Eine Wärmepumpe macht vereinfacht gesagt aus einer kWh Strom vier kWh Wärmeenergie. Trotzdem wird häufig gegen sie argumentiert – zu Unrecht, findet Wärmepumpen-Experte Tobias Wimmer, der seit Jahren mit handwerklicher Leidenschaft zeigt, was Wärmepumpen wirklich leisten können.
In zwei von drei im Jahr 2023 fertiggestellten Ein- und Zweifamilienhäusern wurde eine Wärmepumpe zur primären Heizenergie genutzt. Und auch bei der Sanierung von Einfamilienhäusern wird bis 2025 voraussichtlich jede vierte Heizung eine Wärmepumpe sein.
Die Akzeptanz der Wärmepumpe ist hoch, einfach wegen der Möglichkeit, auf diese Weise klimafreundlich zu modernisieren. Warum das so ist und worauf ihr achten müsst, erklärt uns Tobias Wimmer, Geschäftsführer von Wärme Wimmer GmbH & Co. KG aus Gröbenzell und Kompetenzpartner von Vaillant Deutschland.
Gemeinsam mit Vaillant hat Tobias Wimmer bei der Wärmepumpen-Challenge „Geht nicht? Geht doch!“ gezeigt, dass Wärmepumpe im Altbau mit Heizkörpern funktioniert, ja mehr noch, dass sich der Energieverbrauch mehr als halbieren lässt.
“Über 70 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland sind für Wärmepumpen geeignet“
Guten Tag, Herr Wimmer. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben. Lassen Sie uns gleich beginnen. Kann eine Wärmepumpe auch in einem Altbau effektiv betrieben werden?
Tobias Wimmer: Was für eine Frage – ja klar: eine Wärmepumpe kann in jedem Altbau betrieben werden. Und falls es von der Wärmeleistung einmal nicht ausreichen sollte, dann kann auch eine Hybridanlage – also eine Kombination aus Wärmepumpe und einer zweiten Wärmequelle – zu einer deutlichen Verbrauchs- und CO2-Reduzierung führen.
Gilt das auch für Altbau mit herkömmlichen Heizkörpern und mit Einrohrtechnik?
Tobias Wimmer: Ja definitiv. Das gilt sowohl für Einrohr- als auch für Zweirohranlagen. Wichtig bei Einrohranlagen ist jedoch, dass diese nochmals genauer bei der Ausführungsplanung berücksichtigt werden.
Hier sollte finanziell eine Abwägung getroffen werden, ob möglicherweise der teilweise oder komplette Umbau auf Zweirohrtechnik sinnvoll ist. Gerade im Bereich der Altbauten hat die Wärmepumpe in meinen Augen ein riesiges Potential, die Betriebskosten und den CO2-Fußabdruck zu senken.
Welche finanziellen Anreize gibt es derzeit für Hausbesitzer, die über den Einbau einer Wärmepumpe nachdenken?
Tobias Wimmer: Neben der BEG-Förderung, die bis zu 70% der förderfähigen Kosten erstattet, ist wohl die kommende Preissteigerung bei den fossilen Energieträgern der größte Anreiz für die Wärmepumpe. Schon jetzt ist die Wärmepumpentechnik im Altbau bei den laufenden Kosten günstiger als die fossilen Energieträger. Die CO2-Steuer wird in den kommenden Jahren für einen noch größeren finanziellen Anreiz sorgen, auf Wärmepumpen umzusteigen.
Die BEG-Förderung erstattet bis zu 70 % der förderfähigen Kosten – informiere dich hierWie sieht es mit der Zukunftssicherheit von Wärmepumpen aus? Eignen sie sich auch im Hinblick auf neue gesetzliche Regelungen und auf künftige Preisentwicklungen?
Tobias Wimmer: Selbst wenn in der jeweiligen Kommune noch keine ausgereifte langfristige Wärmeplanung existiert, hat man mit der Wärmepumpe bereits heute ein zukunftssicheres Heizsystem.
Die bestehende Rechtssicherheit beim Einbau einer Wärmepumpe ist aber nur die eine Sache. Eine andere ist die Unabhängigkeit von Energieversorgern, und die spielt bei unseren Kunden eine große Rolle. Wer sich an ein Fernwärmenetz anschließen lässt, ist die nächsten Jahre vertraglich an den Betreiber des Netzes gebunden. Der Wechsel zu einem anderen Netzbetreiber ist technisch nur selten möglich.
Bei einer Wärmepumpe sieht das anders aus. Von welchem Versorger Sie in der Zukunft den Strom beziehen, können Sie selbst entscheiden. Und wer eine Photovoltaikanlage auf seinem Dach hat, der kann einen großen Teil der Energie selbst produzieren und verbrauchen.
Wenn man bedenkt, dass ca. 73% des Energieverbrauchs im Bestandsgebäude auf die Heizung entfallen, bin ich überzeugt davon, dass die Wärmepumpentechnik hier die sicherste und verlässlichste Investition für die Zukunft ist – bei größtmöglicher Unabhängigkeit.
Es gibt einige weit verbreitete Vorurteile gegen Wärmepumpen. Beispielsweise wird oft behauptet, sie seien ineffiziente Stromfresser. Was sagen Sie dazu?
Tobias Wimmer: Leider traut der „neuen“ Wärmepumpentechnik noch nicht jeder. Dabei verbauen wir sehr erfolgreich Wärmepumpen schon seit 2004.Daher freue ich mich immer sehr, wenn ich die Möglichkeit habe, hier etwas „Aufklärung“ zu betreiben. Damit die Wärmepumpe später im Betrieb sparsam ist, müssen die Wärmeabgabeflächen – also z.B. die Heizkörper – einfach nur richtig dimensioniert sein. Mit der heute verfügbaren Kältemitteltechnik reichen hier 55 Grad Vorlauf an z.B. den Heizkörpern im Winter vollkommen aus.
Das Schöne an Bestandsgebäuden ist, dass diese in der Regel im Laufe der letzten Jahre energetisch verbessert wurden – zumindest teilweise. So wurde etwa bei vielen Bestandsgebäuden mal ein Fenster erneuert, mal ein Dach isoliert. Wenn man diese Gebäude dann technisch betrachtet, so ist in den meisten Fällen die maximal nötige Vorlauftemperatur von 55 Grad bereits gegeben. Und wenn es einmal nicht ausreicht, dann müssen eventuell ein oder zwei Heizkörper vergrößert werden.
Wenn dieser Grundansatz verfolgt wird, dann arbeitet die Wärmepumpe effizient und verbraucht sehr wenig Strom.
Können Sie das in Zahlen ausdrücken?
Tobias Wimmer: Eine Wärmepumpe schafft heute auch in der Sanierung eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von 3,5 bis 4,0 bei Heizkörpern. Das bedeutet im Klartext, dass eine Wärmepumpe bei einem Strompreis von z.B. 30 Cent / kWh und einer Jahresarbeitszahl von 4,0 einen Arbeitswert von 7,5 Cent je kWh hat. Hier wäre die Ölheizung im Unterhalt erst ab einem Einkaufspreis von unter 45 Cent je Liter Heizöl attraktiver als die Wärmepumpe.
Und das ist ja nur die Perspektive des Preises. Schaut man sich den CO2-Fußabdruck an, dann werden aus meiner Sicht die fossilen Energieträger, aber auch Holzheizungen oder sogar Fernwärmeheizungen, die nicht zu 100% regenerativ betrieben werden, der Wärmepumpe niemals das Wasser reichen können.
Infos zur Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) 2024Zurück zu den Vorurteilen: Einige beklagen die Lautstärke…
Tobias Wimmer: Wir stellen in der Praxis immer wieder fest, dass die Anlagen kaum oder nur sehr leise wahrzunehmen sind. Richtig berechnet, installiert und in Betrieb genommen ist eine Wärmepumpe heute nicht nur preiswerter, sondern auch leiser als alte Ölanlagen. Sehr häufig war das „Röhren“ des alten Ölbrenners über dem Kamin deutlich lauter als die neue Wärmepumpe.
Aber das Vorurteil existiert natürlich, und darauf reagieren wir auch. In unserem Unternehmen bieten wir interessierten Kunden immer auch die Möglichkeit, sich eine unserer zahlreichen Musteranlagen anzusehen – und vor allem auch anzuhören. Spätestens nach der Besichtigung einer Referenzanlage ist das Thema Lautstärke vom Tisch.
„Für den Kauf von Wärmepumpen vor allem regionale Fachpartner konsultieren“
Sie haben bereits über 100 Wärmepumpen installiert. Was sind Ihre Erfahrungen, was raten Sie Kunden?
Tobias Wimmer: Der interessierte Verbraucher sollte sich im Augenblick vor allem nicht verrückt machen lassen.
Mein Rat ist: Sprechen Sie mit einem regionalen Fachpartner. Sie sprechen dann mit einem Handwerksprofi, der schon in seinem eigenen Interesse immer versuchen wird, Ihnen die effizienteste Anlage mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis zu liefern – denn er wird die Anlage in den kommenden Jahren im Service begleiten.
Wer bei Preisportalen anfragt, hat es oft nicht mit einem Handwerksprofi, stattdessen aber mit einem Vertriebsmitarbeiter zu tun. Dessen größtes Interesse ist nicht selten der schnelle Vertragsabschluss.
Für alle Kunden die sich zum Thema Wärmepumpe nur vorab, unverbindlich und persönlich informieren wollen, bieten wir und auch andere Fachpartner regelmäßige persönliche Informationsveranstaltungen an. Sollten Sie keinen professionellen Fachpartner in Ihrer Gegend kennen, dann fragen Sie am besten direkt beim Hersteller an.
Zum Schluss die Frage: Wie lassen sich realistisch die Folgekosten ermitteln?
Tobias Wimmer: Grundsätzlich rate ich auch hier wieder, den regionalen Fachpartner zu konsultieren. Der kann im persönlichen Gespräch die Funktionen der Wärmepumpe erklären und die individuellen Kosten für Montage und Betrieb realistisch ermitteln.
Im Idealfall sollte der Kunde vorab abschätzen könne, ob er mit seinen Heizflächen und einer maximalen Vorlauftemperatur von 55 Grad durch den Winter kommt. Findige Hausbesitzer können so bei Ihrer bestehenden Anlage die maximale Vorlauftemperatur auf 55 Grad begrenzen und quasi den Betrieb einer Wärmepumpe simulieren.
Wer dann gemerkt hat, dass es funktioniert, der kann im nächsten Schritt unseren Wärmepumpencheck durchführen oder sich an den Handwerker seines oder ihres Vertrauens wenden. Bei dieser Berechnung wird genau überprüft, ob und mit welchen Energiekosten sich eine Wärmepumpe betreiben lässt.
Informiere dich über die aktuelle HeizungsförderungHintergrund: Schon zum 1. Januar war die neue Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) in Kraft getreten. Die Einzelmaßnahmen regeln die stattlichen Geldzuschüsse für Heizungstausch und Sanierung im Gebäudebestand. Jetzt startet die zweite Phase der Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM). Damit können auch Privatpersonen KfW-Fördermittel für neue Heizungen in weiteren Wohngebäuden beantragen, nämlich Eigentümer von Mehrfamilienhäusern mit zwei Wohneinheiten und mehr sowie Wohnungseigentümergemeinschaften, die ihre Zentralheizung erneuern möchten.
** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.War dieser Artikel interessant?