Das kleine Land Nicaragua im Zentrum Mittelamerikas ist vom Klimawandel bereits stark getroffen. Doch im Nordwesten des Landes sprießt aufgrund einer Aufforstungsinitiative so etwas wie Hoffnung. Mit Hilfe von Bäumen versuchen die Menschen dort der Klimakrise die Stirn zu bieten.
Wer in Nicaragua ein Stück Land besitzt, kann sich glücklich schätzen. Meist sind es kleine, sehr überschaubare Flächen – nur wenige Hektar groß. Auf diesen Flächen bauen die Menschen an, was sie zum Überleben benötigen. Das sind vorwiegend Mais, Kartoffeln, Bohnen und Reis. Das Bearbeiten der Ländereien folgt einem Rhythmus: Um Gemüse anbauen zu können, werden zunächst brachliegende Flächen in der Umgebung gerodet. Diese Flächen sind für ein paar Jahre nutzbar, bevor sie schließlich ausgezehrt sind und nur noch als Viehweiden taugen. Irgendwann funktioniert aber auch das nicht mehr und die Felder liegen brach. Bis sie erneut unter hohem Aufwand gerodet werden.
Das hört sich nicht nur mühsam an – es ist auch ein sehr kräftezehrendes Leben. Das war aber jahrzehntelang die einzige Möglichkeit für die Menschen vor Ort. Und die Klimakrise macht es inzwischen noch schwerer. Sie setzt dem zentralamerikanischen Land und den Menschen auf unbarmherzige Weise zu: Immer häufiger hinterlassen schwere Dürren ihre Spuren, und viele Brunnen führen nur noch unregelmäßig Wasser. Die Felder werfen immer weniger Ertrag ab und in Regenzeiten kommt es immer häufigen zu dramatischen Erdrutschen und Überschwemmungen. Das schädigt Böden und Ernte zusätzlich.
Aufforstungen als Teil der Lösung
Wegen der erschwerten Bedingungen zieht es viele ins Ausland. Der Klimawandel ist neben der komplizierten politischen Lage im Land einer der Hauptgründe dafür, dass die Menschen inzwischen auswandern und außerhalb ihrer Heimat nach Arbeit suchen.
Dass es dem Land durch das Pflanzen von Bäumen einmal besser gehen könnte, war vor wenigen Jahren noch undenkbar. Denn jahrzehntelang sind die tropischen Wälder niedergewalzt worden, um großflächig profitable Agrarprodukte wie Baumwolle anzubauen und zu exportieren. Aber inzwischen vollzog sich in einigen Regionen ein Bewusstseinswandel und Aufforstung ist zu einer neuen Realität geworden.
Immer mehr Kleinbauern und -bäuerinnen sind dazu übergegangen, einen Teil ihres Landes aufzuforsten. Auf den Flächen entstehen durch das Pflanzen einheimischer Baumarten vitale Mischwaldflächen. Mit vielen Vorteilen:
- Das sich üppig entwickelnde Blätterdach der Wälder schützt die Böden bei starken Regenfällen vor Erosion und vor zu starker Austrocknung bei Sonnenschein.
- Durch die Speicherung von Nährstoffen tragen die Bäume dazu bei, dass die Böden wieder fruchtbarer werden.
Einzelne Farmer:innen erzählen, dass ihre Brunnen im Lauf der Zeit wieder häufiger ganzjährig Wasser führen.
Unterstützung aus Deutschland
Angestoßen wurde dieser Wandel durch die Initiative mehrerer Nichtregierungsorganisationen – darunter auch der deutsche Verein PRIMAKLIMA. Die Klimaschützer:innen waren zu der Überzeugung gelangt, dass Bäume einer der wichtigsten Schlüssel im Kampf gegen die Klimakrise sind. Denn sie nehmen Kohlenstoff auf und entziehen der Atmosphäre damit CO2.
Da in den Tropen Bäume besonders schnell wachsen und viele Farmer:innen dort über ungenutzte, brachliegende Flächen verfügen, boten sich die Aufforstungen genau dort an. Von Anfang an war es jedoch besonders wichtig, die Menschen vor Ort mit einzubeziehen.
“Klimaschutz kann nur gelingen, wenn diejenigen, die zusätzliche Wälder auf ihren ehemaligen Ackerflächen schaffen und pflegen, einen Nutzen daraus ziehen können.” (Dr. forest. Henriette Lachenit, Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin von PRIMAKLIMA)
Behutsamer Umgang mit den Bäumen
Anfangs waren noch viele Farmer:innen in der Region skeptisch. Nur eine Handvoll war davon zu überzeugen, dass Bäume pflanzen eine gute Idee ist. Dafür braucht es schließlich einen sehr langen Atem.
Mit Hilfe von Spenden konnten die kleinbäuerlichen Familien jedoch bereits für das Pflanzen der Bäume entlohnt werden, und ganz allmählich sprach sich herum: Die Aufforstungen nutzen nicht nur dem Klima, sondern verbessern auch die eigenen Lebensbedingungen vor Ort. So ergibt sich für diejenigen, die aufforsten, eine weitere Einkommensmöglichkeit: Sie können ihren Flächen einzelne Bäume behutsam entnehmen und unter anderem für die Herstellung von hochwertigen Holzprodukten nutzen. Dem Prinzip einer nachhaltigen Forstwirtschaft folgend wachsen an der Stelle, an der die Bäume entnommen wurden, dann wiederum junge Bäume nach.
Über 1.300 Familien forsten inzwischen auf diese Art und Weise in den Departamentos Boaco und Estelí Teile ihrer Ländereien auf. Die Idee ist durch Mund-zu-Mund-Propaganda gewachsen: Inzwischen ist daraus die größte Wiederaufforstungsinitiative Nicaraguas entstanden. Allein im vergangenen Jahr konnten 2.000 Hektar Landfläche aufgeforstet werden. Seit Beginn des Projekts im Jahr 2010 wurden bereits zehn Millionen Bäume gepflanzt.
Die Menschen sind stolz auf das, was sie geschaffen haben. „Man verliebt sich in diese Arbeit“, sagt Marvin Concepcion Flores Morales, einer der Bauern, der zweieinhalb Hektar seines Landes mit Bäumen bepflanzt hat und jetzt weitere Flächen aufforstet.
Mit Pflanzenkohle in die Zukunft
Um der Klimakrise zukünftig noch besser begegnen zu können, setzen einige Kleinbauern und -bäuerinnen nun zusätzlich auf Pflanzenkohle. Die Kohle entsteht durch einen Prozess, der als Pyrolyse bezeichnet wird. Dabei werden Reste wie Holzspäne, Laub oder abgestorbene Pflanzen mit wenig Sauerstoff bei hohen Temperaturen erhitzt. Die dadurch entstandene Pflanzenkohle ist ein hochwirksames Mittel zur Bodenverbesserung – dank der porösen Struktur der Kohle können Wasser und Nährstoffe gespeichert werden. Die Bäume können so kräftiger wachsen, die Ernteerträge erhöhen sich und gleichzeitig wird noch mehr Kohlenstoff eingebunden.
Auch die Entwicklung dieses Projekts hat PRIMAKLIMA von Anfang an begleitet – und unter anderem den Bau eines nachhaltigen Pflanzenkohle-Reaktors mitfinanziert. In Zukunft soll so das natürliche Mittel noch mehr Farmer:innen zur Verfügung gestellt werden. Denn die ersten Ergebnisse sind sehr vielversprechend.
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