Von Smartwatch bis Kaffeemaschine: Ab Freitag erhältst du neue Rechte

Von Smartwatch bis Kaffeemaschine: Ab Freitag erhältst du neue Rechte
Foto: Christin Klose/dpa-tmn/dpa

Hersteller müssen künftig offenlegen, welche Daten bestimmte Geräte sammeln – und wie Nutzer:innen darauf zugreifen können. Das EU-Datengesetz soll einige Vorteile mit sich bringen – zumindest theoretisch.

Im „smart Home“ werden viele Daten gesammelt: Vom vernetzten Kühlschrank, der Sprachassistenz oder dem Smart-TV – alles speichert Informationen. Die Digitalisierung bringt datenhungrige Geräte mit sich und davon sollen nach dem Willen der EU Nutzer:innen mehr profitieren. 

Per EU-Verordnung bekommen sie ab Freitag (12. September) mehr Rechte an den Daten, die ihre vernetzten Geräte sammeln. Dann gilt für diese Produkte das EU-Datengesetz („EU-Data-Act“). Hersteller müssen demnach offenlegen, welche Informationen erhoben werden – und wie man darauf zugreifen kann.

Das Datengesetz der EU ist bereits Anfang 2024 in Kraft getreten und findet nun Anwendung. Es soll Verbraucher:innen erleichtern, ihre Gerätedaten einzusehen und bei Bedarf auch an andere Dienste weiterzugeben, etwa zu Reparaturzwecken. Am Ende sollen dadurch Dienstleistungen günstiger und einfacher werden. Die wichtigsten Fragen zu den neuen Bestimmungen im Überblick: 

Für welche Geräte gilt das EU-Datengesetz? 

Für welche nicht, wäre fast leichter zu beantworten. Denn laut EU-Verordnung gelten die Regeln für alle sogenannten vernetzten Geräte. Das klingt nach Internetverbindung, aber die ist gar nicht zwingend nötig. Die Regeln schließen ausdrücklich Geräte mit kabelgebundener Datenübertragung ein. 

Eine Kaffeemaschine, die etwa zu Reparaturzwecken per Kabel Daten übertragen könnte, fällt ebenso unter das EU-Datengesetz wie „smarte“ Geräte, die per drahtloser Verbindung oder App gesteuert werden. 

Um welche Daten geht es dabei? 

Auch diese Definition ist im Gesetz allgemein gehalten. Zu den betroffenen Daten gehört dort „jede digitale Darstellung von Handlungen, Tatsachen oder Informationen„. Das können auch Videos, Bilder oder Tonaufnahmen sein, die ein Gerät gemacht hat. Entscheidend ist also eher, ob das betroffene Gerät Daten über seine Nutzung, Leistung oder Umwelt generiert oder sammelt – und weniger, wie es das tut. 

Die Liste betroffener Branchen und Gesellschaftsbereiche ist also umfassend: Handys, Smartwatches, moderne Küchengeräte, Klimaanlagen, E-Bikes oder Autos sind ebenso betroffen wie industrielle Maschinen oder Flugzeuge. 

Muss das Gerät neu sein? 

Nein, das Recht auf die generierten Daten besteht auch bei bereits erworbenen Geräten, die weiter genutzt werden. Übrigens: Wer seinen Fitness-Tracker oder seinen Fernseher weiterverkauft, muss neuen Besitzer:innen erklären, wie man an die Daten des Geräts kommt. Denn das EU-Datengesetz unterscheidet nicht zwischen Erstbesitz und Secondhand.

Ab September 2026 sieht das EU-Datengesetz zusätzlich vor, dass Hersteller ihre neuen Produkte mit einfachen Schnittstellen für den Datenzugang ihrer Nutzer:innen auf den Markt bringen – die neuen Rechte ihrer Kund:innen also bei der Entwicklung bereits mitdenken. 

Was soll das EU-Datengesetz den Nutzer:innen bringen? 

Oft haben sich Hersteller bisher Nutzungsrechte an allen anfallenden Daten selbst eingeräumt. Nun sollen sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen mehr Kontrolle über die eigenen Daten bekommen. Sie sollen künftig auf Daten zugreifen, sie löschen oder auch an Dritte weitergeben können.

Besonders Letzteres ist mit der Hoffnung verbunden, dass Reparaturen oder andere Dienstleistungen für Nutzer:innen günstiger und einfacher werden. Beispielsweise könnten sich Autobesitzer:innen künftig dafür entscheiden, bestimmte Daten mit ihrer Versicherung zu teilen. In der Theorie könnte ein vorbildliches Fahrverhalten vielleicht zu einer geringeren Versicherungsprämie führen.

Laut der europäischen Verbraucherschutzorganisation Beuc gibt es aber zu viele Ausnahmeregelungen, die diese Möglichkeiten in der Praxis erschweren. Beuc-Geschäftsführer Agustín Reyna bezeichnete das Gesetz daher als eine „verpasste Chance„. 

Wie sollen Nutzer:innen an die Daten kommen? 

Hier gibt die EU-Verordnung den Anbietern zwei Möglichkeiten: Direkter oder indirekter Zugang. Wo möglich, sollen Nutzer:innen ohne weiteres selbst auf die Daten zugreifen können. Wie das geht, darüber müssen die Anbieter und Hersteller bei Erwerb des Produkts informieren. 

Sollte ein direkter Zugang nicht möglich oder vom Hersteller nicht erwünscht sein, so soll der Verordnung nach eine einfache Anfrage, etwa auf einem entsprechenden Webportal, reichen. Ohne große Hürden soll dann eine Antwort mit den entsprechenden Daten folgen. 

Was erhofft sich die EU durch das Datengesetz noch? 

Durch den freizügigeren Datenhandel sollen nach den Plänen der EU neue Geschäftsfelder entstehen oder bestehende wachsen. Die Datenschöpfung soll also mehr zur Wertschöpfung beitragen. 

Außerdem sollen Behörden in Ausnahmefällen wie bei Waldbränden oder Hochwasserkatastrophen auf Daten zugreifen können, die in Besitz der Privatwirtschaft sind.

Große Cloud-Anbieter wie Amazon Web Services, Microsoft oder Google werden nun dazu verpflichtet, illegalen Zugriff auf Daten zu verhindern und einen leichteren Anbieterwechsel zu ermöglichen.

Was sagen die Unternehmen zum EU-Datengesetz?

Kritik gibt es etwa vom Digitalverband Bitkom und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). In Deutschland herrsche wegen der EU-Verordnung noch viel Unsicherheit. Der Gesetzgeber habe es in der 20-monatigen Übergangsfrist nicht geschafft, die EU-Verordnung in deutsches Recht zu überführen, beklagten beide Verbände. Dadurch fehle es an klaren Ansprechpartner:innen bei den Behörden. 

Eine funktionierende Datenwirtschaft sei zentral für erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle, fügte BDI-Co-Geschäftsführerin Iris Plöger hinzu. „Der EU-Gesetzgeber greift jedoch übermäßig in die Vertragsautonomie der Industrie ein“, so Plöger. Positiv bewertete Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst mögliche Chancen durch die EU-Verordnung. Das Gesetz könne datengetriebene Geschäftsmodelle voranbringen.

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