeignet [als Korallen]“. Er bezeichnet die Schlussfolgerungen für weltweite Meerestemperaturen als „valide“, betont aber, dass erst noch Daten aus anderen Gebieten die Ergebnisse bestätigen müssen.

Andere Expert:innen hinterfragen die Schlussfolgerungen der Studie. Jochen Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg kritisierte gegenüber der dpa, dass es an Belegen dafür mangle, dass Daten aus Schwammskeletten in der Karibik repräsentativ für die globale Mitteltemperatur seien. Die These einer Erderwärmung um 1,7 Grad bezeichnete er als unhaltbar.

Helge Goessling vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven äußerte gegenüber dpa „methodische Bedenken“. Auch er hinterfragt, ob sich auf Basis der Daten Rückschlüsse auf den langfristigen Verlauf der globalen Durchschnittstemperatur formulieren lassen.

Klimaforscher Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Geomar befand die Methodik ebenfalls als fraglich, kritisierte aber auch die wissenschaftliche Diskussion. „Meiner Meinung nach sollten wir nicht über Zehntelgrade diskutieren und von der Dringlichkeit des Handels ablenken“, so der Wissenschaftler.

Verwendete Quellen: Nature Climate Change, dpa

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