Vögel füttern im Winter: Diesen Arten schadet das

Vögel füttern im Winter
Foto: CC0 / Unsplash - Vincent van Zalinge

Viele Tierfreund:innen füttern Vögel, um ihnen im Winter das Überleben zu sichern. Doch für bestimmte Arten ist das alles andere als hilfreich.

Wenn die Fütterung von Vögeln kritisiert wird, dann meist im Sommer, wenn den Tieren ohnehin ausreichend Nahrung zur Verfügung steht. Im Winter hingegen hat das Aufhängen von Meisenknödeln sowie das Ausstreuen von Samen und Körnern hingegen einen guten Ruf. Fachleute sehen die Winterfütterung jedoch differenzierter. Unter anderem die Weiden- und die Sumpfmeise sowie Zugvögel könnten durch menschliche Fütterung zu Schaden kommen.

Warum nicht alle Arten von der Fütterung profitieren

Angelika Nelson vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) erklärt gegenüber Utopia: „Gerade in kalten, schneereichen Wintern oder bei nassen Wetterbedingungen bieten Futterstellen eine wertvolle Zusatzernährung für manche Vogelarten.“ Doch bei den Vögeln, die das Angebot wahrnehmen, handele es sich um eher häufige Arten wie Blau- und Kohlmeisen, Grünfinken, Amseln, Rotkehlchen, Kleiber und Buntspechte.

Manche Fachleute wie die beiden Forscher Jack Shutt und Alexander Lees warnen deshalb davor, dass jene Arten durch die Fütterung durch Menschen einen unfairen Vorteil im Überlebenskampf bekämen. In ihrem 2021 in der Fachzeitschrift Biological Conversation erschienenen Bericht mit dem provokanten Titel „Killing with Kindness“ (auf Deutsch: Töten durch Nettigkeit) behaupten sie, dass die negativen Folgen des Fütterns auf die Biodiversität unterschätzt würden.

Bestimmte Vogelarten wie die Weidenmeise, die Sumpfmeisen oder der Kleinspecht blieben den Futterstätten fern, weil diese von dominanteren Vögeln wie der Kohlmeise, der Blaumeise und dem Buntspecht beherrscht werden würden. Zwar hätten Weidenmeise und Co. andere Strategien, um an Futter zu kommen, etwa einen stärkeren Schnabel, um härtere Futterquellen zu öffnen oder ein besseres Gedächtnis, um sich Nahrungsverstecke zu merken, heißt es in dem Bericht. Doch durch die Fütterung werde die Konkurrenz kräftiger. So breiteten sich beispielsweise Blau- und Kohlmeisen vermehrt im Gebiet der Weidenmeise aus.

„Solche indirekten Effekte der Winterfütterung sind schwer zu untersuchen“, erklärt Nelson gegenüber Spektrum. Gleichzeitig räumt die Ornithologin ein, dass Blau- und Kohlmeisen anderen Arten durchaus das Brüten schwer machten. Vor allem Zugvögel wie der Trauerschnäpper würden häufig keine Niststätten finden, wenn sie aus dem Süden zurückkehren, da die Plätze bereits von anderen Arten besetzt seien.

Bei der Fütterung auf Hygiene achten!

Doch selbst den Tieren, die sich an den Futterstellen durchsetzen können, drohen ernste Konsequenzen. In einer US-Studie, die 2015 im Fachmagazin Conversation Physiology erschien, wurde die Auswirkung von menschlicher Fütterung auf Wildvögel untersucht. Gefütterte Tiere zeigten demnach weniger Stresssymptome, ein schnelleres Federwachstum und mehr gesundheitsfördernde Antioxidantien im Blut. Allerdings seien sie auch deutlich häufiger von Infektionskrankheiten betroffen gewesen. Schließlich kommen an Futterstellen sehr viele Vögel auf engem Raum zusammen, was die Ansteckungsgefahr erhöht.

Nelson weist darauf hin, wie wichtig es sei, bei der Fütterung auf Hygienemaßnahmen zu achten. Dazu gehören das Ausbürsten der Futterschalen und das Nutzen von Futtersilos, in die die Vögel nicht koten können. Den Futterplatz sollte man idealerweise täglich oder mindestens einmal pro Woche, auch mit heißem Wasser reinigen, erklärt Martin Singheiser vom Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz (BNA) gegenüber dem Industrieverband Heimtierbedarf (IVH).
Der Naturschutzverbund Deutschland (NABU) empfiehlt außerdem bei der Reinigung Handschuhe zu tragen und die dafür verwendeten Tücher, Schwämme oder Bürsten von anderen Putzutensilien zu trennen. Am besten bewahrt man sie draußen auf.

Geeignete Futtersilos bekommst du zum Beispiel beim Online-Shop Vivara. Achte beim Kauf auf das Logo „Empfohlen vom NABU“, viele Futtersäulen bei Vivara sind entsprechend gekennzeichnet. Außerdem soll das Futter frisch und trocken sein. Idealerweise schützt ein Dach Körner, Samen und Co. vor Nässe. All dies verringert laut Nelson die Ausbreitung von Krankheiten und sorgt für eine sichere Nahrungsergänzung für die Wildvögel.

Sollte man trotzdem noch Vögel füttern?

Einen allzu großen Einfluss auf den Artenschutz sollte man von Futterstellen nicht erwarten, sagt Nelson. Um das langfristige Überleben der Tiere zu sichern, seien „größere Maßnahmen“ nötig, die die Lebensräume auf die Erhaltung und Verbesserung ganzer Ökosysteme abzielen.

Dennoch hält die LBV-Expertin nicht davon, mit der Fütterung aufzuhören: „Das Beobachten gesunder Tiere kann – unter Berücksichtigung von Hygieneaspekten und einer vor Fressfeinden sicheren Futterstelle – das Bewusstsein für die Bedürfnisse der Tiere und die Bedeutung der Artenvielfalt fördern“, erklärt Nelson. Somit könne die Fütterung der Vögel Menschen dazu anregen, sich mehr mit Artenschutzthemen zu beschäftigen und entsprechend umzudenken, zum Beispiel bei der vogelfreundlichen Gestaltung des eigenen Gartens.

Auch die Autoren des „Killing with Kindness“-Berichts halten die Fütterung im Winter nicht grundsätzlich für falsch. Sie plädieren allerdings dafür, das Füttern in wichtigen Zufluchtsorten von Sumpf- und Weidenmeise zu unterlassen oder zumindest zu reduzieren.

Welches Futter für welchen Vogel?

Nicht alle Vögel mögen dasselbe Futter. So sind zum Beispiel Finken und Sperlinge Körnerfresser und bevorzugen Hirse und Sonnenblumenkerne. Amseln und Rotkehlchen hingegen fressen Insekten, die im Winter kaum zu finden sind. Rosinen, Haferflocken oder spezielles Weichfutter helfen ihnen, die kalten Monate zu überbrücken.

Fettfutter liefert Energie und ist bei vielen Vögeln beliebt. Was man allerdings nicht machen sollte: „Viele Menschen füttern leider gern mit Brotkrumen – das sollte man allerdings unterlassen, da diese für Vögel gesundheitsschädlich sein können“, so Martin Singheiser.

Futterneid vermeiden

Wer das passende Futter wählt, entscheidet mit, welche Vögel sich am Futterplatz niederlassen. Damit größere Vögel wie Krähen, Elstern oder Tauben eine Futterstelle nicht sofort für sich beanspruchen – und kleinere Vögel kaum noch eine Chance haben – empfiehlt Singheiser, Futtersilos mit kleineren Öffnungen zu wählen. Somit sind sie nur für kleine Vogelarten zugänglich. Zudem können mehrere Futterplätze an unterschiedlichen Stellen im Garten genug Ausweichmöglichkeiten bieten, wenn es irgendwo zu voll wird.

Verwendete Quellen: Spektrum, Biological Conversation, Conversation Physiology, Scientific Reports

Mit Material der dpa.

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