Steigende Temperaturen, Wasserknappheit, Brände sind bekannte Folgen des Klimawandels. Forscher:innen warnen nun vor einer Zunahme an Infektionskrankheiten durch den Klimawandel.
Die steigenden Temperaturen durch den Klimawandel können den Anstieg von Infektionskrankheiten in Deutschland befördern. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler:innen unter Federführung des Robert-Koch-Instituts (RKI), wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet.
Im Journal of Health Monitoring veröffentlichten die Forscher:innen in vier Artikeln ihre Ergebnisse, wie sich die Erderwärmung in Deutschland auf Infektionskrankheiten auswirken könnte. Das Ergebnis: Steigende Temperaturen begünstigen die Ausbreitung von FSME und Lyme-Borreliose. Auch weitere Krankheitserreger können dadurch vermehrt auftreten, die sich unter anderem durch Lebensmittel übertragen.
Zecken: FSME wird durch den Klimawandel begünstigt
Bereits jetzt ist fast ganz Bayern ein Risikogebiet für die von Zecken übertragene Krankheit FSME, wie die Karte des RKI zeigt. Lediglich Schweinfurt und Augsburg sind noch keine Risikogebiete. Ähnlich sieht es in Baden-Württemberg aus – hier ist lediglich Heilbronn noch kein Risikogebiet.
Doch durch den Klimawandel kann sich das ändern. Denn: In milden Wintern überleben mehr Zeckenlarven. Da die Temperaturen schon früher im Jahr frühlingshaft werden, sind sie auch eher aktiv. Bereits in den vergangenen Jahren haben sich die FSME-Risikogebiete immer weiter nach Norden ausgeweitet.
Gefahr durch Stechmücken steigt
Auf Stechmücken können die steigenden Temperaturen vielfältige Auswirkungen haben. So können beispielsweise heimische Mückenarten Infektionskrankheiten übertragen, auch wenn sie bisher nicht als Überträger bekannt waren. Auch könnten sich Überträger-Mückenarten aus wärmeren Klimazonen in Deutschland ansiedeln.
Durch höhere Temperaturen vermehren sich Mücken zudem schneller und haben länger Saison, außerdem stechen sie dadurch häufiger. Durch die steigenden Temperaturen vermehren sich auch die Viren schneller, die Stechmücken übertragen. All diese Faktoren erhöhen das Risiko, künftig öfter durch Mückenstiche krank zu werden.
Ein Beispiel ist das West-Nil-Virus, das sich seit 2018 in Deutschland ausbreitet. Bei einem Prozent der Infizierten kann es Lähmungen, epileptische Anfälle und mentale Veränderungen auslösen.
Das Chikungunyafieber könnte nach Deutschland gelangen
Das Chikungunyafieber gehört bisher noch nicht zu den heimischen Krankheiten – doch auch das könnte sich durch den Klimawandel ändern. Das Fieber kann grippeähnliche Erkrankungen auslösen. Bisher konnten in Deutschland keine einheimischen Übertragungen festgestellt werden. Laut den Wissenschaftler:innen kommt die Asiatische Tigermücke bereits in Deutschland vor und könnte den Erreger bei den hiesigen Temperaturen übertragen.
„Das heißt nicht, dass es sofort zu Übertragungen kommt, aber die Wahrscheinlichkeit dafür steigt“, zitiert die SZ Klaus Stark. Er ist Leiter des Fachgebiets Gastroenterologische Infektionen, Zoonosen und tropische Infektionen am RKI und Mitautor der Veröffentlichungen. Reisende aus tropischen Ländern könnten die Infektionskrankheiten nach Deutschland bringen, wenn sie sich im Ausland infizieren, erklärt Stark.
Achtung auch bei Lebensmitteln: Salmonellen vermehren sich bei Wärme
Auch durch Lebensmitteln können höhere Temperaturen Infektionen begünstigen – beispielsweise durch Salmonellen. Sie können schwerwiegende Durchfallerkrankungen verursachen. Üblicherweise werden sie über Geflügelfleisch oder nicht ausreichend erhitzte Eier übertragen.
Durch Wärme wird ihr Wachstum befördert. Außerdem essen Menschen bei gutem Wetter öfter draußen, beispielsweise bei Picknicks oder Grillfeiern. Hierbei werden die Lebensmittel oft nicht genügend gekühlt, bemerken die Forscher:innen um Jessica Dietrich vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Eine „besonders aufmerksame Küchenhygiene“ regen die Wissenschafler:innen deswegen an.
Auch Erreger im Wasser nehmen zu
Auch höhere Wassertemperaturen können die Anzahl an Erregern vermehren, wie beispielsweise Vibrionen. Sie leben in leicht salzigem Wasser, wie der Nord- und Ostsee. Sie gelangen über kleine Wunden in den menschlichen Körper. Insbesondere für vorerkrankte und immungeschwächte Menschen können sie eine tödliche Gefahr darstellen. Bei Wassertemperaturen über 20 Grad Celsius vermehren sie sich rasant.
Durch höhere Temperaturen des Haushaltswassers steigt auch die Wahrscheinlichkeit von Legionellen-Infektionen. Zudem kann der Klimawandel auch neue Erreger im Wasser und an Land begünstigen, wie das Team um Susann Dupke vom RKI schreibt.
Klimawandel kann Antibiotikaresistenzen befördern
In einem der Artikel schreibt das Forschungsteam um Annika Meinen vom RKI: „Der Klimawandel wird durch Temperaturerhöhungen, Veränderungen der Luftfeuchtigkeit und des Niederschlags wahrscheinlich zu einer Ausbreitung bakterieller Krankheitserreger, einem verstärkten Einsatz von Antibiotika und einer Zunahme von antimikrobiellen Resistenzen in Europa führen“.
Die optimale Wachstumstemperatur von Bakterien liegt bei 30 Grad Celsius und höher. Je öfter diese Temperaturen erreicht werden, desto stärker vermehren sich die Bakterien. Das führt zu einer höheren Vergabe von Antibiotika und das wiederum kann zu Resistenzen gegen das Medikament in der Bevölkerung führen. Mit den steigenden Temperaturen steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Bakterien Mutationen bilden und dadurch resistent gegen Antibiotika werden.
Empfehlungen der Expert:innen
Es gibt Maßnahmen, die das Klima, die Gesundheit und die Artenvielfalt schützen, erklärt Katharina Wabnitz. Sie ist Wissenschaftlerin in der Denkfabrik Centre for Planetary Health Policy (CPHP) in Berlin. Ein Beispiel sei die Umstellung auf eine hauptsächlich pflanzenbasierte Ernährung und eine Reduzierung industrieller Tierhaltung.
Auch müssten sich Menschen besser gegen Mücken oder Zecken schützen. „Das Wissen ist da. Nun geht es darum, es schnell in effektive und langfristig ausgelegte Maßnahmen, insbesondere auf der kommunalen Ebene, zu übersetzen“, sagt Wabnitz.
Die beste Maßnahme: Den Klimawandel einzudämmen
Auch müssten die Erreger besser überwacht werden, um schneller reagieren zu können, sagt Marina Treskova, Post-Doc am Climate-Sensitive Infectious Diseases lab (CSIDlab) der Universität Heidelberg.
Die beste Maßnahme gegen die Ausbreitung der Infektionskrankheiten bleibe, gegen die Ursachen des Klimawandels vorzugehen. „Die Eindämmung des Klimawandels bringt enorme Vorteile für die Gesundheit mit sich“, so Treskova. „Das rettet Leben„, ergänzt sie.
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