Ein Jahr Corona hat viele von uns runtergezogen. Ob privat, in der Familie, im Job oder mit sich selbst: So viel Anlass, in Lethargie zu fallen, gab es wohl noch nie – auf der ganzen Welt. Und wir haben gelernt, damit umzugehen und immer mehr Menschen wagen sich langsam zurück zur neuen Normalität. Ob die Welt so bleibt oder nicht: Wir müssen unser Selbstvertrauen wieder aufbauen. Für uns und für die Welt. Vor allem während der Corona-Pandemie ist Selbstvertrauen eine wichtige Eigenschaft. Sie hilft uns dabei, neue Wege zu gehen, wenn die alten plötzlich verstellt sind und uns an ungewohnte Umstände anzupassen. Doch auch jenseits der Pandemie ist Selbstvertrauen wichtig. Es kann der Motor für unseren Wachstum sein. Wir haben acht hilfreiche Tipps, um Selbstvertrauen aufzubauen.
Zwischen Lähmung und Wachstum
Wissenschaftlich betrachtet hilft uns hier ein Blick auf zwei mit dem Selbstvertrauen verwandte Konzepte: Das Konzept der erlernten Hilflosigkeit des Psychologen Martin Seligman ist dabei der Gegenpol zu Albert Banduras Konzept der Selbstwirksamkeit. Bei der erlernten Hilflosigkeit schauen sich Menschen bei anderen ab, dass ihre Handlungen keinen Effekt haben. Das kann beispielsweise bei Kindern passieren, deren Eltern keine Arbeit finden oder bei Menschen, denen andere alles abnehmen wollen. Irgendwann verlieren diese Menschen das Gefühl, dass sie ihr Schicksal selbst in der Hand haben. Sie glauben nicht, dass sie der:die Autor:in ihrer eigenen Geschichte sind. Entsprechend ergreifen sie selten die Initiative, stecken sich wenig ambitionierte Ziele und neigen stark zu Depressionen. Die Selbstwirksamkeit auf der anderen Seite ist die Fähigkeit, sich selbst als Verursacher:in zu erleben. Wer selbstwirksam ist, weiß, dass die eigenen Handlungen Folgen haben. Wenn jemand etwas vermasselt, kann er oder sie sich dafür entschuldigen. Und wenn er oder sie etwas sehr gut machen, nährt sich damit das Selbstvertrauen. Nur wer sich selbst als Akteur:in erlebt, kann auch Vertrauen in sich selbst haben. Deshalb sind beide Konzepte eng miteinander verbunden.
Selbstbewusst in die Zukunft
Das Wort Selbstbewusstsein lebt in unserer Alltagssprache. Wir finden narzisstische Menschen zu selbstbewusst und wünschen uns selbst gelegentlich mehr Selbstbewusstsein. Dabei handelt es sich bei Selbstbewusstsein genau genommen um eine spezielle Form der Selbsterkenntnis, bei der wir uns als Mensch besser verstehen und uns so quasi unserer selbst bewusst werden. Philosoph:innen und Psycholog:innen sprechen dabei allerdings lieber von Selbstvertrauen oder Selbstachtung. Diese Konzepte sind allesamt die Überzeugung eines Menschen, dass er etwas bestimmtes kann oder zumindest lernen kann. Dieses Selbstwertgefühl – oder eben Selbstbewusstsein – ist die Summe dieser vielen kleinen Überzeugungen, dass wir etwas bestimmtes können oder bestimmte positive Charakterzüge oder Verhaltensweisen haben.
Mit Respekt für dich selbst mehr Selbstvertrauen aufbauen
Gelegentlich wird Selbstvertrauen auch mit Selbstrespekt gleichgesetzt. Darin ist impliziert, dass wir uns für unsere Persönlichkeit und unsere Fähigkeiten respektieren. Und das ganz ohne Einfluss von außen. Und hier kommt das Selbstbewusstsein ins Spiel: Denn wenn wir uns unserer selbst und unserer Fähigkeiten bewusst sind, dann kennen wir auch unsere Grenzen. Bei der Angeberei dagegen fehlt diese gesunde Grenze. Zudem sind viele Menschen mit narzisstischen Charakterakzenten häufig gar nicht selbstsicher oder selbstbewusst. Meist sind sie sehr unzufrieden mit sich selbst und versuchen sich durch das Abwerten ihrer Mitmenschen selbst aufzuwerten. Wer also allzu arrogant rüber kommt, ruht oft gar nicht so sehr in sich, wie er oder sie es uns glauben machen möchte. Sich und andere zu respektieren, erfordert folglich ein gewisses Maß an Selbstvertrauen.
Praktische Tipps zum Selbstvertrauen aufbauen
In der Theorie klingt das alles logisch, aber wie bringen wir das in unseren Alltag? Dazu gibt es acht praktische und gesunde Tipps.
1. Selbstbewusstsein aufbauen mit positiven Affirmationen
Es mag etwas bizarr klingen, dich morgens vor den Spiegel zu stellen, dir tief in die Augen zu schauen und dir ein fettes Kompliment zu machen. Ohne Grund. Dir selbst. Doch wenn du genauer drüber nachdenkst: Warum eigentlich nicht? Anderen machst du ja auch ab und zu ein Kompliment. Warum solltest du dann nicht auch dir selbst was Nettes sagen? Das ist die Idee von positiven Affirmationen: Du sagst dir etwas, was du dir für dich wünscht und was du gerne sein möchtest, etwa: „Ich gebe jeden Tag mein Bestes“ oder „Ich bin dankbar für alles, was ich bin und habe“. Durch einen solchen Satz hilfst du deinem Gehirn dabei, negative Glaubenssätze loszulassen und schaffst einen neuen neuronalen Pfad für den schönen neuen Gedanken. Dass diese neuen Pfade entstehen, deuten sogar MRI-Studien an, bei denen Bilder von den Hirnaktivitäten der Versuchsteilnehmenden gemacht wurden. Durch regelmäßige Affirmation können wir unsere Stimmung dauerhaft verbessern.
2. Vergleiche dich weniger mit anderen
Schon der Philosoph Sören Kierkegaard wusste, dass der Vergleich das Ende des Glücks und der Anfang des Unglücks ist. Deshalb tut es uns nachweislich nicht gut, uns mit anderen zu vergleichen – vor allem nicht mit den Menschen auf Social Media. So zeigt auch eine Studie, dass unglückliche Teilnehmer:innen sich selbstbewusster fühlten, nachdem sie erfuhren, dass sie zwar schlecht abgeschnitten hatten, die anderen aus der Probandengruppe aber noch schlechter waren. Also sie dagegen hörten, dass sie schlecht waren, die anderen aber besser waren, wurden die Unglücklichen noch trauriger. Die glücklichen Teilnehmer:innen zeigten im Vergleich zu anderen unterdessen nun etwas mehr Selbstvertrauen. Studien wie diese zeigen nicht nur, dass ein Vergleich unser Selbstvertrauen verringern kann, sondern auch, dass glückliche und unglückliche Menschen unterschiedlich auf einen Vergleich reagieren. Deshalb sollte unser Selbstvertrauen nur auf uns selbst und nicht auf dem Vergleich beruhen.
3. Durch Selbstbewusstsein mehr Selbstvertrauen aufbauen
Die Wörter Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein dürfen wir durchaus wörtlich nehmen. Denn wenn du dir deiner Stärken und Schwächen bewusst bist, dann weißt du auch, wann du andere um Hilfe bitten solltest und was du locker allein hinbekommst. Schon in den 1990ern nahmen Psycholog:innen an, dass unser Selbstvertrauen mit einem klaren Selbstbild verbunden ist. Je näher unsere Meinung über uns selbst an der Realität ist, desto wohler fühlen wir uns mit uns selbst. Deine eigenen Stärken kannst du mit gezielten Fragen oder Online-Fragebögen herausfinden. Wenn du magst, nimm dir etwas Zeit und schreib all die Dinge auf, die du gut kannst und für die dich andere schätzen.
4. Nimm Komplimente an und lerne deine Stärken kennen
Ein Weg, um deine Stärken herauszufinden, ist es, anderen zuzuhören – vor allem, wenn sie dir ein Kompliment machen. Allerdings haben viele Menschen den Reflex, Komplimente wegdiskutieren zu wollen. Falls das bei dir auch so sein sollte, versuch doch mal etwas neues: Nimm das Kompliment einfach an, bedanke dich dafür und freu dich darüber. Schau gerne auch mal in unserem Artikel vorbei, der dir die Bedeutung von Komplimenten nochmal genauer erklärt. Lies dazu auch: Komplimente machen – Warum wir uns mehr wertschätzen sollten
5. Mit Sport Selbstvertrauen aufbauen
Sport ist gut für unsere Gesundheit, hilft unserem Herz-Kreislaufsystem und reduziert Stress. Ein anderer wichtiger Aspekt wird dabei aber oft übersehen: Sportliche Fortschritte und Erfolge geben dir das gute Gefühl, dass du an dir arbeiten und erfolgreich sein kannst. Das streichelt das Selbstvertrauen. Das zeigt auch eine Umfrage eines Sportartikel-Herstellers. Er befragte 10.000 Frauen aus neun verschiedenen Ländern und 77 Prozent gaben an, dass der Sport ihr Selbstvertrauen stärke. Außerdem gaben sie an, dass sie sich dadurch erfolgreich fühlten, mehr Selbstachtung und ein besseres Selbstbild hätten als ohne ihren Sport. Auch das Sozialleben der befragten Frauen erlebte durch den Sport Aufwind, denn oft lernten sie dadurch Gleichgesinnte kennen. Den Selbstwert-Muskel trainierst du also besonders gut, wenn du dich als kraftvoll, ausdauernd und beweglich erlebst und dich fit, gesund und aktiv fühlst. Vor allem jetzt im Sommer eignet sich Wandern an der frischen Luft und in der Natur besonders gut.
6. Selbstvertrauen aufbauen durch Entspannung
Ein entspannter Geist kann sich selbst besser wahrnehmen. Wenn du dir ab und zu die Muße gönnst, deine Erfolge zu feiern, wirst du mit dir zufriedener sein. Doch auch aktive Achtsamkeitsübungen können dir beim Aufbauen von Selbstvertrauen helfen. Nur wenige Minuten der inneren Einkehr reichen, damit du die Außenwelt loslassen und dich wieder mehr auf dich besinnen kannst. Versuche dich doch mal mit dem Body Scan, einer nur halbstündigen Übung, mit der du lernst, deinen Körper achtsam wahrzunehmen. Oder nutze die systematischen Entspannungskurse der TK. Kennst du den Spruch: „In der Ruhe liegt die Kraft“? Das gilt auch bei Selbstvertrauen: Statt negative Kommentare einfach anzunehmen oder Ereignisse zu deinen Ungunsten zu interpretieren, kannst du achtsam sein und darüber nachdenken. Du musst Kritik nicht aufsaugen wie ein Schwamm. Selbstvertrauen gedeiht am besten, wenn du die einströmenden Reize sortierst und schaust, was dir hilft und was du nicht brauchst.
7. Selbstbewusst im Team
Viele arbeiten bereits in Teams, andere arbeiten allein. Aber auch wenn du vorwiegend allein arbeitest, musst du nicht auf die Vorteile eines Teams verzichten. Du kannst dich beispielsweise regelmäßig mit einer gleichgesinnten Freundin treffen. Gemeinsam nehmt ihr euch Zeit, eure Fortschritte zu besprechen und euch gegenseitig auf eurem Weg zu bestärken. Außerdem hat ein Team, egal wie groß oder klein es ist, den Vorteil, dass du etwas realistischer auf dich schauen kannst: Andere Menschen machen ebenfalls Fehler, sind auch mal unsicher und haben ebenso nicht immer die passende Antwort parat. Und wenn du mal einen schlechten Tag hast, können dich die Teammitglieder wieder aufbauen. Schließlich kennen diese dich gut und können dich mit Leichtigkeit an deine Stärken erinnern.
8. Setze dich mit deinen Gefühlen auseinander
Kein Gefühl ist endgültig. Wenn du mal mit dir unzufrieden bist, kannst du dir bewusst machen, dass das nur eine Momentaufnahme ist und du in anderen Dingen richtig gut bist. Dein Wert als Mensch hängt nicht allein von deinen Leistungen ab. Denn zu Selbstvertrauen gehört es auch, dass du dich realistisch einordnen kannst: Du musst nicht immer alles können. Selbstvertrauen gibt dir ein angenehmes Gefühl, mental stabil zu sein. Deine Gefühle sind zudem kein Zufall – sie sind gesteuert von körpereigenen Botenstoffen wie Dopamin und Serotonin. Und auf diese können wir sogar bewusst Einfluss nehmen. Auf dem Weg zurück zur Normalität kannst du das Vertrauen in dich selbst stärken. Wenn wir uns besser kennen, gehen wir nicht so hart mit uns selbst ins Gericht. Und wenn wir uns nicht ständig selbst anzweifeln, machen wir das auch nicht mit anderen. Wir bauen mehr Vertrauen und Verständnis für uns und für andere auf. Das macht am Ende alle ein bisschen glücklicher und damit die Welt erneut ein Stückchen besser. Mehr über die #weltverbesserer erfahren Mehr #weltverbessern:
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