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Trinkwasser-Verschmutzung: Kohlekonzern soll Schweigegeld an Stadt gezahlt haben

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Foto: CC0 / Pixabay - Skitterphoto

Einer Recherche zufolge soll der Kohlekonzern Leag Schweigegeld an die Stadt Frankfurt an der Oder gezahlt haben, um Trinkwasser-Verschmutzung in Brandenburg und Berlin geheim zu halten. Der Konzern und die Stadt weisen die Vorwürfe zurück.

Eine Correctiv-Recherche erhebt schwerwiegende Vorwürfe gegen den Kohlekonzern Leag und die Stadt Frankfurt an der Oder. Laut einem Vertrag, der der Correctiv-Redaktion vorliege, hat das Wasserwerk Müllrose, das unter anderem Frankfurt versorgt, eine Zahlung von fünf Millionen Euro erhalten. Im Gegenzug dürfe weder die Stadt noch die Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft (FWA) in Zukunft den Anschein erwecken, dass Leag die Trinkwasserversorgung gefährde oder gar erschwere, heißt es in dem Bericht.

Der Berliner Umweltrechtler Philipp Schulte, der im Correctiv-Bericht zu Wort kommt, hält den Vertrag zwischen Leag und Frankfurt für „hochproblematisch und rechtswidrig“, da die Stadt den gesetzlichen Auftrag hat, die Wasserversorgung in ihrem Bereich sicherzustellen. „Diese Aufgabe setzt zwingend voraus, dass sich die Behörde öffentlich äußern und auch Rechtsbehelfe oder Einwendungen erheben kann“, sagt Schulte. Das gelte vor allem bei Tagebauen, die Ewigkeitslasten zur Folge haben und so die Wasserwirtschaft in der Region noch bis weit in das nächste Jahrhundert hinein prägen können.

Hohe Sulfatwerte im Grundwasser

Laut Correctiv häufen sich in Brandenburg Fälle von hohen Sulfatwerten im Wasser. Der Grund dafür sei, dass die Leag große Mengen Grundwasser abpumpe, um an Braunkohle zu kommen. Die Verunreinigungen in Brandenburg würden nicht nur das Trinkwasser in Frankfurt gefährden, sondern über die Spree auch in Berliner Haushalte gelangen. Schon jetzt seien eines von Correctiv nicht genauer genannten Berichts zufolge 1.800 Quadratkilometer Grundwasser mit Sulfaten verseucht. Diese seien somit „für eine Trinkwasserversorgung nicht mehr nutzbar“.

Wie ein Insider gegenüber Correctiv behauptet, hätten Wasserwerke in der Lausitz bereits mehrere Male wegen sinkenden Grundwassers umziehen müssen. In solchen Fällen habe es jedes Mal eine Schweigevereinbarung gegeben. „Das Schweigekartell funktioniert seit 25 Jahren wunderbar“, behauptet der Insider. Die Versorger würde mit teilweise zweistelligen Millionenbeträgen zum Stillhalten gebracht.

Klage führte zu außergerichtlicher Einigung

Bereits 2019 hatte das linksregierte Rathaus gemeinsam mit der FWA Klage gegen das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburgs (LGBR) erhoben, weil dieses der Leag erlaubte, den Cottbusser Ostsee zu fluten. Die Klage ging bis vor den Europäischen Gerichtshof, doch bevor ein Urteil gefällt wurde, einigten sich die Parteien im Februar 2023 außergerichtlich, berichtet Correctiv. Dabei kam zu eben jener Vereinbarung, die nun von den Journalistinnen kritisiert wird.

Stadt und Konzern dementieren die Vorwürfe

Uwe Meier, Sprecher der Stadt Frankfurt, bezeichnet die Vorwürfe gegenüber dem RBB als abstrus, sachfremd und widersinnig. Es handele sich bei dem Übereinkommen nicht um eine Schweigegeldvereinbarung, sondern um eine „Loyalitätsvereinbarung“. Dies sei „ein völlig normales Gebaren im Rahmen von gerichtlichen Vergleichen“.

Die fünf Millionen Euro seien außerdem nicht dafür gedacht gewesen, die Stadt zum Schweigen zu bringen. Stattdessen beteilige sich die Leag an den Kosten für den Ausbau des Wasserwerks Müllrose, damit Frankfurt in der Trinkwasserversorgung unabhängiger vom Spreewasser werde.

Zwar sei es richtig, dass sich die Leag und Frankfurt darauf geeinigt hätten, man wolle sich in der Angelegenheit „nicht weiter attackieren“. Doch diese Einigung beziehe sich ausschließlich auf den Gegenstand des Vergleichs, also auf die Planungen für den Cottbusser Ostsee und damit zusammenhängende Auswirkungen auf das Wasserwerk Briesen. Der Correctiv-Artikel suggeriere hingegen, dass die Stadt und die FWA sich grundsätzlich nicht mehr kritisch zum Einfluss der Leag auf das Trinkwasser äußern dürften.

In einer Pressemitteilung hat auch Leag die Vorwürfe zurückgewiesen: „Ziel der außergerichtlichen Einigung mit der Stadt Frankfurt (Oder) und ihren Wasserwerken war, einen möglicherweise langanhaltenden Rechtsstreit, welcher die Entwicklung des Cottbuser Ostsees verzögert hätte, zu vermeiden. Mit der finanziellen Beteiligung der LEAG an dem Ausbau und der Ertüchtigung des Wasserwerks Müllrose wird die Wasserversorgung der Stadt Frankfurt (Oder) dauerhaft auf eine stabile und von der Spree unabhängigen Grundlage gestellt“, heißt es da.

Verwendete Quellen: Correctiv, RBB, Leag

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