Die Unfallforschung der Versicherer hat Ergebnisse einer Langzeit-Studie zu Unfällen mit Geisterfahrer:innen präsentiert. Ein Ergebnis: Viele Falschfahrten passieren mit Absicht.
Wenn Falschfahrer:innen auf Autobahnen oder Straßen in entgegengesetzter Richtung zum eigentlichen Verkehr unterwegs sind, kann das schnell gefährliche Folgen für alle beteiligten Verkehrsteilnehmer:innen nach sich ziehen.
Denn Unfälle mit Beteiligung von Geisterfahrer:innen nehmen nicht selten einen fatalen Ausgang: Im Durchschnitt gibt es laut ADAC jedes Jahr etwa 2000 Warnmeldungen bezüglich Falschfahrer:innen in Deutschland. 2021 kam es in deren Folge zu 83 Unfällen, bei denen Menschen zu Schaden kamen – für 24 Autoinsassen endete eine Geisterfahrt sogar tödlich.
Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat dazu nun Ergebnisse eines mehrjährigen Forschungsprojekts vorgestellt. Hierfür wertete sie Polizeiakten, Gutachten und medizinische Berichte zu insgesamt 224 Unfällen mit Einwirkung von Falschfahrer:innen aus. Zu 80 Prozent passierten die Verkehrsunfälle auf deutschen Autobahnen und aus einem Zeitraum ab 2015.
Viele Geisterfahrten geschehen absichtlich
Eine wesentliche Erkenntnis der Unfallforscher:innen lautet: Viele Geisterfahrten passierten mit Absicht. In einem Drittel der Fälle wendeten die Falschfahrer:innen laut Studie im fließenden Verkehr.
„Die Ergebnisse sind erschreckend und zeigen, dass wir bisher unsere Hoffnungen auf Maßnahmen gesetzt haben, die nur begrenzt Wirkung entfalten können“, zitiert die Süddeutsche Zeitung den UDV-Chef Siegfried Brockmann.
Ein erhöhtes Risiko, Falschfahrer:in zu werden, sieht der UDV für Menschen ab 75 Jahren gegeben: Laut der Studie mache jene Altersgruppe mehr als 40 Prozent der Geisterfahrer:innen insgesamt aus. Ursache für die Falschfahrten waren bei Senioren hauptsächlich Demenz oder Verwirrtheit. „Das sollte einem zu denken geben. Wir müssen über Senioren und Hochbetagte nochmals nachdenken“, so Brockmann laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Bei jüngeren Menschen dagegen werden Fluchtversuche vor der Polizei oder gar suizidale Absichten unter anderem vermehrt als Gründe angegeben. Alkohol habe bei knapp einem Fünftel der Fälle eine Rolle gespielt, geht es aus der UDV-Studie hervor – allerdings fast ausschließlich bei Jüngeren. Die Auswertung zeigt auch: In den allermeisten Fällen enden Geisterfahrten nach etwa 2 Kilometern.
Wie können Geisterfahrten verhindert werden?
Die bisher veranlassten Maßnahmen würden oft nicht ausreichen, die Falschfahrer:innen davon abzuhalten, gefährlich für andere Verkehrsteilnehmer:innen zu sein, erläutert Brockmann der dpa zufolge. Eine verbesserte Linienführung etwa könne nur dann wirken, wenn eine Falschfahrt unbewusst geschehe – auf etwaige Verwirrtheitszustände der Falschfahrer:innen hätte sie keinen Einfluss.
Auch automatisch ausfahrbare Asphalt-Krallen an Anschlussstellen könnten Geisterfahrer:innen lediglich an Ausfahrten daran hindern, die Richtung zu wechseln. Wer mitten im Verkehr wende, würde so nicht aufgehalten. Zudem seien solche Systeme sehr teuer und würden auch Rettungswagen stoppen, erklärt der UDV-Vorsitzende.
Unfallforscher:innen empfehlen deshalb, die notwendige Technik zur Prävention von Geisterfahrten direkt in Fahrzeuge zu integrieren. Die technischen Systeme könnten erkennen, wenn das eigene Auto entgegen der Fahrtrichtung unterwegs ist – und Falschfahrer:innen dementsprechend warnen. Auch Fahrer:innen, die sich im direkten Umfeld befinden, erhalten so einen Hinweis auf die drohende Gefahr.
Škoda war 2021 der erste Autohersteller, der das Warnsystem vor Falschfahrer:innen in seine Neuwagen einbaute. Doch noch ist das System nicht weit verbreitet. Zudem kann es absichtliche Geisterfahrten nicht verhindern.
Verwendete Quellen: Unfallforschung der Versicherer (UDV), Süddeutsche Zeitung, dpa
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